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Der Lehrer wird's schon richten,... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 8 / Juli 2006<br />

kreisförmig in den Zuschauerraum hineinragen und so<br />

die Zusammengehörigkeit der Darsteller mit den Zuschauern<br />

betonen sollte. Dexel hatte zu gleicher Zeit für<br />

die VHSJ auch den Entwurf von Plakaten und die typographische<br />

Gestaltung von Hörer- und Einladungskarten<br />

sowie der zum Druck bestimmten Schriften wie des<br />

Lehrplans für jeden Lehrabschnitt, der �Blätter der<br />

Volkshochschule Jena� und 1928 auch der seit 1919 erschienenen<br />

�Volkshochschulblätter für Thüringen� übernommen.<br />

In dem von <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> zum 1. Mai 1926 eröffneten<br />

Volkshochschulheim für junge Arbeiter aus den Jenaer<br />

Zeiss- und Schottwerken, für das die Carl-Zeiss-Stiftung<br />

eine Etage im Haus der heutigen Beutenbergstraße 8<br />

gemietet hatte, standen die Teilnehmer des ersten Einjahreslehrgangs<br />

vor der Aufgabe, sich das für das Heim<br />

benötigte Mobiliar in einer im Keller des Hauses eingerichteten<br />

Tischlerei selbst anzufertigen, wozu sie von<br />

Walter Dexel angeleitet wurden. Er war zu gleicher Zeit<br />

in dieser Werkstatt mit der Herstellung von Möbelentwürfen<br />

für die Serienfertigung moderner Einrichtungsgegenstände<br />

beschäftigt. <strong>Der</strong> eigenen Erkenntnis folgend,<br />

dass in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />

alle die Gestaltung der Lebensumwelt der Menschen<br />

betreffenden Probleme ihr Interesse bestimmten, kam<br />

Dexel der VHSJ bei der Lehrkraftvermittlung und zeitweise<br />

selbst als Dozent für das Gebiet des neuen baulichen<br />

Gestaltens zur Hilfe. Vor allem seiner Vermittlung<br />

wird es zu verdanken sein, dass der bekannte Berliner<br />

Historiker und Theoretiker auf dem Gebiet der Kunst<br />

<strong>Adolf</strong> Behne im Frühjahr 1926 für die Übernahme einer<br />

Sonderwoche der VHSJ zum Thema �Äußere Lebensgestaltung�<br />

gewonnen werden konnte. Mit der Blickrichtung<br />

auf die Ansprüche an die Wohnung und das Hausgerät<br />

der Menschen in jener Zeit befasste er sich besonders<br />

mit Problemen der Wohngebäude- und Innenraumarchitektur,<br />

des weiteren mit der Notwendigkeit<br />

neuer Lösungen für die Dinge des täglichen Lebens und<br />

der darauf gerichteten Zusammenarbeit von Kunst,<br />

Handwerk und Architektur. Außerdem referierte er in einem<br />

besonderen Vortrag über �Die moderne Fabrik�.<br />

Für den Lehrabschnitt ab Januar 1926 hatte Dexel eine<br />

Arbeitsgemeinschaft zum Thema �Das Bauen� angeboten.<br />

Die Besichtigung zweier im Bauhausstil in Jena errichteter<br />

Bauwerke, des nach Entwürfen des Begründers<br />

des Bauhauses Walter Gropius ab 1920 umgestalteten<br />

Stadttheaters und des von ihm zusammen mit <strong>Adolf</strong><br />

Meyer projektierten Auerbachschen Wohnhauses in der<br />

Schaefferstraße 9 diente für die Teilnehmer dem Gewinnen<br />

konkreter Anschauungen vom neuen Bauen, um<br />

darauf aufbauend anhand von Zeichnungen und Modellen<br />

zu Fragen der Raumplastik und der Statik überzuleiten.<br />

Im Herbst 1927 leitete Dexel wieder eine Arbeitsgemeinschaft<br />

zum Thema �Neues Bauen�, in der die unter<br />

Beteiligung namhafter Architekten aus mehreren<br />

34<br />

Ländern begonnene Stuttgarter Mustersiedlung des<br />

Werkbundes mit Ein- und Mehrfamilienhäusern anhand<br />

von Lichtbildern kritisch erläutert werden sollte. Fortgeführt<br />

wurde diese Lehrveranstaltung Dexels im Winter<br />

1928 unter der gleichen Thematik und der Möglichkeit<br />

der Teilnahme für Neueintretende mit den Schwerpunkten<br />

�Möbel und Innenräume. <strong>Der</strong> bewegliche Grundriß<br />

des Hausinnern. Gute Industriemöbel, Typenmöbel�. Die<br />

weitere Tätigkeit Dexels für die VHSJ hatte 1928 und<br />

nach der Übernahme einer neuen Aufgabe außerhalb<br />

Jenas auch noch 1929 die Schaffung moderner, im konstruktivistischen<br />

Stil und aus ökonomischen Gründen mit<br />

einfachen Mitteln und wenig Aufwand gestalteter Bühnenbilder<br />

für Aufführungen der Spielgruppe der VHSJ im<br />

Stadttheater der Saalestadt zum Gegenstand. Seine<br />

Bühnenausstattungen verlangten von den Zuschauern<br />

große geistige Anstrengungen, um die damit angedeuteten<br />

Handlungsorte in Verbindung mit den Szenendarstellungen<br />

richtig zu erfassen. Aufgeführt wurden zu Festen<br />

und Feiern der VHSJ, mitunter auch mit Wiederholungen,<br />

�Mann ist Mann� von Bertolt Brecht, �Die Rückkehr<br />

des verlorenen Sohnes� von Andre Gide, �Wie es euch<br />

gefällt� von William Shakespeare. Die Aufführungen der<br />

genannten Stücke und der dazu von Dexel angefertigten<br />

Bühnenbilder fanden in den Jenaer Tagesblättern je<br />

nach ihrer Parteizugehörigkeit recht unterschiedliche<br />

Bewertungen von direkter Ablehnung bis zu uneingeschränkter<br />

Zustimmung, wobei jedoch die positiven Urteile<br />

überwogen und der Beifall des Publikums auch dem<br />

Bühnenbildner zuteil geworden ist.<br />

<strong>Der</strong> Weggang<br />

Walter Dexels aus<br />

Jena bedeutete<br />

für den JKV und<br />

nicht weniger für<br />

die VHSJ einen<br />

argen Verlust.<br />

Danach haben die<br />

Ausstellungen des<br />

JKV nur noch selten<br />

das hohe Niveau<br />

erreicht wie<br />

durchgängig zu<br />

Dexels Zeit. Die<br />

VHSJ verlor durch<br />

seinen Weggang<br />

einen ihre Ent-<br />

wicklung in vielfacher<br />

Hinsicht aktiv<br />

und konstruktiv<br />

mitgestaltenden<br />

Mitarbeiter.<br />

Die unter dem Nationalsozialismus<br />

Gelochter Umschlag eines Lehrplanheftes<br />

der VHSJ im Stadtarchiv Jena mit<br />

der von Walter Dexel stammenden typischen<br />

Schriftgestaltung. (Aufnahme<br />

Jürgen Jache, Stadtarchiv Jena)<br />

aufgezwungene Gleichschaltung schadete beiden Einrichtungen<br />

ungemein in gleicher Weise. Einen beson-

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