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Der Lehrer wird's schon richten,... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 8 / Juli 2006<br />

GEW oder progressiver Wissenschaftler, sondern der<br />

OECD, aber auch der FAZ.<br />

In der Bewertung von Reformen jeglicher Art halte ich<br />

weder eine per se Legitimation der Reformpädagogik<br />

noch eine generelle Delegitimation neuer Reformen für<br />

sinnvoll. Es bedarf der jeweiligen Prüfung, auch im Hinblick<br />

auf ihre �Nachhaltigkeit�. Wie kann man erreichen,<br />

dass Reformen nicht punktuell bleiben, sondern die<br />

Schule dauerhaft umformen? Eigentliches Kriterium für<br />

jedes Urteil über eine Reform, welcher Art auch immer,<br />

muss die Förderung junger Menschen sein.<br />

III Den heutigen Reformbedarf möchte ich aus meiner<br />

Sicht, wenn auch nur stichwortartig, andeuten:<br />

1. Das Lernen soll sich ändern, z. B.<br />

soll Selbstständigkeit im Lernen wichtiger werden,<br />

soll Partizipation ein eigenständiges Moment von<br />

Schule werden,<br />

soll Projektunterricht in der ursprünglichen Konzeption<br />

Deweys stattfinden,<br />

soll traditionelles Bewerten der Schülerleistungen<br />

durch neue Formen wie das Portfoliosystem ersetzt<br />

werden.<br />

2. Die Benachteiligten (�Unterschichten�) sollen mindestens<br />

ebenso gut gefördert werden, wie dies viele andere<br />

Länder tun (PISA hat gezeigt, dass dies möglich ist).<br />

Insbesondere Migrantinnen/Migranten (gemeint sind alle<br />

Einwanderer unabhängig von Staatsangehörigkeit und<br />

Zeitpunkt der Einwanderung, also auch solche der 2.<br />

und 3. Generation) müssen durch Schule bessere Lebenschancen<br />

gegeben werden.<br />

3. Alle Schülerinnen und Schüler sollen zu besseren<br />

Leistungen kommen (vgl. Kritik durch PISA an bisherigen<br />

Leistungen).<br />

4. Das Curriculum soll erneuert werden, insbesondere<br />

im Hinblick auf mehr Zukunftsfähigkeit, Lebensnähe, soziale<br />

Verantwortung, politisches Lernen.<br />

5. Die Ganztagsschule ermöglicht eine grundsätzliche<br />

Veränderung von Schule, die bisher nicht hinreichend<br />

ausgelotet wurde.<br />

6. Ein neues <strong>Lehrer</strong>bild verändert den Beruf: Bildung<br />

und Erziehung werden als gleichwertige Aufgaben gesehen.<br />

Die Professionalität nimmt zu. Die <strong>Lehrer</strong>ausbildung<br />

muss besser werden.<br />

54<br />

7. Die Organisationsstrukturen der Schule ändern sich.<br />

Die Position des Schulleiters wird gestärkt. Für das Kollegium<br />

wird Teamarbeit unterschiedlichster Arbeit<br />

selbstverständlich.<br />

8. Die staatliche Schule wird innerhalb von Rahmenvorgaben<br />

selbstständig. Alle Mitglieder des Kollegiums sind<br />

für die Schule insgesamt verantwortlich.<br />

9. Eine Schule muss sich Rechenschaft über ihr Tun ablegen<br />

und dies auch durch Externe überprüfen lassen<br />

(Qualitätsentwicklung/ Evaluation).<br />

Gutachten der letzten Jahre haben diese und ähnliche<br />

Forderungen übereinstimmend erhoben.<br />

IV Reformansätze gibt es in allen Ländern und in vielen<br />

Schulen, sie sind teilweise koordiniert, teilweise nicht. Es<br />

fehlt ein einheitlicher Rahmen; ob die Reformen letztlich<br />

mit vergleichbaren Zielen entwickelt werden, ist offen.<br />

Einige Schulen arbeiten mehr oder weniger auf eigene<br />

Faust, einige im Rahmen von Landesprogrammen.<br />

Schulen sehen sich oft überfordert, weil Reformansätze<br />

schnell wechseln oder zu viele auf einmal stattfinden.<br />

Die Politik der Länder geht sehr unterschiedliche Wege,<br />

die Föderalismusreform wird die Auseinanderentwicklung<br />

begünstigen. Manche Reformen kann man weder<br />

der Reformpädagogik noch den neuen �Reformen� zuordnen:<br />

sie sind populistische Versuche, Beschwerden<br />

der Eltern oder Öffentlichkeit stattzugeben (�kein Unterrichtsausfall�,<br />

Noten statt Berichtszeugnisse, Benotung<br />

des Arbeits- und Sozialverhaltens), oder technokratische<br />

Vorhaben, den Elternwillen zu steuern oder Schulstrukturprobleme<br />

zu vermeiden (Übergangsregulierungen).<br />

a) Ein Urteil über Reformansätze kann nur subjektiv<br />

sein, denn die Vielfalt dessen, was passiert, erschwert<br />

jede Übersicht. Im Vordergrund stehen Selbstständigkeit<br />

der Schule, Ganztagsschule, Reaktionen auf PISA, die<br />

Qualitätsentwicklung und die Evaluation. Aber auch<br />

�Strukturen� werden in vielen Ländern verändert: ich<br />

nenne etwa die schleswig-holsteinische Gemeinschaftsschule,<br />

die bayrische Realschule (6 statt bisher 4 Jahre),<br />

die brandenburgische Oberschule, die Regionalschule in<br />

Rheinland-Pfalz, das 8jährige Gymnasium, die bayrische<br />

�berufliche Oberschule.�<br />

b) Es gibt viele unterschiedliche Akteure außerhalb der<br />

Schule: die Landesregierungen, bisher die Bundesregierung,<br />

Stiftungen (wie Bertelsmann, Bosch, Hertie, Kinder-<br />

und Jugendstiftung usw.), das �Netzwerk�, Club of<br />

Rome-Schulen, �Blick über den Zaun�, Wettbewerbe;<br />

auch Einzelpersonen wie Reinhard Kahl.<br />

c) Dauerhafte Veränderungen einer Schule, die sich nur<br />

auf schulinterne Meinungs- und Willensbildung stützen,<br />

scheinen eher selten zu sein. Politisch initiierte Refor-

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