Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SchleSwig-holStein<br />
Betriebliche Gesundheitsförderung<br />
In der Diabetesprävention ist das<br />
Maßband wichtiger als die Waage<br />
Ein gemeinsames Projekt von AOK <strong>Schleswig</strong>-Holstein und UKE zeigt, wie sich<br />
das Diabetesrisiko durch Prävention in Betrieben senken lässt.<br />
Ein bundesweit einmaliges Forschungsprojekt von<br />
AOK <strong>Schleswig</strong>-Holstein und UKE hat gezeigt: Gezielte<br />
Prävention mit leichter Ernährungsumstellung<br />
und geringfügiger Gewichtsreduktion kann Diabetes<br />
verhindern und bestehenden Diabetes revidieren.<br />
Diabetes ist mit rund 4.000 Euro Behandlungskosten<br />
pro Jahr verbunden, und die Zahl der Diabetiker<br />
steigt seit 50 Jahren linear und anscheinend unaufhaltsam.<br />
Allein in <strong>Schleswig</strong>-Holstein entfielen<br />
460.000 Arztbesuche (2008) auf 47.000 Typ-2-Diabetiker.<br />
Zählt man die – subjektiv gesunden – Menschen<br />
mit gestörtem Zuckerhaushalt hinzu, ist mehr als jeder<br />
Dritte betroffen, erklärte Prof. Eberhard Windler,<br />
Stoffwechselexperte am UKE. Bei diesen Zahlen lag<br />
es für die AOK <strong>Schleswig</strong>-Holstein nahe, mit Windlers<br />
Arbeitsgruppe die Beschäftigten von fünf Unternehmen<br />
zu einem Präventionsprogramm einzuladen. Es<br />
beteiligten sich 300 Mitarbeiter aus vier Industriebetrieben<br />
sowie von der AOK selbst.<br />
Wichtigstes Ergebnis: „Der Taillenumfang ist der<br />
aussagekräftigste Marker für ein Diabetesrisiko:<br />
Mehr als 80 Zentimeter bei Frauen und mehr als 94<br />
Zentimeter bei Männern sind riskant“, betonte Windler.<br />
AOK-Chef Dr. Dieter Paffrath brachte das auf die<br />
Formel: „Das Maßband<br />
ist wichtiger als die Waage“<br />
und ließ das am eigenen<br />
Leib demonstrieren.<br />
Wenn der Grenzwert<br />
beim Taillenumfang überschritten<br />
ist, reduziert<br />
nach Windlers Darstellung<br />
eine moderate Umstellung<br />
des Lebensstils<br />
das Risiko: „Das Körpergewicht<br />
um fünf Prozent<br />
verringern; die Nahrung<br />
sollte weniger als drei<br />
Prozent Fett (und weniger<br />
als zehn Prozent unge-<br />
sättigte Fette) enthalten; pro 1.000 Kilocalorien sollten<br />
mindestens 15 Gramm Ballaststoffe dabei sein; und<br />
täglich eine halbe Stunde Bewegung.“ Das bringe das<br />
Diabetesrisiko „auf Null“. Bewegung bedeute nicht unbedingt<br />
Sport: Forciertes Gehen, bei dem noch Sprechen<br />
möglich ist („nordic talking“), reiche aus.<br />
Die Studienteilnehmer hatten ihre tägliche Kalorienzufuhr<br />
nach einem Jahr von durchschnittlich 2.150<br />
auf 2.013 kcal verringert. Das klingt nach wenig, aber<br />
Windler rechnet vor: „Als Fett ausgedrückt sind das<br />
etwa 15 Gramm pro Tag, macht pro Jahr fünf bis<br />
sechs Kilogramm weniger Fettzufuhr.“ Alle Prädiabetiker<br />
mit gestörter Glukosetoleranz aus der Taillenumfangs-Risikogruppe,<br />
die ihr Gewicht um ein Kilogramm<br />
reduziert hatten, waren auch nach drei Jahren<br />
ohne Diabetes, in allen Altersgruppen; vier von<br />
acht Zuckerkranken verloren sogar ihren Diabetes.<br />
Prävention steht im Ruf, mehr Kosten zu verursachen<br />
als einzusparen. Die AOK hat mit dieser Studie – nach<br />
der Eingangsuntersuchung Beratungen im Monats-,<br />
später im Quartalsrhythmus – das Gegenteil bewiesen.<br />
Folglich wird die Kasse das Diabetes-Programm<br />
in ihr betriebliches Service-Angebot „Gesunde<br />
Unternehmen“ einbauen. Jörg Feldner<br />
Prof. Eberhard Windler, Dr. Birgit-Christiane Zyriax, Dr. Dieter Paffrath und<br />
Bernd Letsch (von links). (Foto: Kuschel/AOK/hfr.)<br />
Ausgabe 4 | April <strong>2010</strong> 41