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Dissertation Geißler - ProfNet

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Gewissen eben nur vor einem konkreten Verhalten warnen kann, d. h.<br />

also nur vor dem Töten, Verletzen im konkreten Kriegsfall. Davon<br />

ist scharf die Normerkenntnis zu trennen, die zu diesem Gewissensurteil<br />

führt. Diese Normerkenntnis kann, wie wir gesehen haben, verschiedenartig<br />

sein, also vom abstrakten Tötungsverbot bis zur differenzierten<br />

Verurteilung des Tötens durch atomare Waffen reichen.<br />

Wenn nun aber feststeht, daß das Gewissen immer nur Uber das Töten<br />

in einem bestimmten Krieg urteilen kann, so muß die die konkrete<br />

KV ablehnende Auffassung genauer so formuliert werden: "Nur derjenige<br />

wird in Art. 4 III 1 geschützt, der das Töten in einem bestimmten<br />

Krieg auf Grund eines Gewissen Urteils ablehnt, das auf der<br />

Erkenntnis eines allgemeinen Tötungsverbotes im<br />

Kriege beruht. Und die Begründung dieser These müßte lauten:<br />

Nur diese Normerkenntnis kann zu dem Gewissensurteil führen,<br />

welches das Töten in dem betreffenden Krieg verbietet.<br />

Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann dann beurteilt werden, wenn<br />

wir uns daran erinnern, was eigentlich unmittelbar dem Gewissensurteil<br />

vorausgeht: nämlich ein "Urteil über die Erlaubtheit der geplanten<br />

Verhaltungsweise Dieses Urteil erwächst aus einem Vergleich,<br />

dessen erstes Beziehungsglied die Vorstellung der unsittlichen<br />

Handlung, dessen zweites der verpflichtende Wert ist." Für das<br />

Gewissensurteil ist also nur eine Werterkenntnis nötig, die ein Urteil<br />

über das konkrete Verhalten ermöglicht. Dazu genügt aber schon<br />

die Erkenntnis: "Du sollst jetzt, unter diesen Umständen nicht töten".<br />

Wie diese Erkenntnis erfahren wird, kann dabei offenbleiben; sie<br />

kann jedenfalls auch intuitiv erfaßt werden. Das bedeutet jedoch,<br />

daß eine intellektuell - abstrakte Ableitung oder Begründung dieser<br />

Erkenntnis für das Gewissensurteil zwar möglich, jedoch nicht notwendig<br />

ist. Das intuitive Erfassen des "Ich darf jetzt nicht töten",<br />

verzichtet daher auch auf die Ableitung: "weil das Töten allgemein<br />

verboten ist" oder: "weil mir die Regierung nicht gefällt".<br />

Sonst wäre die Konsequenz unausweichlich, daß jedes Gewissensurteil<br />

intellektuell begründbar sein müßte. 1 5 )<br />

Aber auch bei einer rational - abstrakt gewonnenen Erkennt-<br />

15) Hierin liegt der tiefere Grund für die im Ergebnis richtige Auffassung<br />

Arndts, daß der Gewissensbegriff des Art. 4 III 1 nicht<br />

intellektualisiert werden dürfe (Arndt, Adolf, Das Grundrecht<br />

der Kriegsdienstverweigerung, NJW 1957/362 Sp. 2).

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