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Der Lehrer wird's schon richten,... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 8 / Juli 2006<br />

Ertaubte sowie durch seine zahlreichen Schriften über<br />

die von ihm entwickelten Unterweisungsmethoden für<br />

diese Klientel international hohe Anerkennung gefunden<br />

hat, war Mitglied des JKV, wollte mit einer Reihe anderer<br />

<strong>Verein</strong>smitglieder durch Entrichtung eines beträchtlich<br />

höheren Beitrags dessen Bemühungen zum Aufbau einer<br />

eigenen Kunstsammlung besonders fördern, trat für<br />

den JKV im Rahmen seines kunstvermittelnden Programms<br />

auch als Referent auf und war ferner für die<br />

Stadt Jena kommunalpolitisch aktiv tätig. Die Aufgabenstellung<br />

des JKV war mit <strong>schon</strong> zeitiger Orientierung auf<br />

die in jener Zeit entstandenen zahlreichen Kunstströmungen<br />

der Moderne darauf gerichtet, die Kunstentwicklung<br />

zu fördern, die Bürgerschaft mit der Kunst in Verbindung<br />

zu bringen, ihr Kunstverständnis zu heben und<br />

selbst Werke der modernen Kunst zu sammeln. Diese<br />

Programmatik war dem Künstler von Fleisch und Blut<br />

Walter Dexel wie auf den Leib geschnitten. Ab Ende Juli<br />

1916 übertrug ihm Grisebach in seiner Eigenschaft als<br />

Geschäftsführer des JKV ehrenamtlich die Leitung des<br />

Ausstellungswesens. Ende 1918 hat ihm schließlich der<br />

Vorstand des JKV offiziell das Amt des Ausstellungsleiters<br />

anvertraut, mit dem auch die Verwaltung und Erweiterung<br />

der 1914 begründeten Kunst-Sammlung verbunden<br />

war. Nach der Suspendierung von dieser Aufgabe<br />

Ende 1920 infolge kritischer Einwände aus dem Publikum<br />

und auch von Vorstandsmitgliedern des JKV zum<br />

Ausstellungsprogramm sollte sich bald erweisen, dass<br />

auf Dexel nicht verzichtet werden kann. Die Konsequenz<br />

war, dass er im Dezember 1921 als Schriftführer (später<br />

als Geschäftsführer bezeichnet) in den <strong>Verein</strong>svorstand<br />

gewählt wurde und in dieser Funktion wieder für das<br />

Ausstellungswesen und die Sammlung des JKV verantwortlich<br />

war, bis er im Sommer 1928 wegen erneuter<br />

Widerstände gegen seine Ausstellungstätigkeit sowie<br />

seiner Berufung nach Magdeburg seine Mitarbeit im<br />

Vorstand des JKV beendete.<br />

Aus publizierten Verzeichnissen der vom JKV durchgeführten<br />

Ausstellungen und anderen kunstpropagandistischen<br />

Veranstaltungen ergibt sich, dass Dexel in seiner<br />

insgesamt elfjährigen Tätigkeit für den JKV für 104 Ausstellungen,<br />

12 auf die jeweilige Präsentation bezogene<br />

Eröffnungsvorträge, 21 der betreffenden Ausstellungsthematik<br />

gewidmete bzw. kunsthistorisch oder kunsttheoretisch<br />

orientierte Vorträge, mehrere Lesungen aus<br />

moderner Dichtung und anders geprägte Veranstaltungen<br />

verantwortlich war. Diese beeindruckende Bilanz<br />

lässt zugleich erkennen, welche ständige Einsatzbereitschaft,<br />

umfangreichen und tiefgründigen Sachkenntnisse,<br />

Konsequenz und Furchtlosigkeit im Eintreten für die<br />

moderne Kunst in allen ihren Erscheinungen, vielzähligen<br />

engen persönlichen Beziehungen zu führenden<br />

Repräsentanten aller avantgardistischen Kunstströmungen<br />

und wieviel Feingefühl für das Aufspüren neuer<br />

Tendenzen in der Kunstentwicklung, Organisationstalent<br />

