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Dissertation Geißler - ProfNet

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- 135 -<br />

aber auch Gleichwertigkeit des Ersatzdienstes. ' Beide Formen<br />

des Einsatzes für die Erhaltung des Gemeinwesens ergänzen sich.<br />

Auch derjenige, der im Ernstfall nicht an Tätigkeiten beteiligt ist,<br />

die ausschließlich final auf die Tötung des Gegners ausgerichtet<br />

sind, kann das Gemeinwesen mitverteidigen, wenn er durch die zivilen<br />

Ersatzdienste die Voraussetzungen für die innere Ordnung des<br />

Gemeinwesens schafft, ohne die eine wirksame äußere Verteidigung<br />

nicht möglich ist.<br />

Auch für die analoge Ausdehnung dieser Inhalte des Art. 4 III 1 gilt<br />

der Grundsatz, daß das Recht auf Gewissensfreiheit grundsätzlich<br />

nicht von einer durch das Gemeinwohl geforderten allgemeinen<br />

Rechtspflicht befreit, sondern den Staat zur Gewährleistung von<br />

Möglichkeiten zwingt, die eine gewissenskonforme Erfüllung<br />

dieser Rechtspflicht erlauben.<br />

Zu derartigen allgemeinen Rechtspflichten gehört z.B. die generelle<br />

Schulpflicht, die Steuerpflicht, die Verteidigungspflicht als allgemeine<br />

Handlungspflichten. Ob darüber hinaus das bisher Gesagte<br />

ebenfalls auf jene Fälle von staatlichem Zwang zum Handeln angewandt<br />

werden kann, die sich aus der Sozialstaatsentscheidung der<br />

Verfassung ergeben, 2 3 ) soll hier als Frage offengelassen werden.<br />

Da die Auffassungen Uber die Gerechtigkeit bestimmter Sozialordnungen<br />

weitgehend von weltanschaulichen Positionen her benimmt<br />

sind, sind auch hier Gewissenskonflikte durchaus denkbar. Eine seelische<br />

oder leibliche Gefährdung anderer läßt sich allerdings bei der<br />

Sozialgestaltung des Staates schlecht vorstellen.<br />

3. Diese aus Art. 4 III 1 entwickelte Konzeption der Gewissensfreiheit<br />

gibt auch für die Drittwirkung der Gewissensfreiheit im Privatrechtsverkehr<br />

grundlegende Anhaltspunkte zu erkennen. Auch hier<br />

22) In diesem Sinn muß § 3 WpflG verstanden werden, wenn es dort<br />

heißt, daß "die Wehrpflicht durch den Wehrdienst ...<br />

oder durch den zivilen Ersatzdienst erfüllt... " wird.<br />

(Auszeichnung von mir). Wird hier die Wehrpflicht als Verteidigungspflicht<br />

begriffen, so ist § 3 1 WpflG in vollem Umfang verfassungsgemäß<br />

und gerade mit Art. 4 III 1 übereinstimmend.<br />

23) Vgl.: Dürig, Günter, Verfassung und Verwaltung im Wohlfahrtsstaat,<br />

JZ 1953/193 (Der Sozialauftrag der Verfassung bedeutet<br />

den Umschlag "vom bloßen Verbot des unsozialen Handelns in<br />

ein positiv - rechtliches Gebot zum sozialen Verhalten"); Fechner<br />

Erich, Freiheit und Zwang im sozialen Rechtsstaat, in: Recht<br />

und Staat in Geschichte und Gegenwart, Heft 174, Tübingen<br />

1953, S. 14 ff..

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