Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
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Gesundheits- und sozialpolitik Bücher<br />
Werner Bartens<br />
„Denken Sie den Schmerz weg,<br />
entdecken Sie neue Ressourcen“<br />
In seinem neuesten Buch beschäftigt sich der unter Ärzten umstrittene Autor mit<br />
der pathogenetischen Psychosomatik.<br />
Inwiefern negative Gefühle und Gedanken auch körperlich<br />
krankmachen können, zeigt die pathogenetische<br />
Psychosomatik. Umgekehrt sind viel mehr Beschwerden<br />
als oft angenommen durch positive Gefühle<br />
und Gedanken zu vermeiden oder zu lindern,<br />
so Dr. Werner Bartens in seinem soeben erschienenen<br />
Buch: „Körperglück. Wie gute Gefühle gesund<br />
machen. Zunächst demonstriert der für die Süddeutsche<br />
Zeitung tätige Autor an realistischen Beispielen,<br />
auf welche Weise negative Gefühle wie Angst<br />
und Ärger sowie negative Gedanken krankmachen:<br />
Sie behindern Immunzellen und erhöhen damit<br />
das Infektionsrisiko. Die Wundheilung wird gestört,<br />
Thrombosen werden gefördert. Im Gehirn wird die<br />
Wirkung von „Glückshormonen“ blockiert und dadurch<br />
Schmerz stärker empfunden. Wer überzeugt<br />
ist, dass er schwer krank ist oder eine schlechte Prognose<br />
hat, erkrankt auch stärker und hat tatsächlich<br />
eine schlechtere Prognose: „Aus diesem Grund können<br />
unbedachte Äußerungen von Ärzten so schädlich<br />
sein“, schreibt Bartens, der mit Äußerungen in<br />
früheren Büchern unter Ärzten zum Teil massive Verärgerung<br />
ausgelöst hatte.<br />
Immer noch unterschätzte Gesundheitsfaktoren, so<br />
Bartens, kämen hingegen aus einer guten Partnerschaft:<br />
Schon freundliche Zuwendung und Zärtlichkeit<br />
senkten den Blutdruck, beugten Infarkt, Schlaganfall<br />
oder Zwölffingerdarmgeschwüren vor. Ähnlich<br />
bei nervösen Kindern: „Kindern mehr Zeit, mehr<br />
Sport, mehr Lehrer und mehr Zuwendung zu gönnen<br />
wäre sinnvoller als Medikamente.“<br />
Die psychosomatische Abklärung und Behandlung<br />
komme oft erst Jahre später nach der rein körperlichen,<br />
kritisiert Bartens: „Die meisten Ärzte konzentrieren<br />
sich bei Patienten hauptsächlich auf das, was<br />
sich chemisch-physikalisch messen, bestimmen<br />
und analysieren lasse oder wovon sie sich mit Hilfe<br />
von Röntgen, Ultraschall, CT oder Kernspin ein<br />
Bild machen können.“ Die Patienten suchten jedoch<br />
(auch) emotionale Unterstützung, aber Ärzte können<br />
laut Bartens über psychische Nöte nicht so gut reden,<br />
nicht einmal oder erst recht nicht über ihre eigenen.<br />
„Ärzte sind selbst schlechte Patienten“, behauptet<br />
Bartens.<br />
Im Schlusskapitel „Was jeder für sich tun kann“ heißt<br />
es unter anderem: „Stärken Sie Ihr Herz, lassen Sie<br />
sich berühren, denken Sie den Schmerz weg, entdecken<br />
Sie neue Ressourcen, senken Sie Ihren Stresspegel.“<br />
Neun Tipps für den Arztbesuch runden das<br />
Buch ab, z. B. die wichtige, aber wohl immer noch zu<br />
selten gestellte Frage, ob der Arzt die vorgeschlagene<br />
belastende Untersuchung oder Behandlung auch<br />
bei sich oder seiner Familie anwenden würde.<br />
Fazit: Sieht man über manches allzu Bekannte und<br />
manche wissenschaftlich nicht belegte Behauptung<br />
hinweg, ist es doch ein (aus der internationalen<br />
Fachliteratur) gut recherchierter Ratgeber, geeignet<br />
für „mündige Patienten“, für medizinisches Assistenzpersonal,<br />
aber auch für Ärzte, die sich noch<br />
mehr mit psychosomatischer und ganzheitlicher Medizin<br />
vertraut machen wollen. Horst Kreussler<br />
Droemer, München <strong>2010</strong>, 317 Seiten, 19,95 Euro.<br />
Ausgabe 4 | April <strong>2010</strong> 71