Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
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TiTelThema<br />
Zahl der Neuerkrankungen steigt 2050 um<br />
�<br />
27 Prozent<br />
Vor ganz neue Probleme stellt das Gesundheitssystem<br />
die steigende Zahl langzeitüberlebender<br />
Krebspatienten: Bereits heute gibt es einen gewaltigen<br />
Versorgungsbedarf, der weit über die Primärtherapie<br />
hinausgeht. Dieser Bedarf an medizinischer<br />
Nachsorge, psychoonkologischer Betreuung<br />
und Rehabilitation wird in den nächsten Jahren<br />
noch deutlich zunehmen, erklärte Prof. Alexander<br />
Katalinic aus Lübeck. Epidemiologe Katalinic –<br />
er ist Leiter der Registerstelle des Krebsregisters<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holstein (im Internet: www.krebsregistersh.de)<br />
– geht davon aus, dass in Deutschland etwa<br />
vier Millionen Menschen leben, die aktuell an Krebs<br />
erkrankt sind oder eine Erkrankung hinter sich haben<br />
– angesichts der besseren Überlebenschancen<br />
mit weiter steigender Tendenz. Diese Entwicklung<br />
kommt nicht ganz überraschend und wird im<br />
von der Deutschen Krebsgesellschaft, der Bundesregierung,<br />
der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren<br />
und der Deutschen Krebshilfe 2008 initiierten<br />
Nationalen Krebsplan, in dem der Kampf<br />
gegen die Volkskrankheit Krebs besser strukturiert<br />
werden soll, thematisiert.<br />
Katalinics Berechnungen zufolge wird die Zahl<br />
der Krebsneuerkrankungen bis 2020 um 16 Prozent<br />
auf 535.000 und bis 2050 um 27 Prozent auf<br />
588.000 jährlich steigen. Dies hat ausschließlich<br />
mit dem demografischen Wandel zu tun: „Das altersspezifische<br />
Erkrankungsrisiko ist bei unseren<br />
Berechnungen über die Zeit konstant geblieben;<br />
verändert hat sich nur die Bevölkerung, die immer<br />
älter wird.“ Drei der vier häufigsten Tumorarten,<br />
so Katalinic bei einem Symposium in Berlin, werden<br />
von dem Anstieg in besonderem Maße betroffen<br />
sein: Darmkrebs mit 109.000 jährlichen Neuerkrankungen<br />
(+ 40 Prozent von heute bis 2050),<br />
Prostatakrebs (88.000, + 39 Prozent) und Lungenkrebs<br />
(62.000, + 26 Prozent). Lediglich die Zahl der<br />
Brustkrebsneuerkrankungen wird sich nach einem<br />
weiteren Anstieg in den nächsten Jahren bis 2050<br />
auf das derzeitige Niveau von knapp 60.000 Neuerkrankungen<br />
einpendeln. Das liegt vor allem daran,<br />
dass Brustkrebsneuerkrankungen eher im mittleren<br />
Alter (50 bis 70 Jahre) auftreten. Im Gegensatz<br />
zur Zahl der älteren Frauen, die deutlich ansteigen<br />
wird, bleibt das mittlere Alterssegment zahlenmäßig<br />
relativ konstant.<br />
16 <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holsteinisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong><br />
deutung ist. Hier konnten mit einem spezifischen<br />
Hedgehog-Inhibitor (GDC-0449) bei der Mehrzahl<br />
der behandelten Patienten mit metastasierenden<br />
oder austherapierten Basalzellkarzinomen therapeutische<br />
Erfolge im Sinne einer Tumorremission erzielt<br />
werden. In der Phase I-Studie zeigte sich nur eine<br />
geringe Toxizität dieses neuen, oral zu verwendenden<br />
Therapieverfahrens. Eine Phase II-Zulassungsstudie<br />
wird auch in Deutschland durchgeführt. Die<br />
drei deutschen Zentren, in denen geeignete Patienten<br />
vorgestellt werden können, befinden sich in<br />
Würzburg, Essen und Kiel (Studienzentrale der Hautklinik<br />
des Universitätsklinikums <strong>Schleswig</strong>-Holstein,<br />
Campus Kiel; Tel. 0431/597-3994 oder -1852).<br />
Mit den zielgerichteten Therapien stehen nun erstmals<br />
Substanzen zur Verfügung, die ganz offenbar bessere<br />
Ergebnisse als konventionelle Therapieverfahren<br />
bringen. „Die klinische Überprüfung dieser Substanzen<br />
im Rahmen randomisierter Zulassungsstudien<br />
bleibt allerdings noch abzuwarten“, warnt Hauschild<br />
vor zu großen Erwartungen. Schließlich wurden hier,<br />
insbesondere beim malignen Melanom, auch bereits<br />
enttäuschende finale Studienergebnisse publiziert.<br />
Größeren Effekt als alle therapeutischen Innovationen<br />
haben Früherkennung und Prävention von Hautkrebs,<br />
betonte Prof. Hauschild. Ein Meilenstein sei<br />
die Einführung des gesetzlichen Hautkrebsscreenings<br />
zum 1. Juli 2008 gewesen, die in Deutschland<br />
zu einer hohen Akzeptanz bei Ärzten und in der Bevölkerung<br />
geführt hat. „Grundlage für die Einführung<br />
war ein Modellversuch in <strong>Schleswig</strong>-Holstein in den<br />
Jahren 2003 und 2004“, erinnerte Hauschild. Damals<br />
wurden 366.000 Frauen und Männer von Dermatologen<br />
und anderen Ärzten gescreent. Bei den insgesamt<br />
425.000 Untersuchungen konnten mehr als<br />
3.000 Tumoren diagnostiziert werden, darunter auch<br />
568 Melanome.<br />
„Brustkrebs bleibt die interdisziplinäre Herausforderung<br />
der Zukunft“, sagte Prof. Walter Jonat, Direktor<br />
der Universitätsfrauenklinik Kiel, beim abschließenden<br />
Symposium, das sich mit der Onkologie im<br />
Jahre 2020 beschäftigte. „Aber wir dürfen nicht vergessen,<br />
was wir schon erreicht haben: zum einen auf<br />
dem Gebiet der Krebsfrüherkennung und zum anderen<br />
mit der beinahe vollständigen Behandlung aller<br />
Patientinnen in zertifizierten Brustzentren, in denen<br />
eine leitliniengerechte Therapie nach dem neuesten<br />
Stand der Wissenschaft angeboten werden kann.“<br />
Brustkrebs ist mit etwa 28 Prozent die häufigste<br />
Krebserkrankung bei Frauen. Rund 57.000 Mal im