Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010 - Ärztekammer ...
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Gesundheits- Bücher<br />
und sozialpolitik<br />
Dr. Martin Gattermann<br />
Kenntnisreich, klar, sachlich -<br />
aber zum Teil auch polemisch<br />
Der Hausarzt aus Eiderstedt greift in seinem neuen Buch Patienten- und<br />
Ärzteleid auf. Weitere Ärzte treten als Gastautoren auf.<br />
Das neue Buch des Eiderstedter Allgemeinarztes Dr.<br />
Martin Gattermann heißt im Untertitel: „LeiDfaden für<br />
das Gesundheitswesen – ein Handbuch für Patienten<br />
und ihre Ärzte“. Es hat das Ziel, „den Wahnsinn<br />
des heutigen Gesundheitswesens“ aufzuzeigen (S. 11)<br />
und wendet sich damit offenbar primär an aufgeschlossene<br />
Patienten und in zweiter Linie an Kollegen<br />
(die die Situation ja zumeist gut kennen):<br />
„Schauen Sie hinter die(se) Kulissen, werden Sie ein<br />
„besserer“ Patient: im Sinne größeren Verständnis-<br />
ses für die Bedingtheiten und Nöte Ihres Arztes, aber<br />
auch darin, dass Sie Ihre Behandlungs-Chancen<br />
nicht durch Misstrauen, Ärger und Felhlinformation<br />
mindern. Der aufgeklärte Patient war schon immer<br />
der Kranke mit den besten Heilungschancen.“ (S. 15)<br />
Das Buch ist ein kenntnisreiches, klar, sachlich,<br />
aber teils auch polemisch formuliertes, Verständnis<br />
heischendes Plädoyer für den bedrängten Berufsstand:<br />
„Den Wahnsinn des heutigen Gesundheitswesens<br />
zu verstehen heißt, seinen Ärzten vieles zu<br />
verzeihen.“<br />
72 <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holsteinisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong><br />
Der als scharfer Kritiker der Gesundheitsreformen in<br />
der Fach- und Standespresse hervorgetretene Autor<br />
(vgl. SHÄ 5/2009, S. 60 ff. „Der Kassenarzt im Burnout“)<br />
schreibt über Ärgernisse wie die Praxisgebühr,<br />
die Ärzte-Hopper, das Medikamenten- und das Heilmittelbudget,<br />
die Ärzteeinkommen, die Rabattverträge,<br />
Regelleistungsvolumen, Wartelisten beim Facharzt,<br />
zu Verknappung führende Staatsmedizin und<br />
vieles anderes. In all diesen Facetten wird ein Land<br />
sichtbar, das hier kassenmedizinisch nicht mehr<br />
Deutschland, sondern „Absurdistan“ heißt – mit „Patientenleid<br />
und Ärzteleid“.<br />
Im Ausblick notiert der Autor „Die zehn hausärztlichen<br />
Bitten“ an die Patienten (S. 120 ff., zusammengefasst<br />
auf S. 176). Beispiele: „Unter der Krankenkassengebühr<br />
leiden Sie und Ihr Arzt. Er hat keinerlei Vorteil<br />
durch sie.“ (S. 3) „Das Wartezimmer ist Ihr Revier. Hier<br />
können Sie zeigen, dass Patienten und Ärzte sich gegenseitig<br />
unterstützen.“ (S. 5) „Auch Ihr Hausarzt kann<br />
und darf Ihnen nicht jeden Wunsch erfüllen.“ (S. 8)<br />
Ferner schreiben in Gastbeiträgen erfahrene Kollegen,<br />
die durch öffentliche Systemkritik hervorgetreten<br />
sind, aus ihrer speziellen Sicht, so etwa Dr. Silke<br />
Lüder (Hamburg-Neuallermöhe) über die aus ihrer<br />
Sicht bestehenden Gefahren der elektronischen<br />
Gesundheitskarte, Martin Grauduszus über die Freie<br />
Ärzteschaft oder Dr. Klaus Bittmann über die Ärztegenossenschaften.<br />
Fazit: Das Handbuch ist eine gute Informationsquelle<br />
vor allem für Patienten. Es ist in jedem Wartezimmer<br />
sinnvoll. Wäre etwas für die zweite Auflage zu<br />
wünschen? Vielleicht dies, einmal die grundsätzliche<br />
Frage bei manch ärztlicher Philippika zu prüfen, ob<br />
nicht eine von der Intention her - verständliche - Mischung<br />
aus Fakten, bewussten Übertreibungen und<br />
Behauptungen das Opus unnötig angreifbar macht.<br />
Dr. Martin Gattermann: Patient? Dumm gelaufen!<br />
LeiDfaden für das Gesundheitswesen. Ein Handbuch<br />
für Patienten und ihre Ärzte. Infolab, Erlangen<br />
<strong>2010</strong>, 180 Seiten, 16,90 Euro (hk)