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Der Lehrer wird's schon richten,... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 8 / Juli 2006<br />

Am 1. April 1898 � zunächst noch unter Beibehaltung<br />

seines Wiesbadener Amtes � ging der 30jährige Ludwig<br />

Pallat nach Berlin und schlug damit eine mustergültige<br />

Beamtenlaufbahn ein. Die ersten Stufen auf der<br />

Karriereleiter in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg fasst<br />

er selbst Jahrzehnte später, im Dezember 1934, in<br />

einem Fragebogen zu biographischen Artikeln für die<br />

Redaktion von F.A. Brockhaus wie folgt zusammen:<br />

"Wurde 1898 als Hilfsarbeiter in das Preußischen<br />

Kultusministerium berufen und war dort bis 1928 tätig.<br />

Erhielt 1899 das Prädikat Professor. Wurde 1903 zum<br />

Ständigen Sekretär der Königlichen Akademie der<br />

Künste in Berlin, 1908 zum Geh. Regierungsrat und<br />

Vortragenden Rat, 1911 zum Geh. Oberregierungsrat<br />

ernannt. War Referent in der Kunstabteilung, in der<br />

Hochschulabteilung und in den Abteilungen für das<br />

Volks-, mittlere und höhere Schulwesen.� 17<br />

<strong>Der</strong> ministerielle Auftrag für seine Tätigkeit als Leiter des<br />

Referats �Zeichnen� (später kam noch das �Kunstreferat�<br />

dazu) in der Kunstabteilung des preußischen Kultusministeriums<br />

lautete, den zeitgenössischen Zeichenunterricht<br />

an den preußischen Schulen mit seiner mechanischen,<br />

abstrakten, formalistischen Methode nach den<br />

neuen kunstpädagogischen Erkenntnissen, u.a. aus der<br />

Kunsterziehungsbewegung, zu reformieren.<br />

Preußischen Kunstverwaltung 1872-1905. Mit einem Vorwort<br />

des Herausgebers Prof. P.O. Rave. Berlin 1959.<br />

17 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin:<br />

Nachlass Ludwig Pallat, Sign.: I. HA Rep. 92 Pallat (Karton 7,<br />

Mappe 19).<br />

5<br />

Im Frühjahr 1901 unternahm Ludwig Pallat in amtlichem<br />

Auftrag gemeinsam mit dem Hamburger Schulreformer<br />

Carl Götze eine erste pädagogische Studienreise nach<br />

London. In seinem ausführlichen Reisebericht 18 erwähnt<br />

er Anregungen, die er vor allem der Begegnung mit dem<br />

englischen Kunstlehrer Ebenezer Cooke verdankte, und<br />

beschreibt sehr detailliert seine Beobachtungen an englischen<br />

Schulen. Als die Hauptmerkmale des neuen englischen<br />

Zeichenunterrichts bezeichnet Pallat zusammenfassend<br />

die Befähigung der Schüler �zur selbständigen<br />

Beobachtung und freien zeichnerischen Wiedergabe der<br />

Natur�, die künstlerische Tendenz und die Bildung des<br />

Geschmacks. 19 Diese Kriterien werden auch für ihn zu<br />

den Angelpunkten der Reform des Zeichenunterrichts in<br />

Preußen.<br />

Bereits ein Jahr zuvor, 1900, war Pallat zur Weltausstellung<br />

nach Paris gereist. Was er dort von dem Zeichenunterricht<br />

in Frankreich sah, enttäuschte ihn. Dagegen<br />

beeindruckte ihn sehr das Studium der Schülerzeichnungen<br />

aus den <strong>Verein</strong>igten Staaten von Nordamerika,<br />

die auf der Weltausstellung zu sehen waren, und inspirierte<br />

ihn für seine weitere Tätigkeit. 1904 hielt er sich für<br />

drei Wochen in Amerika zum Besuch der Weltausstellung<br />

in St. Louis auf. Mehrere Veröffentlichungen über<br />

den Kunstunterricht in den <strong>Verein</strong>igten Staaten, durch<br />

die er viele Anregungen bekommen hatte, gingen daraus<br />

hervor. 20 Es war ihm offenbar geworden, wieviel in<br />

Deutschland trotz aller Fortschritte, die sich anbahnten,<br />

noch zu tun war.<br />

Gleichzeitig zu den Studienreisen ins Ausland veranstaltete<br />

Pallat zusammen mit Alfred Lichtwark, dem renommierten<br />

Repräsentanten der Kunsterziehungsbewegung<br />

und langjährigen Direktor der Hamburger Kunsthalle,<br />

und Carl Götze die drei Kunsterziehungstage zu Beginn<br />

des neuen Jahrhunderts: in Dresden 1901 über Bildende<br />

Kunst, auf den Pallat besonderen Einfluss ausgeübt hat;<br />

in Weimar 1903 über Sprache und Dichtung; in Hamburg<br />

1905 über Musik und Gymnastik.<br />

Die von Pallat in dieser frühen Phase ausgearbeiteten<br />

Entwürfe zur Neugestaltung des Zeichenunterrichts<br />

scheinen sich <strong>schon</strong> in den �Lehrplänen für die höheren<br />

Knabenschulen� des Jahres 1901 und dem �Lehrplan für<br />

den Zeichenunterricht in der Volksschule� von 1902 nie-<br />

18 Pallat, Ludwig: Über den Zeichenunterricht in Londoner<br />

Volksschulen (Reisebericht) in: Centralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung<br />

in Preußen, Jg. 44/1902, S. 404-425.<br />

19 Ebd., S. 424.<br />

20 Vgl.: Pallat, Ludwig: Schule und Kunst in Amerika (I, II, III).<br />

In: <strong>Der</strong> Säemann. Monatsschrift für Jugendbildung und Jugendkunde.<br />

Organ des Bundes für Schulreform. Monatsschrift für<br />

Jugendbildung und Jugendkunde. Organ des Bundes für Schulreform<br />

(Leipzig/Berlin), Jg. 1/1905, H. 10, S. 357-366; H. 11, S.<br />

397-408; Jg. 2/1906, H. 1, S. 357-366.

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