Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
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Medizin und Wissenschaft<br />
Sport und Bewegungstherapie<br />
Ambulante Reha für Patienten aus<br />
Hockergruppen senkt Mortalität<br />
Herzgruppen sind im Norden weit verbreitet. Für Patienten mit geringer Dauerbelastbarkeit<br />
gibt es bislang aber nur wenige ambulante Reha-Angebote.<br />
Nach einem akuten Ereignis, z. B. einem Herzinfarkt<br />
oder einer Bypass-Operation, kommt ambulanten<br />
Herzgruppen, auch Herzsportgruppen genannt, im<br />
Anschluss an die meist stationäre Reha große Bedeutung<br />
zu. In <strong>Schleswig</strong>-Holstein gibt es derzeit 150<br />
bis 200 ambulante Herzgruppen für chronisch Herzkranke,<br />
die entweder über die Landesarbeitsgemeinschaft<br />
Herz und Kreislauf in <strong>Schleswig</strong>-Holstein e. V.<br />
oder den Rehabilitations- und Behinderten-Sportverband<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holstein e.V. organisiert sind. Voraussetzung<br />
für die Teilnahme an einer ambulanten<br />
Herzgruppe ist eine Dauerbelastbarkeit von mindestens<br />
50 Watt für die Übungsgruppe oder 75 Watt für<br />
die Trainingsgruppe. Für chronisch Herzkranke mit<br />
einer geringeren Dauerbelastbarkeit, insbesondere<br />
für Patienten mit Herzinsuffizienz, die während der<br />
stationären Rehabilitation einer Hockergruppe zugeordnet<br />
wurden, gibt es für die ambulante Reha landesweit<br />
jedoch nur wenige Angebote.<br />
Eines davon ist eine Herzsportgruppe, die sich zweimal<br />
pro Woche im Mare Aktiv Reha-Zentrum Ostseeküste<br />
in Kronshagen trifft. Im Mittelpunkt steht eine<br />
medizinische Trainingstherapie (MTT) an modernen<br />
Geräten, mit deren Hilfe ein individuell dosiertes<br />
Kraftausdauertraining durchgeführt wird. Übungen<br />
im Rahmen der MTT an Geräten lassen sich gut<br />
dosieren und steuern, sodass Überlastungen vermieden<br />
werden können. Deshalb eignet sich die<br />
MTT auch für eine Sport- und Bewegungstherapie<br />
von herzinsuffizienten Patienten. Daneben stehen<br />
bei den Gruppentreffen gymnastische Übungen zur<br />
Verbesserung von Koordination, Flexibilität und Körperwahrnehmung<br />
mit dem Ziel der Sturzprophylaxe<br />
und Übungen zur Entspannung auf dem Programm.<br />
Jeder Teilnehmer erhält einen individuellen Übungsplan,<br />
der nicht nur seine Herz-Kreislaufbelastbarkeit,<br />
sondern auch orthopädisch-neurologische Probleme<br />
berücksichtigt. Die Sport- und Bewegungstherapie<br />
wird von einer Diplom-Sportlehrerin angeleitet.<br />
Es finden regelmäßig Gepräche mit dem betreuen-<br />
58 <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holsteinisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong><br />
den Arzt statt, in denen über Risiko- und Schutzfaktoren<br />
von Herzkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen<br />
informiert und zu Lebensstiländerungen<br />
motiviert wird. Falls bei einem Patienten mit einer<br />
chronischen Herzerkrankung, z. B. einer koronaren<br />
Herzkrankheit oder einem Zustand nach Herzklappenoperation,<br />
eine Sport- und Bewegungstherapie<br />
vom behandelnden Arzt in Betracht gezogen wird,<br />
übernehmen die Krankenkassen in der Regel die<br />
Kosten für die Teilnahme am Rehasport in ambulanten<br />
Herzgruppen für 90 Übungseinheiten innerhalb<br />
von 30 Monaten. Voraussetzung ist ein Antrag auf<br />
Kostenübernahme bei der zuständigen Krankenkasse<br />
mit dem Formblatt 56. Auch Patienten mit einer<br />
geringeren Belastbarkeit, die bisher für eine ambulante<br />
Herzübungsgruppe nicht in Betracht gezogen<br />
wurden, kommen für diese Sport- und Bewegungstherapie<br />
infrage. Bei dieser Patientengruppe ist eine<br />
darüber hinausgehende Finanzierung des Rehabilitationssports<br />
zulasten der Krankenkasse im Umfang<br />
von weiteren 90 Übungseinheiten innerhalb eines<br />
Zeitraums von weiteren 30 Monaten gesetzlich geregelt.<br />
Voraussetzung für die Ausstellung einer Folgebescheinigung<br />
durch den behandelnden Arzt ist der<br />
Nachweis einer reduzierten linksventrikulären Funktion<br />
(EF < 40 Prozent) und eine mindestens einmal<br />
wöchentliche regelmäßige Teilnahme an einer ambulanten<br />
Herzgruppe.<br />
Der Nutzen einer Sport- und Bewegungstherapie ist<br />
auch bei herzinsuffizienten Patienten wissenschaftlich<br />
gut belegt. So konnten Piepoli und Mitarbeiter<br />
2004 in einer überzeugenden Metaanalyse eine Reduktion<br />
der Gesamtmortalität um 35 Prozent sowie<br />
der Hospitalisierungsrate um 28 Prozent durch eine<br />
entsprechende Sport- und Bewegungstherapie bei einer<br />
herzinsuffizienten Patientengruppe nachweisen.<br />
Literatur bei den Verfassern oder im Internet unter<br />
www.aeksh.de<br />
Prof. Dr. Klaus-Dieter Kolenda, Kronshagen, Antje<br />
Walter, Diplom-Sportlehrerin, Kiel