und Umsichtigkeit vonnöten waren, um eine so großarti-<br />

32<br />

ge Leistung vollbringen zu können. Dabei war Dexel<br />

wiederholt mit Unverständnis und barscher Kritik gegenüber<br />

dem von ihm eingeschlagenen Weg konfrontiert.<br />

Und ebenso oft trat er den Widersachern öffentlich mit<br />

mutiger und überzeugender Erwiderung entgegen.<br />

Ein besonders enges Verhältnis pflegte Dexel mit dem<br />

Bauhaus in Weimar und den dort tätigen Meistern für<br />

gestaltendes und bildkünstlerisches Schaffen mit ihren<br />

großen Namen in der internationalen Kunstwelt, die er<br />

alle, oft sogar mehrfach, mit Ausstellungen und Vorträgen<br />

in Jena vorstellte. Des öfteren ist Dexel in den Ausstellungen<br />

auch mit eigenen Werken in Erscheinung getreten.<br />

Regelmäßig waren Präsentationen dem Bekanntmachen<br />

von Werken aus der eigenen Sammlung<br />

des JKV vorbehalten. In zwei Ausstellungen 1922 und<br />

1925 mit Arbeiten aus dem Kunstunterricht des Jenaer<br />

Kunstmalers Christoph Natter, der an der VHSJ neben<br />

anderen Dozenten auf dem Gebiet der Kunsterziehung<br />

wirkte und als Oberlehrer an der damaligen Oberrealschule<br />

(heute <strong>Adolf</strong>-<strong>Reichwein</strong>-Gymnasium) am Anfang<br />

der Wollnitzer Straße im Fach Zeichnen unterrichtete,<br />

hat Dexel auch auf neue Tendenzen im Bereich der<br />

Kunstpädagogik aufmerksam gemacht und eine später<br />

fortgesetzte Tradition begründet. Dexels Ausstellungsprogramm<br />

diente jedoch nicht nur der Popularisierung<br />

der modernen bildenden Kunst mit allen ihren Genres,<br />

sondern erstreckte sich auch auf neue Architektur, neue<br />

Werbung und Photographie.<br />

Dank der guten Verbindungen zu einer Vielzahl führender<br />

Vertreter aller modernen Kunstrichtungen war es<br />

Dexel auch möglich, durch Ankäufe, Leihgaben und<br />

Schenkungen von Werken aus dem modernen Kunstschaffen<br />

die Sammlung des JKV in großem Umfang zu<br />

erweitern. Insgesamt betrachtet ist es wesentlich ihm zu<br />

verdanken, dass das <strong>schon</strong> im zweiten Jahrzehnt des<br />

20. Jahrhunderts als �Kunststadt� gefeierte Jena zu einer<br />

Schaubühne für die avantgardistische Kunst aller Richtungen<br />

sowie zu einem Podium der geistigen Auseinandersetzung<br />

damit geworden ist, was von namhaften<br />

Sachverständigen in Kunstfragen wiederholt bestätigt<br />

worden ist. In einer späteren Rückschau auf diese<br />

Schaffensperiode hat Dexel selbst auf das �Phänomen<br />

des Eindringens aktuellster Kunst in eine kleine Universitätsstadt�<br />

verwiesen; er hätte völlig berechtigt noch hinzufügen<br />

können, dass ihm selbst ein besonders großes<br />

Verdienst an dem Zustandekommen dieses Phänomens<br />

zufällt.<br />

Es liegt auf der Hand, dass der JKV durch sein umfangreiches<br />

kunstpropagandistisches Wirken innerhalb der<br />

Volksbildung eine wichtige Funktion erfüllt hat. Daraus<br />

dürfte es sich auch erklären, dass er ab der Eröffnung<br />

der VHSJ zum 1. April 1919 die enge Zusammenarbeit<br />

mit ihr gesucht hat. Erhärtet wird diese Annahme noch<br />

durch die Tatsache, dass die neu gegründete Stätte der<br />

Erwachsenenbildung im Rahmen ihres Lehrprogramms<br />

mit Kursen und Arbeitsgemeinschaften auf dem Gebiet

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