2/2012
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Detmar Grammel & Günter Reuel<br />
Lehrerbildung, Praxiserfahrung und Lehrerfortbildung<br />
Einer der Autoren dieser Zeilen hat viele Jahre Lehrerfortbildung<br />
am Pädagogischen Zentrum (später<br />
BIL) betrieben. Seine Erfahrungen beziehen sich auf<br />
das Fach Arbeitslehre, aber die ehemaligen Referenten<br />
für andere Schulfächer werden seine Ausführungen<br />
bestätigen. Der zweite Autor hat von 1974 bis<br />
2009 den Fachbereich Arbeitslehre einer Gesamtschule<br />
geleitet, war Fachberater für das Betriebspraktikum,<br />
später Multiplikator für Arbeitslehre<br />
jeweils im Bezirk Spandau, hatte zwischenzeitlich<br />
die Runde der Fachbereichsleiter AL der westlichen<br />
Bezirke geleitet, war schließlich 4 Jahre lang zur<br />
Fachaufsicht Arbeitslehre teilweise abgeordnet und<br />
betreut seit seiner Pensionierung Studenten und Studentinnen<br />
des IBBA im Unterrichtspraktikum.<br />
Viele Lehrer kamen immer wieder zu Fortbildungsveranstaltungen,<br />
die übrigens meist in Schulen<br />
stattfanden. Andere kamen nie. Die Verweigerer<br />
trugen fast immer ein hartnäckig gepflegtes (Vor-)<br />
Urteil mit sich herum: In der Hochschule wurde ich<br />
denkbar schlecht auf Schule vorbereitet, jetzt bin ich<br />
nur noch Autodidakt. Ein weiteres Phänomen muss<br />
allerdings genannt werden. Die Mehrzahl der Fortbildungsveranstaltungen<br />
fand und findet außerhalb<br />
der Unterrichtszeit in der so genannten „Freizeit“<br />
der Lehrer statt. Immer, wenn es mal für bestimmte<br />
Fortbildungsangebote vom Dienstherren Unterrichtsbefreiung<br />
gibt, ist der Andrang wesentlich<br />
größer.<br />
Derzeit wird Gott sei Dank über größere Praxisanteile,<br />
sprich Schulkontakte, während eines Lehramt-<br />
Studienganges nachgedacht. Diese Bemühungen<br />
verdienen volle Unterstützung. In diesem Zusammenhang<br />
sei an die lange Jahre latent geführte Debatte<br />
erinnert, ob nur Exzellenzschulen für Praktika<br />
und Referendariat geeignet seien: Eine solche<br />
Präferenz würde insbesondere Brennpunktschulen<br />
allein lassen. In der Regel werden unsere Studenten<br />
in den Schulen außerordentlich freundlich empfangen.<br />
Schulleiter und stellvertretende Schulleiter<br />
kümmern sich persönlich darum, dass das Praktikum<br />
oder andere Unterrichtsversuche bestmöglich<br />
organisiert werden. Sie wissen um die prekäre<br />
personelle Situation: Der „Markt“ für ausgebildete<br />
Arbeitslehrekräfte ist leergefegt. Schulen, die die<br />
letzte Schulreform ernst nehmen, die die Inklusion<br />
nicht unter dem Gesichtspunkt der Verschlechterung<br />
der Abschlussstatistik sehen, bemühen sich um die<br />
zukünftigen Kolleginnen und Kollegen. Manchmal<br />
sind es ganz einfache Dinge wie ein Schlüssel für<br />
den Kopierraum und die Lehrertoilette, die bei den<br />
Studenten das Gefühl bestärken, angenommen zu<br />
sein. Wer auf ein harmonisches, erfolgreiches Unterrichtspraktikum<br />
zurückblicken kann, wer gesehen<br />
hat, dass er gerade mit dem Fach Arbeitslehre<br />
gebraucht wird, der wird sich sicherlich bei seinem<br />
Referendariat dieser Schule den Vorzug geben.<br />
Allerdings gibt es durchaus Ausnahmen. Studenten<br />
melden sich gut vorbereitet und mit Enthusiasmus<br />
in der Schule – und müssen erfahren, dass sie dort<br />
höchst unwillkommen sind: Der Schulleiter hat keine<br />
Zeit, Rückrufe oder –mails unterbleiben, zwischen<br />
Unterrichtspraktikanten und PKB-Beschäftigten<br />
wird kein Unterschied gemacht: „Richten Sie<br />
sich darauf ein, dass Sie auch Vertretungsunterricht<br />
machen müssen.“ Durch ein solches Verhalten schadet<br />
eine Schule sich selbst: Auch als Lehrer mit<br />
jahrzehntelanger Praxiserfahrung kann man methodisch<br />
das eine oder andere von Studenten lernen.<br />
Schließlich können auch die Besuche der Betreuer<br />
im Praktikum eine Form der Lehrerfortbildung sein,<br />
gerade was die Ausrüstung der Werkstätten betrifft,<br />
da externen Augen oftmals etwas auffällt, was im<br />
täglichen Betrieb als normal hingenommen wird.<br />
Wie kann z.B. ein schwerer Maschinenschraubstock<br />
auf einer Tischbohrmaschine auch ohne Nutsteine<br />
so gesichert werden, dass die Unfallgefahr gebannt<br />
ist? Warum müssen Schüler beim Bohren ein Holzstück<br />
mit den Händen festhalten, wenn es Schnellspanner<br />
gibt?<br />
Im schlimmsten Fall treffen die Studenten auf einen<br />
Fachbereich Arbeitslehre, der seinen Namen<br />
nicht verdient – auch so etwas gibt es. Im Zuge<br />
der Regionalisierung der Lehrerfortbildung sollten<br />
zwar in den Bezirken bezirkliche Fachkonferenzen<br />
eingerichtet werden und die Multiplikatoren – jetzt<br />
Schulentwickler – sollten Fortbildungsangebote<br />
machen – aber siehe oben: Da es keine Teilnahmepflicht<br />
gibt, machen nicht wenige Unterrichtende<br />
das, was im Rahmenlehrplan vor 30 Jahren stand.<br />
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Forum Arbeitslehre 9 Arbeitslehre Werkstätten Nov <strong>2012</strong>