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PDF 8.8 MB - orden pour le mérite

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Diskussion vornehmlich mit den äußeren Strukturen des Schulwesens,<br />

also dem Angebot des Staates, statt mit seinem inneren Zustand.<br />

Das verführt zu der Meinung, die Schu<strong>le</strong> biete, im Gegensatz<br />

zur Ausbildung in einem Lehrberuf, eine Art Behandlung an, der<br />

man sich einfach unterziehen könne. Gute Lehrer wecken zwar, etwa<br />

im Mathematikunterricht der Sekundarschu<strong>le</strong>, die Einsicht, daß<br />

man nach den Worten eines italienischen Humanisten »sein eigener<br />

Bildhauer«, also aktiv sein müsse. Wo man aber im Sprach- und Literaturunterricht<br />

das Erkennen, Finden und Anwenden des genauen<br />

Ausdrucks vernachlässigt, festigt sich mit der Gewöhnung an bloßes<br />

Nachsprechen gerade die passive Haltung. Jede Zeitung verrät diesbezügliche<br />

Versäumnisse unserer Schu<strong>le</strong>n, u.a. mit der meist unnötigen<br />

Übernahme immer neuer Modewörter und Clichés.<br />

Ohne meine déformation professionel<strong>le</strong> zu ver<strong>le</strong>ugnen, möchte ich<br />

an dieser Stel<strong>le</strong> ein Wort für die alten Sprachen ein<strong>le</strong>gen. Weil man<br />

einen alten Griechen oder Römer nicht mehr um Rat fragen kann,<br />

erschließen sich ihre Texte nur durch sorgfältige Analyse des Wortlautes.<br />

Solch intensives Nachdenken hilft wenig, wo man eine<br />

gesprochene Sprache meistern will. Nachahmung, Anpassung und<br />

Wahrnehmung der Gesprächssituation sind hier viel nützlicher.<br />

Wohl aber schärft die Ref<strong>le</strong>xion auf Eigenheiten und Strukturen<br />

fremder Sprachen das Bewußtsein von den Grenzen und Möglichkeiten<br />

der Muttersprache. Unsere europäischen Sprachen wurden zu<br />

Kultur- und Wissenschaftssprachen unter dem disziplinierenden<br />

Einfluß der klassischen Sprachen, die sich damals längst vom Idiom<br />

des Alltags getrennt hatten. Waren sie deshalb »tot«? Goethe war<br />

anderer Meinung:<br />

Tote Sprachen nennst du die Sprache des Flaccus und Pindar,<br />

und von beiden nur kommt, was in den unsrigen <strong>le</strong>bt.<br />

Gerade um unserer eigenen Sprache wil<strong>le</strong>n hüten wir also die altsprachliche<br />

Tradition. Zwar kann gewiß nicht jedermann etwas mit<br />

ihr anfangen. Doch inhaltliche Bildungsunterschiede sollten uns,<br />

die wir jetzt gern von Exzel<strong>le</strong>nz reden, eigentlich nicht schrecken.<br />

Aus den Wissenschaften melden sich nicht selten Fürsprecher jener<br />

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