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völkerung war von Beginn an latent vorhanden. In<br />

den folgenden Jahrzehnten kam es zur Erosion der<br />

OPZ - inzwischen Hauptschule – die nur noch von 7<br />

bis 10 Prozent eines Jahrgangs besucht wurde.<br />

Chancengleichheit oder nur Chancengerechtigkeit<br />

wurden noch nicht in heutiger Schärfe diskutiert.<br />

Ab 1968 begann in Berlin die Entwicklung der Gesamtschule.<br />

Das typisch deutsche Schulwesen wurde<br />

auch auf Grund internationaler Erfahrungen hinterfragt.<br />

Einige Bundesländer tricksten. Unter dem<br />

Dach einer sogenannten Additiven Gesamtschule<br />

gab es unverändert Haupt-, Realschule und Gymnasialzweige.<br />

In Berlin wurde schon 1970 per Schulgesetz<br />

die Einrichtung von Gesamtschulen neben<br />

den fortbestehenden Oberschulzweigen gesichert.<br />

Die Integrierte Gesamtschule mit Differenzierung<br />

nach Begabungsrichtungen und Begabungshöhen<br />

entwickelte das so genannte FEGA-System (Fortgeschrittene,<br />

Erweiterte, Grundkurse, Anschlusskurse).<br />

Innerhalb dieses Systems war Mobilität immer<br />

zum Schulhalbjahr möglich. Verglichen mit dem<br />

relativ starren dreigliedrigen Schulsystem gelang es<br />

so manchem Schüler im Laufe der Sekundarstufe<br />

I sich so zu verbessern, dass ein Übergang in die<br />

Oberstufe und das Erreichen des Abiturs möglich<br />

wurden.<br />

Erste Schritte hin zu einer demokratischen Leistungsschule<br />

waren erkennbar und erweiterten sich<br />

mit dem bildungspolitischen und schulpädagogischen<br />

Programm für die Bildungszentren während<br />

der 1970er Jahre auf etwa ein Drittel der Schülerschaft<br />

im Sekundarbereich I.<br />

Das Fach Arbeitslehre war seit 1970 Pflichtfach<br />

an Hauptschulen anstelle von Werken, Hauswirtschaft,<br />

Textilarbeit etc. An Realschulen (früher<br />

OTZ) zögernd geduldet, an den entstehenden Gesamtschulen<br />

deutlich Profil bildend 2 . Nur das Gymnasium,<br />

des Bürgers liebstes Kind, stellte sich dieser<br />

wichtigen curricularen Reform bislang nicht.<br />

Gegenüber dem Gymnasium war man stets zu<br />

Kompromissen bereit. Auch aus der letzten Strukturreform<br />

ging das Gymnasium mit einer Bestandsgarantie<br />

hervor. Wurde es tatsächlich Fluchtburg der<br />

ISS-Vermeider?<br />

Die aktuellen Zahlen über „Rückläufer“ müssten<br />

dem ausgeschiedenen Bildungssenator Zöllner zu<br />

denken geben, er versprach, dass es kein „Abschulen“<br />

(ein von ihm importierter Begriff) mehr geben<br />

solle. In diesem Jahr werden fast 800 Schüler, rund<br />

vierzig Klassen, nach einem Jahr vom Gymnasium<br />

an die ISS verwiesen.<br />

In den integrierten Sekundarschulen richtet man<br />

„Praxisklassen“ ein, für Schüler, die am Ende der<br />

8. Klasse wenig Aussicht auf einen Mittleren Schulabschluss<br />

haben. Es gibt also noch Selektion an<br />

unseren Schulen. Die Alternative heißt Chancengleichheit<br />

weiter entwickeln. Die immer noch dominierende<br />

„Buchschule“ muss ergänzt werden um die<br />

von GÜNTER ROPOHL definierte materielle Lernkultur.<br />

Nur dann wird die ganze Begabungsbreite<br />

Jugendlicher Ernst genommen. Schon der Ansatz<br />

der Oberschule Praktischen Zweiges vor einem halben<br />

Jahrhundert war von dieser Idee geleitet.<br />

Immerhin haben wir heute das Studienfach Arbeitslehre<br />

an der Technischen Universität und ein dazugehöriges<br />

Schulfach (WAT?) zumindest in den Integrierten<br />

Sekundarschulen. Erst in einer Schule, wo<br />

das Lernen mit Kopf, Herz und Hand und die Begeisterung<br />

für eine Sache Lernmotivation sind, wird<br />

Selektion entbehrlich.<br />

Es bleibt ein langer Weg zur Chancengleichheit!<br />

1<br />

2<br />

„Der Umgang mit Material und Werkzeug sollte zu planmäßigem Handeln,<br />

zu Sorgfalt und Genauigkeit führen, die Selbsterprobung im Werkunterricht<br />

sollte Hinweise über Berufsneigung und Eignung ermöglichen.<br />

Das 9. Schuljahr stand im Mittelpunkt der Heranführungan die Arbeits- und<br />

Wirtschaftswelt …“ (siehe: Kledzik: Die OPZ in Berlin, Schroedel 1963).<br />

siehe Kledzik: Arbeitswelt in der Schule, in: T. Rülcker: Modell Berlin,<br />

Peter Lang Verlag. 2007<br />

57<br />

Forum Arbeitslehre 9 Arbeitslehre Werkstätten Nov <strong>2012</strong>

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