stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
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Musik Pop<br />
SONGWRITER<br />
Sarah Blasko<br />
Im Reich der Träume<br />
Fantasie ist weiblich? Der Musikmarkt liefert jeden<br />
Monat Belege für diese Annahme. Aktuell zum Beispiel<br />
im Angebot: Sarah Blasko. Die junge Australierin<br />
steht für ambitioniertes Songwriting, zeigt<br />
aber auch keine Scheu vor großen Popgesten, vor<br />
Dramatik, verpackt in orchestrale Arrangements.<br />
Die Tontechnik beugt einer Überladung vor und<br />
stellt Blaskos sehr variantenreiche, oftmals leicht<br />
angeraute Stimme in den Vordergrund; sie führt<br />
den Zuhörer zuverlässig durch die sehr komplex<br />
aufgebauten Stücke von „I Awake“. Erstaunlich klischeefrei<br />
ist diese Musik, nur die Melodien könnten<br />
ein wenig einprägsamer sein.<br />
Zurück nach Deutschland: Die Berlinerin Lea W.<br />
Frey liefert auf „How Soon Is Now“ (Traumton/<br />
Indigo, 48:01, als CD, Download) weiblich zärtliche,<br />
intime Interpretationen von meist männlichen<br />
Songwriter-Großtaten: „It Ain’t Me Babe“ (Bob<br />
Dylan), „Weeping Willow“ (Verve), „A Forest“<br />
(Cure) oder das Titelstück von The Smiths. Freys<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
KLANGTIPP<br />
I Awake<br />
Begleiter, die Brüder Peter (Gitarre) und Bernhard<br />
Meyer (Bass), knüpfen ihrem gekonnt schläfrigen<br />
Singsang einen Soundteppich aus modernem<br />
Lounge-Pop und Nu Jazz; ein räumliches Klangbild,<br />
trendig cool und warm zugleich, verstärkt die<br />
Wirkung der in feinen Pastellfarben gehaltenen<br />
Tongemälde noch.<br />
Geniestreich oder Scharlatanerie? Die Münchner<br />
Songwriterin Rosalie Eberle ist so spontan wie<br />
intelligent und hat unter dem Namen Rosalie und<br />
Wanda ein Album aufgenommen, das in keine<br />
Schublade passen will. Für „Meister Hora“ (36:19,<br />
Ahoi/Megaphon, als CD und Download) – nach<br />
einer Figur aus Michael Endes „Momo“ getauft –<br />
nahm sie mit Manfred Mildenberger (Klavier,<br />
Drums, Produktion) und Sascha Biebergeil (Gitarre)<br />
zehn liebenswert verspielte Songs auf, die klanglich<br />
druckvoll und transparent rüberkommen und<br />
in ihren Minimaltexten reizvolle Rätsel aufgeben.<br />
Musik zum Staunen, Genießen und Träumen. MI<br />
Dramatico / Rough Trade<br />
(46:49)<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
INDIE-POP<br />
Daughter<br />
If You Leave<br />
Nach Deptford Goth und Rhye ist das schon wieder<br />
eine Band, bei der man nicht umhinkommt,<br />
The xx als Referenz anzugeben. Auch hier zeichnen<br />
zwei Jungs und ein Mädchen für die karge<br />
Inszenierung verantwortlich. Zwischen sanft pulsierenden<br />
Beats bekommen einzelne Gitarrenspuren<br />
oder Elena Tonras Stimme viel Raum. Sie<br />
und Gitarrist Igor Haefeli haben an der Musikhochschule<br />
wohl gut aufgepasst. Der Sound wird<br />
im Lauf des Albums immer dichter, fast rockig,<br />
um dann wieder folkig schwerelos zu entschweben.<br />
Die Unschärfen im Klang passen gut zu den<br />
grobkörnigen, mit warmen Vintage-Filtern bearbeiteten<br />
Fotografien im Booklet.<br />
MS<br />
4AD – Beggars / Indigo<br />
(45:40)<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
ROCK<br />
Bon Jovi<br />
RETRO-ROCK<br />
The Sheepdogs<br />
ADULT PUNK<br />
Wire<br />
What About Now<br />
The Sheepdogs<br />
Change Becomes Us<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Wann bezeichnet man eine Rockband als gut?<br />
Wenn sie konsequent rockt – und große Balladen<br />
produziert. Aerosmith sind darin Meister – und<br />
Bon Jovi. Das Quartett aus New Jersey liefert hier<br />
drei melodische Schwergewichte: „I’m With You“,<br />
„Pictures Of You“ und „Thick As Thieves“.<br />
Ansons ten protzen Bon Jovi im fetten Stadion-<br />
Sound, der sich einwandfrei im Ohr einpegelt.<br />
Nichts Neues, sie rocken seit 30 <strong>Jahre</strong>n so. Und<br />
sie geben sich kämpferisch: „Ich bin ein Soldat“,<br />
singt Jon Bon Jovi in „Army Of One“ und rät:<br />
„Gib niemals auf!“ Kämpfer und Malocher sind<br />
sein Thema: „Die Welt der einfachen Menschen,<br />
das ist auch unsere Welt“, meint der Chef. WA<br />
Island / Universal<br />
(51:40)<br />
Sie waren 2011 die erste Band ohne Plattendeal<br />
auf dem Cover des Rolling Stone. Dies änderte<br />
sich danach natürlich sofort, und jetzt kann das<br />
kanadische Quartett seine urwüchsigen Rocksongs<br />
mit der Unterstützung des Musikriesen<br />
Warner in die Umlaufbahn schicken. Das ist gut<br />
so. Denn auf ihrem neuen selbstbetitelten Album<br />
schenken die Sheepdogs dem Blues- und Southern-<br />
Rock der Siebziger eine saftige Verjüngungskur.<br />
Stets in solide zurechtgehauenem Klang, tönt es<br />
mal nach Free, mal nach Lynyrd Skynyrd. Dabei<br />
halten die Kanadier nichts von ausufernden Soli,<br />
sie setzen auf klare Riffs sowie einprägsame Harmony<br />
Vocals. Und das ist auch gut so. MI<br />
Atlantic / Warner<br />
(44:12)<br />
Die Frage stellt sich nicht nur für Wire: Wie werde<br />
ich als Punkband würdevoll alt? Die seit fünf<br />
<strong>Jahre</strong>n als Trio agierende Combo, 1976 in London<br />
gegründet, greift bei „Change Becomes Us“<br />
auf einen cleveren Kunstgriff zurück und lässt einige<br />
ihrer Lieder von mehr als drei Jahrzehnte<br />
alten Song-Fragmenten aus starten – eine Art<br />
Eigenbluttherapie musikalischer Kreativität.<br />
Das Konzept geht auf: Das Album wirkt einerseits<br />
frisch, zuweilen sogar ein wenig lümmelhaft,<br />
zugleich aber nicht berufsjugendlich, sondern mit<br />
dem Augenzwinkern der Familienväter gespielt,<br />
die sich ihrer Vergangenheit mit gestalterischem<br />
Qualitätsanspruch bewusst sind.<br />
RD<br />
Pink Flag / Cargo<br />
(48:45)<br />
150 5/13 <strong>stereoplay</strong>.de