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Dissertation Geißler - ProfNet

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In diesem Zusammenhang sei noch auf folgendes hingewiesen: Vor ^<br />

Versuchen, das Gewissen, vor allem das der Kriegsdienstverweige- I<br />

rer, als psychopathologische Erscheinung zu klassifizieren, ^6) kann I<br />

nicht nachdrücklich genug gewarnt werden. ^) Mit Recht schreibt —<br />

Eisermann: "Die Behauptung, daß sich in den Gewissenserlebnissen<br />

eine Ähnlichkeit mit den Minderwertigkeitsgefühlen der Neurotiker<br />

zeige, bezieht sich nur auf die funktionale Seite der psychischen<br />

Prozesse, nicht auf deren Sinngehalt. Sie übersieht, daß es<br />

sich beim Gewissen erstens um normale, zweitens um echte,<br />

d.h. auf reale Schuld zurückgehende Unwerterlebnisse handelt. Weder<br />

sind Gewissen und Neurose identisch, noch resultieren alle<br />

neurotischen Erscheinungen und psychoanalytischen Konflikte aus<br />

verdrängten Gewissensregungen. " ^ Das bedeutet,daß eine KV aus<br />

pathologischen Ursachen nur dann als gegeben angenommen werden<br />

kann, wenn auch sonst pathologische Zustände bei dem betreffenden<br />

Menschen festzustellen sind. Oder umgekehrt: Die Tatsache der<br />

KV als solcher kann auf keinen Fall schon als neurotische Erscheinung<br />

gewertet werden. Um eine solche Annahme rechtfertigen zu können,<br />

müssen schwerwiegende andere Umstände hinzutreten.<br />

4. Beeinflussungsmöglichkeiten der Gewissensentscheidung.<br />

Während das Gewissensurteil durch die genannten psychotechnischen<br />

Verfahren beeinträchtigt werden kann, sind die Anwendungsmöglichkeiten<br />

von Zwang bei der Gewissensentscheidung weitaus größer,<br />

obwohl es sich auch hier noch um einen innermenschlichen Vorgang<br />

handelt. Er kann jedoch-im Gegenteil zum Gewissensurteil vom<br />

Willen der Person beeinflußt werden und ist daher auch jenen<br />

staatlichen Maßnahmen ausgesetzt, die auf die Willensbildung eines<br />

Menschen einwirken können. Wenn auch absoluter physischer Zwang<br />

hier ausscheidet, so sind doch alle anderen Zwangsmittel gegeben,<br />

vor allem psychischer Zwang in der Form der Drohung. Die Entscheidung<br />

wird je nach der Intensität der Zwangsmaßnahme einerseits u.<br />

der Intensität der Gewissensverpflichtung andererseits ausfallen.<br />

36) So u. a. Nietzsche, Friedrich, Zur Genealogie, der Moral, 2. Abh.,<br />

Kröner, Stuttgart 1921, S. 341 ff.; Freud, Sigmund, Das Ich<br />

und das Es, Wien 1923, S. 75 (Gewissensangst als Kastrationsangst.)<br />

37) Für die Widerlegung dieser Theorien darf auf die genannten<br />

Werke von Müncker, Stoker, Matussek, Eisermann, verwiesen<br />

werden.<br />

38) Eisermann, Gewissenserziehung, S. 40 f..

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