stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
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INDIE R&B, ELECTRONICA<br />
James Blake<br />
Overgrown<br />
FOLK-BLUES<br />
Back to the Roots<br />
Hans Theessink<br />
Wishing Well<br />
AUDIOPHILE DES MONATS<br />
Polydor / Universal<br />
(39:24)<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Es war fast schon unheimlich. Auf sein selbstbetiteltes<br />
Debütalbum konnten sich alle einigen.<br />
Die Sound-Experimente und gefühlvollen Piano-Balladen,<br />
die ätherischen Vocals und subsonischen<br />
Bass-Impulse: Blakes abstrakte Tracks trafen<br />
2011 den richtigen Nerv. Schnell avancierte<br />
der Londoner zum Posterboy des Post-Dubstep.<br />
Zwei <strong>Jahre</strong> später singt er noch immer voller Inbrunst<br />
und kreiert schöne, anrührend intime<br />
Tracks. Das ist alles nicht mehr neu, aber immer<br />
noch verdammt gut. Schon wieder ein Meisterstück,<br />
inklusive kurzem Rap-Intermezzo von RZA.<br />
Wer mal Fan von Massive Attack war, der wird<br />
diesen James Blake lieben.<br />
MS<br />
Der 1995 verstorbene irische Gitarrist Rory Gallag<br />
her, ein Meister des Country-Blues, spielte oft<br />
glorreiche akustische Sets. Hans Theessink ist in<br />
seine Fußstapfen gestiegen. Der 1958 im niederländischen<br />
Enschede geborene Gitarrist mit Wahlheimat<br />
Wien zählt schon seit langer Zeit zu den<br />
größten Bluesmusikern europäischer Prägung.<br />
Auf „Wishing Well“ widmet sich der Saitenpicker<br />
einem akustischen Abenteuer, das er nahezu im<br />
Alleingang bewältigte. In zwei Studios in Wien spielte<br />
er die wohl intimsten Aufnahmen seiner 40-jährigen<br />
Karriere ein; dazu gab es Sessions in Los Angeles<br />
und in Indien. „Live und direkt“ hieß das Motto –<br />
und tatsächlich nimmt man unmittelbar teil daran,<br />
wie Theessink mit Hingabe auf den Spuren seiner<br />
Vorbilder Brownie McGhee, Sonny Terry und Big<br />
Bill Broonzy wandelt. Respektvoll singt und zupft<br />
er gut abgehangenes Fremdmaterial und wertige<br />
eigene Stücke, die ins Portfolio passen. Töne und<br />
Riffs perlen und springen förmlich von den Saiten,<br />
warm und introspektiv legt sie der Künstler in das<br />
aufgeräumte, klare Klangbild, in dessen Zentrum<br />
Stimme und Instrument prosperieren. In dieser<br />
Atmosphäre, in der Nähe Trumpf ist, hört man jeden<br />
Anschlag auf akustischer Gitarre, Banjo und<br />
Mandoline – und jede Nuance der Baritonstimme<br />
des Holländers: mal spröde, mal empathisch, meist<br />
dezent leidenschaftlich.<br />
Theessink startet seinen Roots-Music-Trip mit dem<br />
eigenen „New Home Upon The Hill“, in dem er<br />
mitfühlend die Probleme globaler Erwärmung und<br />
KLANGTIPP<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
das Leiden der Flutopfer anreißt. „Wayfaring Stranger“<br />
ist ein Gospel, den er schon mit Johnny Cash<br />
backstage in Wien sang. Townes Van Zandts „Hellbound“<br />
interpretiert er mit großem Einfühlungsvermögen.<br />
Und Bob Dylans „Ballad Of Hollis<br />
Brown“ schwebt magisch im Ohr, nicht zuletzt dank<br />
der Melodienbögen, die Dave Pearlman von der<br />
Pedal Steel streichelt. Ein behutsames Meisterstück,<br />
direkt und packend aufgezeichnet.<br />
WA<br />
Blue Groove / in-akustik<br />
(59:25)<br />
ADULT ELECTROPOP<br />
FOLK<br />
SYNTHIE-POP<br />
Depeche Mode<br />
Delta Machine<br />
Milk Carton Kids<br />
The Ash & Clay<br />
OMD<br />
English Electric<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Es ist schon eine Kunst, Low und High Fidelity<br />
so stimmig zu kombinieren. Depeche Mode verweigern<br />
sich mit ihrem 13. Studioalbum „Delta<br />
Machine“ dem Automaten-Pop, für den sie seit<br />
ihren Anfängen stehen, und zehren zugleich von<br />
seinen Sounds. Vieles klingt synthetisch, manches<br />
mit 8-Bit-Ästhetik im Sinn, karg arrangiert, oder<br />
ein bisschen wie damals, als der Moog noch nicht<br />
mehr zuließ. Dann wieder blitzt der Blues auf,<br />
der die Musiker getrieben haben soll. Das ist keine<br />
„Music For The Masses“, sondern ein dunkler<br />
Trance-Cocktail für die Generation 40+, die<br />
in den Achtzigern mit Depeche Mode groß und<br />
seitdem mit ihnen älter geworden ist. RD<br />
Sony<br />
(58:16)<br />
Sie kommen von der Westcoast, aus L.A., haben<br />
aber den 50 <strong>Jahre</strong> alten Ostküsten-Folk(Pop) der<br />
frühen Simon & Garfunkel perfekt verinnerlicht.<br />
Noch eine modernere Prise Americana hinzugefügt<br />
– fertig ist die Musikmelange von Kenneth<br />
Pattengale und Joey Ryan, die es in der US- Heimat<br />
bereits zu Kultstatus gebracht haben. Drei Songs<br />
von „The Ash & Clay“ schmücken Gus Van Sants<br />
Film „Promised Land“. Schöne Schlichtheit, auch<br />
im Sound, triumphiert auf dem Album: virtuose<br />
Gitarrenlinien und elegante Harmony-Vocals,<br />
reißverschlussartig verzahnt mit dem Leadgesang.<br />
Nur an markanten Melodien fehlt es den Milk<br />
Carton Kids noch.<br />
MI<br />
Anti / Indigo<br />
(42:26)<br />
An der Frage, wie unsere Zukunft klingen könnte,<br />
arbeiten sich Künstler heute nicht mehr ab. Diese<br />
Aufgabe haben längst Marktforscher übernommen.<br />
Doch Andy McCluskey und Paul Humphreys<br />
fragen 2013 in einem sägenden Techno-<br />
Stomper: „What Does The Future Sound Like?“<br />
Verpackt ist die Utopie in ein lustig abwechslungsreiches<br />
Patchwork aus State-of-the-Art-Synthie-<br />
Sounds und 80er-<strong>Jahre</strong>-Melancholie. McCluskeys<br />
nach wie vor jungenhafte Stimme ruft in der<br />
melodischen Pop-Schwelgerei „Helen Of Troy“<br />
Erinnerungen an Hits wie „Maid Of Orleans“<br />
hervor. Voller, satter, klarer Klang, den man vor<br />
30 <strong>Jahre</strong>n so noch nicht hingekriegt hätte. MS<br />
BMG Rights / Rough Trade<br />
(43:03)<br />
Musik max. 10 Punkte, Klang max. 10 Punkte erhältlich auf CD erhältlich auf Vinyl erhältlich als Download<br />
5/13 <strong>stereoplay</strong>.de 149