2/2012
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Günter Eisen & Wilfried Seibel<br />
Was hat Bismarck mit der Arbeitslehre zu tun?<br />
Vor über 120 Jahren wurde unter Bismarck in<br />
Deutschland die gesetzliche Unfallversicherung<br />
eingeführt. Bei den damals schlechten Arbeitsbedingungen<br />
ging die Zahl der Arbeitsunfälle in beängstigende<br />
Höhe. Das System der Unfallversicherung<br />
führte nicht nur zur sozialen Absicherung und Befriedung<br />
der Arbeiterschicht, sondern auch sukzessive<br />
zu einer Verringerung der Arbeitsunfälle. Sie<br />
befinden sich gegenwärtig in Deutschland auf einem<br />
historischen Tiefststand.<br />
Der Anteil, den die Unfallprävention in den Schulen<br />
und insbesondere in der Arbeitslehre hat, ist<br />
leider bisher nicht empirisch untersucht. Unbestritten<br />
ist, dass in einer technisierten Welt, nicht<br />
nur bei der Erwerbsarbeit, sondern auch beim Arbeiten<br />
im privaten Umfeld, viele Unfallgefahren<br />
lauern. Unfallforscher referenzieren deshalb eine<br />
möglichst frühe Unfallpräventionsarbeit. In den<br />
Kindergärten werden schon Straßenverkehrssituationen<br />
geprobt und in der Arbeitslehre wird seit<br />
Anbeginn die Unfallprävention in unterschiedliche<br />
Arbeitssituationen betrieben. Schüler und Schülerinnen<br />
lernen schon früh den fachgerechten Umgang<br />
mit Werkzeugen, Werkzeugmaschinen und<br />
der Hygiene bei der Lebensmittelverarbeitung.<br />
Verlässlicher Partner bei der Ausbildung von Lehrern<br />
und Lehrerinnen ist die Unfallkasse Berlin.<br />
Alle Lehrkräfte werden entweder im Studium an der<br />
TU Berlin oder bei einer gesonderten Lehrerfortbildung<br />
in 12 Doppelstunden auf die Sicherheitserziehung<br />
im Fach Arbeitslehre (WAT) vorbereitet. Es<br />
werden Unfallursachen in Arbeitslehre-Werkstätten<br />
aufgezeigt, Maßnahmen zur Vermeidung von Schülerunfällen<br />
demonstriert und Sicherheitsstandards<br />
an technischem Gerät erläutert. Im Einzelnen wird<br />
die Sicherheit an Holz- und Metallbe- und -verarbeitungsmaschinen<br />
erläutert, der sichere Umgang<br />
mit elektrischen Geräten aufgezeigt, die (Lebensmittel-)Hygiene<br />
und Sicherheit in der Lehrküche<br />
demonstriert. Die Arbeitsplatzergonomie lässt sich<br />
gut am Beispiel des Nähmaschinenarbeitsplatzes<br />
erklären. Der sachgerechte Umgang mit Kunststoffen,<br />
der zumeist thermisch erfolgt, wird bei der Bearbeitung<br />
erprobt. Die finanziellen Lasten trägt die<br />
Unfallkasse Berlin, für die Durchführung ist das In-<br />
stitut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre an der<br />
Technischen Universität verantwortlich. Seit 2007<br />
gilt für die Sicherheitskurse ein Kooperationsvertrag<br />
zwischen Senatssschulverwaltung, IBBA und<br />
Unfallkasse.<br />
Die Zusammenarbeit des Instituts für Berufliche<br />
Bildung und Arbeitslehre, der Senatsverwaltung<br />
für Bildung, Jugend und Wissenschaft und der Un-<br />
Sicherheitsbegehungen an Schulen<br />
Seit langen Jahren schon finden an den Schulen Sicherheitsbegehungen<br />
statt. Dabei bedient sich die Senatsschulverwaltung privater Anbieter,<br />
von denen einer mit dem Slogan „Ihr kompetenter Partner für alle<br />
Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes - branchenübergreifend<br />
und bundesweit“wirbt. Eine Analogie zu den Berufsgenossenschaften ist<br />
nicht erkennbar, denn diese sind Versicherungsträger u n d Fachaufsicht<br />
zugleich. Die Unfallkasse Berlin ist zwar Versicherungsträger für<br />
Schulen, kann aber eine flächendeckende Überprüfung der Realzustände<br />
personell nicht leisten. Die Sicherheitsbegehung könnte segensreich<br />
sein. Was Arbeitslehrewerkstätten angeht, haben wir da unsere Zweifel.<br />
Mitarbeiter des IBBA an der TUB werden oft von Schulen um Beratung<br />
in Werkstattfragen gebeten. Wenn dann besorgniserregende Fakten<br />
festgestellt werden, die der kurz zuvor stattgefundenen Sicherheitsbegehung<br />
entgangen sind, sorgt man sich in der Tat.<br />
Unlängst meldete eine Schule, dass ein Stoffhandtuch in der Arbeitslehrewerkstatt<br />
moniert wurde und Papierspender gefordert wurden.<br />
In der Lehrküche der Arbeitslehre werden Stoffhandtücher benötigt<br />
und regelmäßig gewaschen. Papierspender sind in der Lehrküche<br />
dysfunktional.<br />
In einer anderen Schule wurden die ausgestopften Ratten, Füchse und<br />
Biber aus der Biologiesammlung zur sofortigen Entsorgung empfohlen,<br />
denn in dem Fell könnten Kleinlebewesen nisten. Das ist natürlich<br />
grotesk, denn dann müsste die Schüler mit Abbildungen im Buch<br />
vorlieb nehmen. Natürlich hat die Schule keinen Handschlag getan, um<br />
die schönen Präparate zu entsorgen. Ein Jahr später wiederholt sich<br />
die Posse, wieder keine Subordination der Schule. Die Mängelrügen<br />
bei der Sicherheitsbegehung - seien sie nun berechtigt oder nicht -<br />
bleiben ohne Konsequenzen. Bei Arbeitslehrewerkstätten könnte das<br />
dramatisch enden.<br />
(Redaktion)<br />
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