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Dissertation Geißler - ProfNet

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Produktionsmitteln erhalten; oder im ähnlichen Verhältnis : Du<br />

sollst nicht töten - Auch Verteidigungskriege sind unsittlich. Die<br />

Schwierigkeit des Erkennens solcher abgeleiteter Normen nimmt<br />

zu, je mehr die Frage nach der Gültigkeit derselben nicht nur von<br />

Rechtsfragen sondern auch von den tatsächlichen Umständen abhängt.<br />

Ein Beispiel: Von verschiedenen Moraltheologen wird die Anwendung<br />

von Atomwaffen dann als sittlich unzulässig verworfen,<br />

wenn sie sich der Kontrolle durch den Menschen entzieht. Diese<br />

Bedingung ist jedoch eine quaestio facti, die dazuhin in diesem<br />

konkreten Fall überhaupt nur von Spezialisten geklärt werden kann.<br />

Aus diesen Gründen ist es möglich, daß der Mensch in einer bestimmten<br />

Situation gar nicht zu einer klaren Erkenntnis des höheren Wertes<br />

kommt : Er ist z.B. bereit, das Vaterland zu verteidigen, jedoch<br />

nicht mit atomaren Waffen, falls ihre Anwendung sich jeder<br />

Kontrolle entzöge. Gerade dies weiß er aber nicht sicher und<br />

so weiß er auch nicht, was er tun soll, was besser ist. Dieser innere<br />

Widerstreit wird oft falsch als Gewissenskonflikt bezeichnet.<br />

In dieser Lage ist für ihn ein Gewissenserlebnis noch gar nicht möglich.<br />

32) Erst wenn er die Unsittlichkeit einer Anwendung atomarer<br />

Waffen und damit auch die Beteiligung an einem atomaren Krieg<br />

als unsittlich klar erkannt hat und sich zu einem entsprechenden<br />

Verhalten personal verpflichtet fühlt, obwohl andererseits an ihn die<br />

Aufforderung herangetragen wird, in einem solchen Krieg Wehrdienst<br />

zu leisten - erst dann kommt es zu einem Gewissenskonflikt:<br />

Das Gewissen warnt ihn, dieser staatlichen Verpflichtung zu folgen.<br />

In der erstgenannten Situation dagegen spricht das Gewissen nicht,<br />

weil es gar nicht weiß, wie es urteilen soll. Es wird nicht bestritten,<br />

daß hier im Einzelfall eine echte und ernste Pflichtenkollision vorliegen<br />

kann, für deren Lösung die verschiedenen ethischen Systeme<br />

viele Ansatzpunkte bieten, - es sei hier nur an die Lehren des<br />

Probabilismus, des Probabiliorismus, des Tutiorismus u. ä. erinnert.<br />

Urteil miteinbezogen werden. Die Evidenz des Naturrechts<br />

läßt daher nach, je weiter sich der menschliche Verstand von<br />

den evidenten Prinzipien wegdeduziert, d. h. das Erkennen und<br />

Erfassen einer durchaus richtig abgeleiteten Norm des angewandten<br />

Naturrechts ist nicht mehr für alle Menschen im gleichen<br />

Maße vollziehbar.<br />

32) Vergl.: Müncker, Die psychologischen Grundlagen, S. 47; a. A.<br />

Arndt, Adolf, .Schriftsatz, in dem Verfahren vor dem ßundesverfassungsgericnt<br />

über die veriassungsbeschwerde Friedrich<br />

Dorlaß u. a. -1 BvR- 416/56 - vom 11. 3.1957, S. 11.

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