Der Lehrer wird's schon richten,... - Adolf-Reichwein-Verein
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eichwein forum Nr. 8 / Juli 2006<br />
stellen ihre Fragen 'vom Erwachsenen', 'vom<br />
Staat', 'von der Wirtschaftlichkeit' aus. Ihr Interesse<br />
gilt weniger dem Kind als Kind, sondern<br />
mehr dem gegenwärtigen Konsumenten<br />
und dem künftigen Erwachsenen im Konsum,<br />
im Handel und in der Produktion. <strong>Der</strong>gestalt<br />
tendiert die Schule zur gewaltigen Einrichtung<br />
einer vom materiellen Erfolg dominierten Gesellschaft,<br />
um für ihre Bedürfnisse nützliche<br />
Mitglieder zu erzeugen, tendiert zur Erziehungs-Anstalt<br />
brauchbarer Staatsbürger.<br />
5. Dagegen engagiert sich <strong>Reichwein</strong> für eine<br />
Erziehung zur selbstbestimmten und ethischverantwortlichen<br />
Persönlichkeit, die nicht auf<br />
Gewalt, sondern auf Güte setzt. 126<br />
Nicht von 'Fächern aus auf evaluierte<br />
Fachstandards hin' ist <strong>Reichwein</strong>s<br />
pädagogische Leitlinie, sondern die 'vom<br />
Kinde aus zu den Dingen und Sachverhalten<br />
der Welt, zu sich selbst und zur Gemeinschaft<br />
hin'. Nicht ein 'bestandener Test', sondern ein<br />
'mit anderen freiwillig geschaffenes Werk'<br />
stehen für ihn im Vordergrund. 127<br />
<strong>Reichwein</strong>s Schaffen zielt nicht auf Reformen<br />
in der Staats-Schule, sondern auf die Reform<br />
der Schule als autonome Lern-, Arbeits- und<br />
Lebensstätte. Inwieweit sich seine Arbeit<br />
versatzstückweise in technokratisch orientierte<br />
staatliche Bildungssysteme einbauen lässt,<br />
bleibt abzuwarten; seinem Geist entspricht das<br />
nicht. <strong>Reichwein</strong> will eine Schule ohne Peitsche,<br />
ohne Ketten, Maulkorb und Halsband; er<br />
will eine Schule, die von Erziehern und Erzogenen<br />
freudig bejaht wird. Eine Hand voller<br />
Güte ist ihm hierbei wichtiger als ein Sack voller<br />
Standards.<br />
126 Vgl. <strong>Reichwein</strong>, A.: Gewalt oder Gewaltlosigkeit. In: Volkshochschulblätter.<br />
N.F. der �Blätter der Volkshochschule Thüringen�<br />
(Gotha), Jg. 6/1924-25, Nr. 7 (Oktober 1924), S. 71-73<br />
127 Vgl. <strong>Reichwein</strong>, A.: Schaffendes Schulvolk. Stuttgart 1937<br />
60<br />
Für <strong>Reichwein</strong>, und zwar den ganzen<br />
...hat Gerhard Bauer im Forum 7 plädiert. Leider spielte<br />
uns die sensible Software wieder einmal einen Streich<br />
und hat den letzten Absatz dieses engagierten Kommentars<br />
einfach beseitigt, ohne dass es uns beim Korrekturlesen<br />
auffiel, denn auch der so neu entstandene Schluss<br />
war ein durchaus sinnvoller. So konnten wir unseren Lesern<br />
leider auch nicht den ganzen <strong>Reichwein</strong> liefern. Wir<br />
entschuldigen uns bei Gerhard Bauer, möchten aber<br />
auch unseren Lesern den kompletten Schluss seines<br />
Textes nicht vorenthalten und bringen ihn daher hier<br />
noch einmal in der vollständigen Form:<br />
... <strong>Reichwein</strong> knüpfte an neutestamentarische<br />
Vorstellungen an und begriff, ohne Angst vor<br />
dem Skandal, sich und die Genossen seines<br />
Geistes als �das Salz der Erde�. Auf die mögliche<br />
Multiplikation kam es ihm an, in der Reformpädagogik<br />
der Weimarer Republik und in<br />
der Kryptopädagogik im �Dritten Reich�. Seine<br />
Sorge war nur, dass �die Salzkörner� zu<br />
wenige würden und sich �in einer riesigen<br />
Wasserwüste� auflösten, so stand es im letzten<br />
<strong>Reichwein</strong>-Forum. Hüten wir uns, dass nicht<br />
der Nachsatz des Neuen Testaments (direkt<br />
nach den Seligpreisungen, Mt. 5,13) auf uns<br />
zutrifft: �Wenn aber das Salz dumm wird, womit<br />
soll man salzen?� Zu diesen Fragen der<br />
Führung durch Vorbildlichkeit, ja durch �Mitreißen�<br />
(sic), zu den Fragen des Mutes, der<br />
Abenteuer- und Hazardpädagogik könnte man,<br />
eben weil sie so quer stehen zu dem, was heute<br />
diskutiert wird, eine ganze Tagung aus<strong>richten</strong>.<br />
Günstiger aber wäre es, sie immer mitzuberücksichtigen<br />
und mit zu bedenken.<br />
Salz pur ist gar nicht so bekömmlich.<br />
Gerhard Bauer