stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
HiFi-Legenden<br />
Plattenspieler<br />
Sonnendeck<br />
Seit 40 <strong>Jahre</strong>n baut Linn den Sondek LP12. Die mittlere Ausbaustufe<br />
mit neuem Lingo-Netzteil bringt Musik warm und intensiv zum Leuchten<br />
und stellt fast die ganze Konkurrenz in den Schatten.<br />
Obwohl ich mit AUDIO<br />
eigentlich gut ausgelastet<br />
bin, konnte ich Holger Biermanns<br />
Bitte um ein Gastspiel<br />
nicht ausschlagen. Es passt alles<br />
zu gut zusammen: <strong>stereoplay</strong><br />
war 1995 meine erste Station<br />
als HiFi-Schreiber, und dass es<br />
überhaupt so weit kam, daran<br />
trägt wiederum Linn eine beträchtliche,<br />
wenn auch nur indirekte<br />
Mitschuld.<br />
Es ist nicht so, dass die<br />
Schotten mich aktiv überredet<br />
haben, mein Studium schleifen<br />
zu lassen und stattdessen immer<br />
tiefer in die HiFi-Welt einzusteigen.<br />
Das Motiv einer ganzseitigen<br />
Linn-Anzeige in – logisch<br />
– <strong>stereoplay</strong> reichte völlig<br />
aus. Da sah man den LP12 mit<br />
dem gerade neu erschienenen<br />
Tonarm Ekos in seiner ganzen<br />
Der Autor: Bernhard Rietschel<br />
Er hat lange nur analog<br />
gehört. Im Alter wird er<br />
milder und hört auch<br />
digital – per Streamer.<br />
bulligen Solidität, dramatisch<br />
von hinten über den Lagerblock<br />
fotografiert. Kein Text. Das Bild<br />
sollte für sich sprechen, und das<br />
tat es, nachhaltig. Ich gebe zu,<br />
ich habe die Anzeige damals<br />
aus dem Heft herausgetrennt<br />
und in meiner Studentenbude<br />
über den Schreibtisch gepinnt.<br />
Leisten konnte ich mir den<br />
LP12 nicht, nach einem Ferienjob<br />
rückte dann aber immerhin<br />
sein kleiner Bruder, der<br />
Linn Axis, in greifbare Nähe.<br />
Der Schritt von meinem Dual<br />
CS-5000 zum Axis ließ mich<br />
zum ersten Mal nachvollziehen,<br />
was Plattenspieler-Tests schon<br />
damals predigten, und was ohne<br />
eigene Hörerfahrungen bis heute<br />
schwer vorstellbar ist: Dass<br />
Laufwerk und Arm den Klang<br />
prägen – auch dann, wenn sie<br />
Rietschel, Jahrgang 1966, kam<br />
1995 zu <strong>stereoplay</strong>, nachdem<br />
er schon lange <strong>Jahre</strong> im<br />
HiFi-Handel tätig war und sich<br />
im Chemie-Studium versucht<br />
hatte. Leider blieb er nur ein<br />
Jahr. Wir hätten ihn gern<br />
länger behalten, aber die<br />
Verlagsoberen versetzten ihn<br />
zur AUDIO. Die brauchte den<br />
begnadeten Schreiber dringender.<br />
Seit 2011 ist er dort<br />
Chefredakteur.<br />
messtechnisch längst jenseits<br />
von Gut und Böse sind. Der<br />
Spieler in diesem Test stellt<br />
vielleicht die vernünftigste unter<br />
den vielen möglichen Varianten<br />
des Linn-Klassikers dar:<br />
Er hat die wichtigsten Upgrades<br />
bereits intus, macht aber vor<br />
den letzten, extrem teuren Ausbauschritten<br />
halt. Man kann<br />
damit jahrelang zufrieden Tausende<br />
von Vinyl-Kilometern<br />
durchpflügen. Stellt sich irgendwann<br />
unerwarteter Geldsegen<br />
ein, weiß man dennoch gleich,<br />
wohin damit.<br />
Die Basis ist vom Einstiegsmodell<br />
Majik (siehe <strong>stereoplay</strong><br />
5/08) bis zum Flaggschiff Radikal<br />
(vgl. Heft 6/09) gleich:<br />
Hartholzrahmen, bündig eingelassene<br />
Decke aus Edelstahl,<br />
weich gefedertes, unbedämpftes<br />
Subchassis, zweiteiliger Teller<br />
aus Zink-Druckguss – Linn ist<br />
der letzte Hersteller, der dieses<br />
klassische, hochdichte und<br />
nichtmagnetische Material noch<br />
verwendet.<br />
Den Antrieb gibt es in drei<br />
Varianten, von denen wir die<br />
mittlere wählen: einen klassischen<br />
Synchronmotor samt externem<br />
Oszillator-Netzteil Lingo.<br />
Diese Stromversorgung hat<br />
gegenüber der Basisversion den<br />
Vorteil mess- und hörbar größerer<br />
Laufruhe. Statt direkt den<br />
Wechselstrom aus dem Netz zu<br />
verwenden, generiert das Lingo<br />
für die beiden Motorphasen jeweils<br />
eine lupenreine Sinuswelle<br />
und verstärkt diese Signale<br />
mit zwei kleinen Transistor-<br />
Endstufen. Das Ganze funktioniert<br />
mit zwei umschaltbaren<br />
Frequenzen (50 und 67,5 Hertz<br />
für 33 und 45 Umdrehungen)<br />
und mit variabler Spannung:<br />
Nur beim Start gibt das Lingo<br />
Vollgas, dann fällt die Spannung<br />
(und damit das Drehmoment)<br />
auf Schleichfahrt-Niveau.<br />
Vibrationsärmer kann man den<br />
Motor nicht antreiben.<br />
Abtaster sind vergänglich<br />
Während Motor und Tellerlager<br />
ihren Besitzer überleben können,<br />
sind Tonabnehmer vergänglich:<br />
Im Idealfall halten<br />
Nadeln 1000 bis 1500 Stunden.<br />
Das System ist damit neben<br />
dem Riemen der einzige Verschleißposten<br />
an einem guten<br />
Spieler. Deshalb trägt unser<br />
LP12 eine exzellent klingende,<br />
aber betriebskostenfreundliche<br />
Tondose: 480 Euro kostet das<br />
MM-System Adikt, ein Nadeltausch<br />
nur 240 Euro.<br />
Geführt wird das Adikt vom<br />
Tonarm Akito, der preislich<br />
zwischen dem im Einsteiger-<br />
Gedeck Majik montierten Pro-<br />
Ject 9CC und der superteuren<br />
Spitzenkraft Ekos SE liegt. Es<br />
gibt keinen vernünftigen Grund,<br />
dem Akito je untreu zu werden:<br />
Seine Lager laufen in der aktuellen<br />
Version fast so geschmeidig<br />
wie die meines Pin-up-<br />
22<br />
5/13 <strong>stereoplay</strong>.de