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Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...

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Gesundheits- und sozialpolitik<br />

Gesundheitswirtschaft<br />

„Der gleiche Paradigmenwechsel<br />

wie bei der Rente steht an“<br />

Prof. Heinz Lohmann erwartet, dass sich das Gesundheitswesen in den<br />

kommenden Jahren mit hoher Geschwindigkeit verändern wird.<br />

Lohmann, früherer Chef des Landesbetriebs Krankenhäuser<br />

in Hamburg und heute mit Lohmannkonzept<br />

als Berater im Markt tätig, erwartet für die kommenden<br />

Jahre weitere rasante Änderungen im Gesundheitswesen.<br />

Besonders im ambulanten Bereich<br />

rechnet er mit großen Umwälzungen.<br />

„Hier finden die eigentlichen Veränderungen statt.<br />

Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist in diesem Bereich<br />

höher als bei den Kliniken“, sagte Lohmann. Er<br />

erwartet in den kommenden Jahren, dass sich auch<br />

viele Ärzte stärker als bislang unternehmerisch betätigen<br />

werden. Diese Entwicklung hat bereits eingesetzt.<br />

Lohmann verwies in diesem Zusammenhang<br />

auf die Betreiber des Endokrinologikums oder des<br />

Dermatologikums. Solche großen ambulanten Einrichtungen<br />

werden nach seiner Einschätzung künftig<br />

verstärkt auch zur Konkurrenz für stationäre Anbieter.<br />

Grundlegende Veränderungen im Gesundheitswesen<br />

werden nach seiner Darstellung durch eine zunehmende<br />

Arbeitsteilung, stärkere Patientensouveränität,<br />

zunehmende Transparenz und mehr Eigenverantwortung<br />

entstehen, alles flankiert durch die<br />

Mittelknappheit. Dies hat Auswirkungen auf die Unternehmen<br />

im Gesundheitswesen, die sich darauf<br />

einstellen müssen, künftig keine Produkte, sondern<br />

Prozesslösungen zu verkaufen. Damit ist verbunden,<br />

dass die Unternehmen auch stärker in das Haftungsrisiko<br />

eingebunden werden. Lohmann: „Eine solche<br />

Systempartnerschaft bietet die Chance, Innovationen<br />

schneller einsetzen zu können.“ Statt wie heute<br />

über Produktpreise könnten Krankenhäuser diese<br />

Leistungen etwa über einen prozentualen Anteil an<br />

den Fallpauschalen begleichen. Trotz solcher Veränderungen<br />

und der Dynamik im Gesundheitswesen<br />

müssen sich Hausärzte, die in Einzel- oder kleinen<br />

Gemeinschaftspraxen arbeiten, nach Ansicht Lohmanns<br />

keine Sorgen um die Zukunft machen. Die<br />

hohe Nachfrage nach ihren Leistungen bei gleichzeitigen<br />

Nachwuchsproblemen werde dafür sorgen,<br />

dass Hausärzte keine Zukunftsängste haben müs-<br />

Prof. Heinz Lohmann (Foto: di)<br />

sen, wenn sie die Veränderungen als Chance begreifen.<br />

Eine der wichtigsten Veränderungen zieht nach<br />

seiner Ansicht der zunehmende Anteil an Frauen unter<br />

den Ärzten nach sich. Die Feminisierung führe zu<br />

veränderten Vorstellungen. Lohmann: „Die künftigen<br />

Mediziner wollen nicht mehr rund um die Uhr Leben<br />

retten, sondern ihren Beruf stärker als bislang mit anderen<br />

Lebenszielen verknüpfen.“ Dies erfordere andere<br />

Organisationsformen als die Einzelpraxis. Zugleich<br />

bezweifelt er, dass es der Mehrzahl der Mediziner<br />

wichtig ist, als freiberuflicher Praxisinhaber zu<br />

arbeiten. Auch hier dient ihm das Beispiel der Endokrinologen,<br />

von denen die meisten heute zwar im<br />

ambulanten Sektor, aber als angestellte Ärzte arbeiten.<br />

Lohmann sagt eine stärkere Trennung von Management<br />

und ärztlicher Tätigkeit im ambulanten Bereich<br />

voraus. Fest steht für ihn, dass die Nachfragemacht<br />

der Patienten zunehmen wird und sich Leistungsanbieter<br />

darauf einstellen müssen. Dies gehe<br />

einher mit steigender Eigenverantwortung. Lohmann<br />

vergleicht die sich wandelnden Einstellungen zu diesem<br />

Thema im Gesundheitswesen mit der Veränderung<br />

in der gesetzlichen Rentenversicherung vor wenigen<br />

Jahren, als ebenfalls über eine größere Eigenverantwortung<br />

diskutiert wurde - heute ist dies gesellschaftlicher<br />

Konsens. Dirk Schnack<br />

Ausgabe 4 | April <strong>2010</strong> 67

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