stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
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Musik Oldies<br />
WORLD BEAT<br />
OLDIE-CD DES MONATS<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Der Beat-Schamane<br />
Der nigerianische Song-Schamane Fela Kuti war<br />
eine singuläre Gestalt der Musikgeschichte. Er<br />
erfand den Afrobeat zu einem Zeitpunkt, als es<br />
den Begriff Weltmusik noch nicht gab, und emanzipierte<br />
die afrikanische Musik von der Black Music<br />
Amerikas. Seine spontane Mixtur aus Funk,<br />
Jazz und diversen afrikanischen Grooves hatte<br />
nichts mit euroamerikanischen Marktformaten<br />
zu tun. Kutis packende Verdichtung aus Storytelling,<br />
MC’ing, politischen Statements, flam-<br />
Fela Kuti The Best Of The Black President 2<br />
menden Groove-Teppichen, Bläsersalven und Improvisations-Stakkati,<br />
meist auf Saxofon und E-<br />
Piano, war magisch.<br />
Knitting Factory Records holt nun das Gesamtwerk<br />
des 1997 verstorbenen Musikers zurück in<br />
den Blickpunkt und veröffent licht aus diesem Anlass<br />
eine Compilation, die einen ersten Überblick<br />
über seine Klangphilosophie gibt. Die Tracks<br />
stammen aus den 70er-<strong>Jahre</strong>n und beamen das<br />
Ohr direkt in diese Zeit. Es entsteht der Eindruck,<br />
Fela Kuti hatte überhaupt keinen kommerziellen<br />
Druck und jede nur erdenkliche Freiheit. Er konnte<br />
so ausladend sein, wie er wollte, und Tempo,<br />
Dich tegrad sowie melodischen Gehalt in seinen<br />
langen Songs so oft und spontan variieren, wie<br />
es ihm beliebte.<br />
Seine Musik klingt roh, unbehauen, sehr direkt.<br />
Diesen Tracks, die eher wie offene Jams als wie<br />
konkrete Stücke wirken, haftet das Gefühl eines<br />
Stammesrituals an. Und das, obwohl Kuti stets<br />
bewusst in Pidgin-Englisch sang. Gerade in ihrer<br />
zeitlichen Entrücktheit – niemand würde heute<br />
mehr solche Platten machen – erscheinen diese<br />
Aufnahmen noch hochaktuell. Denn die afrikanische<br />
Wirklichkeit hat sich bis heute kaum nennenswert<br />
verändert. Aber kein Musiker des schwarzen<br />
Kontinents war seither so einflussreich und<br />
zugleich unkorrumpierbar wie Fela Kuti.<br />
Zur Veranschaulichung ist der Compilation noch<br />
eine DVD mit einem Konzertmitschnitt von 1984<br />
beigelegt.<br />
WK<br />
KFR / Rough Trade<br />
(79:22, 77:58 + DVD)<br />
ROCK<br />
Jimi Hendrix<br />
Legacy / Sony<br />
(52:20)<br />
People, Hell & Angels<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Mehr als vier Jahrzehnte lagen ein Dutzend Studio-Aufnahmen<br />
von Jimi Hendrix im Schrank:<br />
nicht etwa der Ausschuss bekannter Sessions,<br />
sondern ein Kompendium mit herbem, packendem<br />
Blues Rock mit Kollegen wie Drummer<br />
Buddy Miles und Gitarrist Stephen Stills, stellenweise<br />
sogar um Bläser ergänzt. Entstanden<br />
zwischen 1968 und 1970, bündelt Hendrix seine<br />
Energie in eine Mischung aus ungebändigtem<br />
Gesang und aufbrandenden Gitarrenwogen, stellenweise<br />
funky, skizzenhaft in den Arrangements,<br />
aber gerade dadurch immens direkt. Nach dem<br />
Experience-Nachlass „Valleys Of Neptune“ (2010)<br />
ein weiterer Hammer aus dem Blues-Labor. RD<br />
POP<br />
SINGER/SONGWRITER<br />
WAVE/POP<br />
The Everly Brothers<br />
The Ballads<br />
Ulla Meinecke<br />
Original Album Classics<br />
Simple Minds<br />
Celebrate<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
KLANGTIPP<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
In ihrer ansprechenden „Ballads“-Reihe haben<br />
die Oldies-Spezialisten von Bear Family drei neue<br />
CD-Revuen für bekennende Träumer im Angebot.<br />
Neben den Paraden der Schmuse-Songs von Ricky<br />
Nelson und The Platters verdienen vor allem die<br />
Herzöffner der Everly Brothers gebührende<br />
Beachtung. Don und Phil Everly glänzen mit<br />
schnuckeligen Hits (wie „All I Have To Do Is<br />
Dream“, „Devoted To You“ und „Crying In The<br />
Rain“) und weiteren Schleichern. Alles in allem<br />
29 Titel von 1957 bis 1962 plus ein angehängtes<br />
Fundstück sind hier versammelt, in erstaunlich<br />
aktuellem Klang und ergänzt um ein Label- typisch<br />
üppiges Begleitheft.<br />
MI<br />
Bear Family / Delta<br />
(72:54)<br />
Ulla Meinecke war die Suzanne Vega der Neuen<br />
Deutschen Welle. In einer Zeit, als deutsche Texte<br />
meist albern oder linksbewegt waren, verordnete<br />
die Songwriterin aus dem Taunus dem Genre<br />
eine freche poetische Lakonik. Die fünf Platten<br />
der „Original Album Classics“ spannen den Bogen<br />
von „Überdosis Großstadt“ (1980) bis „An!“<br />
(1994) und dokumentieren die Entwicklung vom<br />
jugendlichen Pop über die Lässigkeit von „Wenn<br />
schon nicht für immer...“ bis hin zum wieder entdeckten<br />
Rockigen der Künstlerin. Produziert von<br />
Kollegen wie Herwig Mitteregger und Udo Arndt,<br />
klingt ihre Musik bis heute vorbildlich präsent<br />
und hintergründig verschmitzt.<br />
SF<br />
BMG / Sony<br />
(3:06:09, 5CD)<br />
Eine gute Nachricht für Fans: Auch die drei neuen<br />
Stücke, die die Jubiläumsbox zum <strong>35</strong>-jährigen<br />
Bandbestehen der Simple Minds als Bonus enthält,<br />
klingen wie gewohnt. Pathos, viel Synthesizer,<br />
wuchtiges Schlagzeug, dazu Jim Kerrs beschwörende<br />
Stimme – dieses Konzept hatte sich<br />
spätestens seit „Sparkle In The Rain“ (1984) als<br />
Klangkonzept verfestigt und für zahlreiche Hits<br />
gesorgt. „Celebrate“ versammelt die wichtigsten<br />
Lieder der Schotten von „Sweat In Bullet“ über<br />
„Belfast Child“ bis „Dancing Barefoot“ in einer<br />
Box. Viel schiefgehen kann da nicht, außer dass<br />
ein etwas ausführlicheres Booklet den Hörer noch<br />
hätte an der Hand nehmen können.<br />
RD<br />
Virgin / EMI<br />
(3:36:55, 3CD)<br />
152 5/13 <strong>stereoplay</strong>.de