NADA-Trainerhandbuch
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Block C<br />
Die Arbeit mit Jugendlichen<br />
Die Arbeit mit Jugendlichen<br />
Ethik: Trainer in der Verantwortung<br />
Aus entwicklungspsychologischer Sicht beginnt<br />
Jugend mit der Pubertät, also etwa ab<br />
dem zwölften Lebensjahr. Sie gilt als eine<br />
Phase gesteigerter Sinn- und Ich-Suche,<br />
der Loslösung von Erwachsenen und der<br />
Verselbstständigung. Gesellschaftliche und<br />
familiäre Rahmenbedingungen wirken maßgeblich<br />
auf diese Entwicklungsprozesse ein.<br />
In der Pubertät erfahren junge Menschen an<br />
sich selbst rapide Veränderungen ihrer Gefühle,<br />
Handlungsmotive, Denkweisen und<br />
Verhaltensmuster. Körperliche Veränderungen<br />
und die Bewusstwerdung der eigenen<br />
Sexualität sorgen für Verunsicherung und<br />
wirken sich in vielfältiger Weise auf das Verhältnis<br />
zu Gleichaltrigen wie auch zu Erwachsenen<br />
aus. Idealvorstellungen vom eigenen<br />
Ich stehen häufig im Widerspruch zur Wahrnehmung<br />
durch andere; Selbstzweifel sind<br />
ebenso möglich wie Selbstüberschätzung.<br />
Zugleich besteht eine zentrale Entwicklungsaufgabe<br />
in der Jugend darin, eine eigene,<br />
individuelle Persönlichkeit zu entwickeln,<br />
sich im sozialen Umfeld zu behaupten und<br />
gegenüber Erwachsenen persönliche Autonomie<br />
zu erlangen. Dabei gewinnt die Gleichaltrigengruppe<br />
zunehmend an Bedeutung,<br />
während es im Verhältnis zu Eltern und anderen<br />
Autoritätspersonen vermehrt zu Konflikten<br />
kommt. Stimmungsschwankungen<br />
und wechselhaftes, mitunter ablehnendes<br />
Verhalten sind an der Tagesordnung. Für Erwachsene<br />
ist der Umgang mit Jugendlichen<br />
in dieser Phase eine besondere Herausforderung.<br />
Einerseits gilt es, die Jugendlichen<br />
in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken und ihr<br />
Streben nach Autonomie so weit wie möglich<br />
zu unterstützen. Andererseits ist es aber<br />
auch wichtig, ihnen Grenzen aufzuzeigen<br />
und die Einhaltung von Regeln konsequent<br />
einzufordern.<br />
So wird durch das allgegenwärtige Risiko von<br />
Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg ein<br />
hoher Leistungsdruck schon in der Schule<br />
erzeugt. Viele Kinder und Jugendliche erleben<br />
zudem die Trennung ihrer Eltern, das<br />
Aufwachsen mit nur einem Elternteil oder in<br />
instabilen Beziehungen. Häufig fehlt es den<br />
Jugendlichen an einem verlässlichen emotionalen<br />
Rückhalt und an geeigneten Vorbildern<br />
für die Gestaltung sozialer Beziehungen. In<br />
einer globalisierten, multikulturellen Lebenswelt<br />
werden Jugendliche heute mit einer<br />
Vielzahl von Wertesystemen konfrontiert, die<br />
sie ablehnen, akzeptieren oder sich aneignen<br />
können. Hinzu kommen Werte und Lebensstile,<br />
die sich an Vorbildern aus Musik,<br />
Mode, Film und Sport orientieren und quasi<br />
identitätsstiftende Funktionen erfüllen. Dieser<br />
Wertepluralismus kann für Jugendliche<br />
jedoch durchaus problematisch sein: Aus<br />
einem Überangebot möglicher Wertvorstellungen<br />
müssen sie diejenigen Werte herausarbeiten,<br />
die für sie selbst tatsächlich verbindlich<br />
sind.<br />
Trainer-Tipp<br />
Angesichts der Vielfalt verfügbarer Wertsysteme<br />
spielen Vorbilder eine große Rolle.<br />
Sie können den Jugendlichen Zuversicht<br />
hinsichtlich ihrer Lebensperspektiven vermitteln,<br />
als verlässliche Bezugspersonen<br />
zur Verfügung stehen und ihnen vorleben,<br />
dass es sich lohnt, das eigene Handeln an<br />
verbindlichen Werten auszurichten. Gerade<br />
das Engagement im Sportverein bietet hierzu<br />
hervorragende Möglichkeiten, wenn Trainer<br />
sich der Verantwortung bewusst sind,<br />
die ihnen im Rahmen ihrer Vorbildfunktion<br />
zukommt.<br />
Veränderte Bedingungen des Aufwachsens<br />
bringen heute für Kinder und Jugendliche einerseits<br />
neue Lebenschancen, andererseits<br />
aber auch Risiken und Belastungen, die die<br />
Generation ihrer Eltern so nicht gekannt hat.<br />
<strong>NADA</strong>-<strong>Trainerhandbuch</strong> 2. Auflage – Juni 2012<br />
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