Dissertation GeiÃler - ProfNet
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- 159 -<br />
II. Die verfassungsgemäße Behandlung kriegsdienstverweigernder Soldaten<br />
bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung.<br />
1. Als noch schwieriger erweist sich eine befriedigende Lösung für<br />
den Fall, daß ein S o l d a t , etwa mitten im Einsatz, die<br />
Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer verlangt. Daß ein solches<br />
Verhalten mit dem Gewissen durchaus vereinbar ist, beweist die Situationsgebundenheit<br />
und die Bildungsfähigkeit des Gewissens; es<br />
kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Kriegsdienst vom Gewissen<br />
des einzelnen - vielleicht infolge von seelisch aufwühlenden<br />
Kriegserlebnissen - nachträglich anders beurteilt wird, als vorher<br />
(z.B. in Friedenszeiten). 1 ')<br />
Auch das WpflG trägt dem Rechnung. Zunächst kann aus der Formulierung<br />
des § 26 II Satz 3 WpflG ("Der Antrag eines ungedienten<br />
Wehrpflichtigen soll vierzehn Tage vor der Musterung eingereicht<br />
werden") im Umkehrschluß gefolgert werden, daß auch dienende oder<br />
gediente Wehrpflichtige einen Antrag stellen können, da Satz 3 als<br />
Ausnahmeregelung speziell für u n g e d i e n t e Wehrpflichtige<br />
das Antragsrecht a l l e r Wehrpflichtigen stillschweigend<br />
voraussetze. Tatsächlich wurde in der 3. Lesung des WpflG im<br />
2. deutschen Bundestag diese Bestimmung auch so ausgelegt; 18)<br />
Auch daraus, daß § 26 II Satz 3 nur eine Sollvorschrift darstellt, ist<br />
zu entnehmen, daß der Antrag auch noch später gestellt werden kann.<br />
Eine klare gesetzliche Bestätigung findet sich in § 29 I Ziff. 4 WpflG,<br />
wonach ein d i e n e n d e r Soldat aus dem Wehrdienst zu<br />
entlassen ist, wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt wurde<br />
und keinen Antrag auf Heranziehung zum waffenlosen Dienst gestellt<br />
hat; auch die amtliche Begründung des Entwurfs zum WpflG führt<br />
aus, daß es "aus verfassungsrechtlichen und in der Natur der Sache<br />
liegenden Gründen unzulässig" sei, "für Anträge auf Anerkennung<br />
als Kriegsdienstverweigerer eine Ausschlußfrist zu setzen. " 1 9 ) Damit<br />
ist also klargestellt, daß ungediente, dienende und gediente<br />
17) Die anfängliche Bejahung der Wehrpflicht bedeutet daher auch<br />
keinen Verzicht auf die Inanspruchnahme des Rechtes aus<br />
Art. 4 III 1; dessen Voraussetzungen lagen zunächst einfach noch<br />
nicht vor. Zutreffend: Eilinghaus, Gutachten, S. 40.<br />
18) 2.dt.BT, 159.Sitzung, Prot. S. 8859 A; schon der Verteidigungsausschuß<br />
hatte sich mit dieser Frage beschäftigt (2. dt. BT,<br />
VertA, Bericht S. 2).<br />
19) 2.dt.BT, Entwurf WpflG, S. 33.