Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
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Gesundheits- und sozialpolitik<br />
Symposium des Hartmannbundes<br />
Junge Ärzte werden schon bald in<br />
einer besseren Situation sein<br />
Junge Ärzte sind begehrt - die Rahmenbedingungen bilden dies aber nicht<br />
überall ab. Gefordert wird eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.<br />
„Es gehört zum Arztsein dazu, viel Zeit für den Beruf<br />
zu opfern. Ich wünsche mir aber, dass das System<br />
nicht gegen, sondern für die Ärzte arbeitet.“ Der<br />
Wunsch eines Medizinstudenten, geäußert auf einem<br />
Symposium des Hartmannbundes in Hamburg,<br />
zeigt Einstellung und Wahrnehmung des Medizinernachwuches<br />
zugleich: Er ist leistungsbereit, erwartet<br />
aber auch, dass die Rahmenbedingungen stimmen.<br />
Dazu gehören u. a. eine angemessene Bezahlung<br />
und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />
Für ihre Forderungen bekommen die Nachwuchsmediziner<br />
Rückhalt von älteren Kollegen. „Sie sind<br />
in der stärkeren Position, sie werden das Sagen haben“,<br />
sagte etwa PD Dr. Arnulf Dörner, Chefarzt aus<br />
dem Hamburger Krankenhaus Alten Eichen/Elim.<br />
Das Selbstbewusstsein und die Forderungen der<br />
jungen Ärzte sind eng verknüpft mit dem steigenden<br />
Anteil an Frauen in der Medizin. Sie setzen sich für<br />
andere Rahmenbedingungen ein, um Familie und<br />
Beruf miteinander vereinbaren zu können. Das ist in<br />
vielen Krankenhäusern schon möglich. In Dörners<br />
chirurgischer Abteilung etwa sind zwei Drittel der<br />
Ärzte weiblich und auch auf Oberarztebene tätig. In<br />
manch anderer Klinik versuchen Chefärzte dagegen<br />
noch immer, Frauen ins Abseits zu stellen, wenn diese<br />
Beruf und Familie vereinbaren wollen. Eine Kollegin<br />
berichtete von einem Fall in Bayern, wo eine junge<br />
Mutter während ihres Dienstes zwei Mal täglich<br />
ihr Kind stillen wollte. Ihr Chef versetzte sie daraufhin<br />
in eine Abteilung mit einer Tätigkeit, die ihr für die<br />
Weiterbildungszeit nicht angerechnet wird.<br />
Warum aber ist das deutsche Gesundheitswesen<br />
nicht längst so weit, dass Ärzten, die für die Patientenversorgung<br />
dringend benötigt werden, bessere<br />
Bedingungen geboten werden? Dr. Astrid Bühren<br />
sieht einen Grund in der eigenen Einstellung der Kollegen:<br />
„Wir sind ein konservativer Haufen“, stellte die<br />
langjährige Vorsitzende des Deutschen Ärztinnenbundes<br />
fest. Bühren ist inzwischen im Vorstand des<br />
Hartmannbundes, der sich dem Thema junge Ärz-<br />
66 <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holsteinisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong><br />
te künftig verstärkt widmen wird. Die Veranstaltung<br />
in Hamburg bildete den Auftakt zu einer Reihe von<br />
Symposien, die sich mit der Vereinbarkeit von Beruf<br />
und Familie beschäftigen. Darüber hinaus will<br />
der Hartmannbund das Thema auf dem bevorstehenden<br />
Deutschen Ärztetag in Dresden diskutieren.<br />
„Die deutsche Ärzteschaft muss sich diesem Thema<br />
widmen“, forderte Dr. Volker Hardt. Der Vorsitzende<br />
des Arbeitskreises junge Ärzte im Hartmannbund<br />
kündigte an, dass sein Verband hierzu in Dresden<br />
Anträge einbringen wird. Schon in Hamburg wurde<br />
aber auch deutlich, dass nicht jeder Wunsch erfüllbar<br />
ist. So wurde etwa angeregt, dass auch jeder<br />
Bereitschaftsdienst und jede Teilzeittätigkeit, auch<br />
wenn dies nur wenige Stunden in der Woche sind,<br />
auf die Weiterbildung angerechnet wird. Dr. Angelika<br />
Koßmann von der <strong>Ärztekammer</strong> Hamburg verwies<br />
auf die hiermit verbundene Gefahr, dass die Landesärztekammern<br />
diese Regelung noch unterschiedlicher<br />
als in der Vergangenheit handhaben und damit<br />
ein Flickenteppich entsteht. Ein Wechsel von Ärzten<br />
zwischen den Kammerbezirken würde damit erschwert<br />
werden. Laut Musterweiterbildung wird Weiterbildung<br />
in Teilzeit anerkannt, wenn sie mindestens<br />
50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit beträgt. Davon<br />
weichen erste Kammern aber bereits ab. Laut<br />
Hartmannbund legen Nordrhein und Westfalen-Lippe<br />
den zeitlichen Umfang der Teilzeitweiterbildung<br />
nicht genau fest und ermöglichen die Anerkennung<br />
von Weiterbildungsabschnitten, die in weniger als<br />
der Hälfte der Regelarbeitszeit abgeleistet werden.<br />
In Mecklenburg-Vorpommern ist eine Anerkennung<br />
im Einzelfall auf Antrag möglich. Der Berufsverband<br />
sieht solche Regelungen mit Sympathie, weil es sich<br />
das deutsche Gesundheitssystem nach Ansicht<br />
Bührens nicht leisten kann, „auch nur eine Stunde<br />
auf dem Weg zum Arzt zu verlieren“. Harth sieht darin<br />
eine Möglichkeit, den sich abzeichnenden Ärztemangel<br />
auf dem Land zu bekämpfen.<br />
Dirk Schnack