Dissertation GeiÃler - ProfNet
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aber auch Gleichwertigkeit des Ersatzdienstes. ' Beide Formen<br />
des Einsatzes für die Erhaltung des Gemeinwesens ergänzen sich.<br />
Auch derjenige, der im Ernstfall nicht an Tätigkeiten beteiligt ist,<br />
die ausschließlich final auf die Tötung des Gegners ausgerichtet<br />
sind, kann das Gemeinwesen mitverteidigen, wenn er durch die zivilen<br />
Ersatzdienste die Voraussetzungen für die innere Ordnung des<br />
Gemeinwesens schafft, ohne die eine wirksame äußere Verteidigung<br />
nicht möglich ist.<br />
Auch für die analoge Ausdehnung dieser Inhalte des Art. 4 III 1 gilt<br />
der Grundsatz, daß das Recht auf Gewissensfreiheit grundsätzlich<br />
nicht von einer durch das Gemeinwohl geforderten allgemeinen<br />
Rechtspflicht befreit, sondern den Staat zur Gewährleistung von<br />
Möglichkeiten zwingt, die eine gewissenskonforme Erfüllung<br />
dieser Rechtspflicht erlauben.<br />
Zu derartigen allgemeinen Rechtspflichten gehört z.B. die generelle<br />
Schulpflicht, die Steuerpflicht, die Verteidigungspflicht als allgemeine<br />
Handlungspflichten. Ob darüber hinaus das bisher Gesagte<br />
ebenfalls auf jene Fälle von staatlichem Zwang zum Handeln angewandt<br />
werden kann, die sich aus der Sozialstaatsentscheidung der<br />
Verfassung ergeben, 2 3 ) soll hier als Frage offengelassen werden.<br />
Da die Auffassungen Uber die Gerechtigkeit bestimmter Sozialordnungen<br />
weitgehend von weltanschaulichen Positionen her benimmt<br />
sind, sind auch hier Gewissenskonflikte durchaus denkbar. Eine seelische<br />
oder leibliche Gefährdung anderer läßt sich allerdings bei der<br />
Sozialgestaltung des Staates schlecht vorstellen.<br />
3. Diese aus Art. 4 III 1 entwickelte Konzeption der Gewissensfreiheit<br />
gibt auch für die Drittwirkung der Gewissensfreiheit im Privatrechtsverkehr<br />
grundlegende Anhaltspunkte zu erkennen. Auch hier<br />
22) In diesem Sinn muß § 3 WpflG verstanden werden, wenn es dort<br />
heißt, daß "die Wehrpflicht durch den Wehrdienst ...<br />
oder durch den zivilen Ersatzdienst erfüllt... " wird.<br />
(Auszeichnung von mir). Wird hier die Wehrpflicht als Verteidigungspflicht<br />
begriffen, so ist § 3 1 WpflG in vollem Umfang verfassungsgemäß<br />
und gerade mit Art. 4 III 1 übereinstimmend.<br />
23) Vgl.: Dürig, Günter, Verfassung und Verwaltung im Wohlfahrtsstaat,<br />
JZ 1953/193 (Der Sozialauftrag der Verfassung bedeutet<br />
den Umschlag "vom bloßen Verbot des unsozialen Handelns in<br />
ein positiv - rechtliches Gebot zum sozialen Verhalten"); Fechner<br />
Erich, Freiheit und Zwang im sozialen Rechtsstaat, in: Recht<br />
und Staat in Geschichte und Gegenwart, Heft 174, Tübingen<br />
1953, S. 14 ff..