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Der Lehrer wird's schon richten,... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 8 / Juli 2006<br />

fen und Dokumenten (1914 � 1944). Paderborn u.a.<br />

1999 (LBD 1999)<br />

<strong>Reichwein</strong>, <strong>Adolf</strong>: Ausgewählte Pädagogische Schriften.<br />

Hrsg. von Ruppert, Herbert E./Wittig, Horst E. Paderborn<br />

1978<br />

<strong>Reichwein</strong>, <strong>Adolf</strong>: Schaffendes Schulvolk � Film in der<br />

Schule. Die Tiefenseer Schulschriften � Kommentierte<br />

Neuausgabe. Weinheim-Basel 1993<br />

<strong>Reichwein</strong>, Rosemarie: �Die Jahre mit <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong><br />

prägten mein Leben�� � Ein Buch der Erinnerung. München<br />

1999<br />

��Reformbedarf und Reformansätze<br />

in den Schulen heute��<br />

Einleitende Thesen zur Podiumsdiskussion der<br />

Schultagung des <strong>Adolf</strong>-<strong>Reichwein</strong>-<strong>Verein</strong>s am<br />

12. 11. 2005 in Lüdenscheid 113<br />

Dieter Wunder<br />

I �Reform� war in den 70er Jahren eine emphatische Parole<br />

für Gesellschafts- und Bildungspolitik. Es gab unterschiedliche<br />

Strömungen, eine mehr technokratische, eine<br />

eher sozialistische und eine reformpolitische. Gemeinsam<br />

war den meisten �Reformern� die Hoffnung auf<br />

�Fortschritt� zu mehr Freiheit und mehr Selbstbestimmung<br />

(�Emanzipation�) oder Mitbestimmung, mehr Solidarität<br />

und mehr Lebensmöglichkeiten für die �Menschen<br />

unten�.<br />

Im heute herrschenden Sprachgebrauch meint �Reform�<br />

angebliche oder tatsächliche Notwendigkeiten, die sich<br />

aus der Globalisierung, aus der sich ändernden Rolle<br />

des Staates, aus veränderten gesellschaftlichen Umständen<br />

(z. B. demographische Entwicklungen) ergeben.<br />

Gegenüber Einwänden, die Verwendung von �Reform�<br />

für die angedeuteten Veränderungen sei ein Missbrauch<br />

des Begriffes, halte ich dafür, dass solche Begriffsumdeutungen<br />

Ausdruck der lebendigen Sprache sind, denen<br />

man zwar politische Absichten unterstellen muss,<br />

die man aber nicht negieren kann. Wir müssen daher mit<br />

zwei unterschiedlichen Begriffen von �Reform� arbeiten.<br />

Die Gegner dieser neuen �Reformen� fassen sie gern<br />

und vereinfachend unter dem Stichwort �neoliberale Politik�<br />

zusammen. In dieser heutigen �Reform� spielen neue<br />

Steuerungsmodelle (Eigenverantwortung, Marktbeziehungen)<br />

sowie Finanzierungsveränderungen (privat statt<br />

staatlich, Kürzungen in der sozialstaatlichen Versorgung)<br />

eine große Rolle. Mit ihr ist nur selten Enthusias-<br />

113 Die Thesen wurden gegenüber der vorgetragenen Fassung<br />

überarbeitet. Wegen der Thesenform wird auf Begründungen<br />

und Nachweise verzichtet.<br />

53<br />

mus verbunden � außer bei Westerwelle -, wohl aber<br />

sind Unsicherheit, Hilflosigkeit und das Gefühl des Ausgeliefertseins<br />

an den Markt kennzeichnende Aspekte der<br />

Reaktion.<br />

Kritiker der neuen Reformen neigen dazu, sie pauschal<br />

abzulehnen, wodurch sie sich der Auseinandersetzung<br />

mit den sehr unterschiedlichen Reformansätzen � Umverteilung<br />

staatlicher Mittel, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit,<br />

Bürgernähe, Neudefinition des Staates u.a. m. -<br />

entziehen.<br />

II Pädagogisch bedeutete �Reform� in den 70er Jahren<br />

für viele die Aufhebung von sozialen und konfessionellen<br />

Benachteiligungen (auch in den Schulstrukturen),<br />

Selbstständigkeit/ Eigenverantwortung im Lernen und<br />

Leben, soziale Verantwortung, Verbindung von Leben<br />

und Praxis.<br />

Die Berufung auf �Reformpädagogik� (im Sinne der reformpädagogischen<br />

Bewegung des ersten Drittels des<br />

20. Jahrhunderts) und die Identifizierung mit ihr wurde<br />

erst mit der Zeit populär. Heute kann man Reformpädagogik<br />

wohl als gemeinsamen Nenner der pädagogischen<br />

�Linken� bezeichnen; sie findet in manchen Aspekten<br />

auch darüber hinaus Anerkennung.<br />

In der skizzierten Traditionslinie ist die alte Emphase des<br />

Reformbegriffes auch gegenwärtig noch lebendig. Es<br />

kommen Akzentverschiebungen und neue Themen hinzu<br />

wie die Geschlechtergerechtigkeit, die Migrantenproblematik,<br />

die Integration Behinderter, die Individualisierung<br />

des Lernens.<br />

In der Bildungspolitik ist die OECD seit langem eine Vorreiterin<br />

von �Reformen,� die heute wegen der ökonomischen<br />

Ausrichtung der OECD zu leicht und schnell mit<br />

dem Label �neoliberal� gekennzeichnet werden. In meinen<br />

Augen ist zwar die ökonomische Seite der OECD-<br />

Politik nicht zu verkennen, aber sie ist auch ein genuin<br />

eigenständiger Akteur in Bildungspolitik geworden. Unterschiedliche<br />

Themen wie Lebenslanges Lernen,<br />

Selbstverantwortung der Schulen, Evaluation, Vorschläge<br />

zur Hilfe für die Benachteiligten beleuchten das breite<br />

Spektrum der OECD. PISA ist eine hilfreiche Pionierarbeit<br />

für Deutschland geworden.<br />

In der heutigen Entwicklung der Schule gehen traditionelle<br />

und neue Reformansätze eine enge Verbindung<br />

miteinander ein. �Autonomie� war Teil der �alten� Reform,<br />

�Selbstverantwortung der Schule� ist ein zentraler<br />

Ansatz der �neuen� Reformen. Individualisierung war<br />

kein bestimmendes Schlagwort der 70er Jahre, liegt aber<br />

in der Konsequenz von �Emanzipation�. Die Lage<br />

der Benachteiligten ist nicht mehr allein ein Thema der

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