2/2012
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völkerung war von Beginn an latent vorhanden. In<br />
den folgenden Jahrzehnten kam es zur Erosion der<br />
OPZ - inzwischen Hauptschule – die nur noch von 7<br />
bis 10 Prozent eines Jahrgangs besucht wurde.<br />
Chancengleichheit oder nur Chancengerechtigkeit<br />
wurden noch nicht in heutiger Schärfe diskutiert.<br />
Ab 1968 begann in Berlin die Entwicklung der Gesamtschule.<br />
Das typisch deutsche Schulwesen wurde<br />
auch auf Grund internationaler Erfahrungen hinterfragt.<br />
Einige Bundesländer tricksten. Unter dem<br />
Dach einer sogenannten Additiven Gesamtschule<br />
gab es unverändert Haupt-, Realschule und Gymnasialzweige.<br />
In Berlin wurde schon 1970 per Schulgesetz<br />
die Einrichtung von Gesamtschulen neben<br />
den fortbestehenden Oberschulzweigen gesichert.<br />
Die Integrierte Gesamtschule mit Differenzierung<br />
nach Begabungsrichtungen und Begabungshöhen<br />
entwickelte das so genannte FEGA-System (Fortgeschrittene,<br />
Erweiterte, Grundkurse, Anschlusskurse).<br />
Innerhalb dieses Systems war Mobilität immer<br />
zum Schulhalbjahr möglich. Verglichen mit dem<br />
relativ starren dreigliedrigen Schulsystem gelang es<br />
so manchem Schüler im Laufe der Sekundarstufe<br />
I sich so zu verbessern, dass ein Übergang in die<br />
Oberstufe und das Erreichen des Abiturs möglich<br />
wurden.<br />
Erste Schritte hin zu einer demokratischen Leistungsschule<br />
waren erkennbar und erweiterten sich<br />
mit dem bildungspolitischen und schulpädagogischen<br />
Programm für die Bildungszentren während<br />
der 1970er Jahre auf etwa ein Drittel der Schülerschaft<br />
im Sekundarbereich I.<br />
Das Fach Arbeitslehre war seit 1970 Pflichtfach<br />
an Hauptschulen anstelle von Werken, Hauswirtschaft,<br />
Textilarbeit etc. An Realschulen (früher<br />
OTZ) zögernd geduldet, an den entstehenden Gesamtschulen<br />
deutlich Profil bildend 2 . Nur das Gymnasium,<br />
des Bürgers liebstes Kind, stellte sich dieser<br />
wichtigen curricularen Reform bislang nicht.<br />
Gegenüber dem Gymnasium war man stets zu<br />
Kompromissen bereit. Auch aus der letzten Strukturreform<br />
ging das Gymnasium mit einer Bestandsgarantie<br />
hervor. Wurde es tatsächlich Fluchtburg der<br />
ISS-Vermeider?<br />
Die aktuellen Zahlen über „Rückläufer“ müssten<br />
dem ausgeschiedenen Bildungssenator Zöllner zu<br />
denken geben, er versprach, dass es kein „Abschulen“<br />
(ein von ihm importierter Begriff) mehr geben<br />
solle. In diesem Jahr werden fast 800 Schüler, rund<br />
vierzig Klassen, nach einem Jahr vom Gymnasium<br />
an die ISS verwiesen.<br />
In den integrierten Sekundarschulen richtet man<br />
„Praxisklassen“ ein, für Schüler, die am Ende der<br />
8. Klasse wenig Aussicht auf einen Mittleren Schulabschluss<br />
haben. Es gibt also noch Selektion an<br />
unseren Schulen. Die Alternative heißt Chancengleichheit<br />
weiter entwickeln. Die immer noch dominierende<br />
„Buchschule“ muss ergänzt werden um die<br />
von GÜNTER ROPOHL definierte materielle Lernkultur.<br />
Nur dann wird die ganze Begabungsbreite<br />
Jugendlicher Ernst genommen. Schon der Ansatz<br />
der Oberschule Praktischen Zweiges vor einem halben<br />
Jahrhundert war von dieser Idee geleitet.<br />
Immerhin haben wir heute das Studienfach Arbeitslehre<br />
an der Technischen Universität und ein dazugehöriges<br />
Schulfach (WAT?) zumindest in den Integrierten<br />
Sekundarschulen. Erst in einer Schule, wo<br />
das Lernen mit Kopf, Herz und Hand und die Begeisterung<br />
für eine Sache Lernmotivation sind, wird<br />
Selektion entbehrlich.<br />
Es bleibt ein langer Weg zur Chancengleichheit!<br />
1<br />
2<br />
„Der Umgang mit Material und Werkzeug sollte zu planmäßigem Handeln,<br />
zu Sorgfalt und Genauigkeit führen, die Selbsterprobung im Werkunterricht<br />
sollte Hinweise über Berufsneigung und Eignung ermöglichen.<br />
Das 9. Schuljahr stand im Mittelpunkt der Heranführungan die Arbeits- und<br />
Wirtschaftswelt …“ (siehe: Kledzik: Die OPZ in Berlin, Schroedel 1963).<br />
siehe Kledzik: Arbeitswelt in der Schule, in: T. Rülcker: Modell Berlin,<br />
Peter Lang Verlag. 2007<br />
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Forum Arbeitslehre 9 Arbeitslehre Werkstätten Nov <strong>2012</strong>