Deutsch-russische Geschäftsbeziehungen: Analyse ... - antropov.de
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und sollten situativ angepasst wer<strong>de</strong>n (Pfitzner, 2003, S. 184). An<strong>de</strong>rs als in <strong>de</strong>n monochronen<br />
Kulturen wird die Zeit in <strong>de</strong>n polychronen Kulturen selten als „vergeu<strong>de</strong>t“<br />
wahrgenommen (Hall, 1983, S. 46). Zeitverzögerung kann sogar ein taktischer Verhandlungszug<br />
sein, laut <strong>de</strong>m <strong>russische</strong>n Sprichwort: „Поспешишь - людей<br />
насмешишь!“ (Wer eilt, macht sich zum Gespött <strong>de</strong>r Leute) (Rothlauf, 2006, S. 494;<br />
Dal, 2007, S. 69). Diese Einstellung kann möglicherweise durch <strong>de</strong>n relativ weit verbreiteten<br />
Fatalismus erklärt wer<strong>de</strong>n 36 . Eine an<strong>de</strong>re Erklärung basiert auf <strong>de</strong>n Funktionsmechanismen<br />
<strong>de</strong>s Wirtschaftssystems. Diese sind noch stark zentralistisch geprägt,<br />
die Entscheidungen oberer Hierarchieebenen sind nicht antizipierbar und es<br />
herrscht immer noch eine allgemeine Unsicherheit im Land. So hört man von <strong>de</strong>n Russen<br />
oft: “Man lebt und plant für <strong>de</strong>n heutigen Tag - morgen kann alles schon wie<strong>de</strong>r<br />
ganz an<strong>de</strong>rs sein“ (Baumgart & Jänecke, 2000, S. 77). Aus diesen Gegensätzen resultieren<br />
unterschiedliche Wahrnehmungen in Bezug auf die Prioritätensetzung und Zielerreichung,<br />
die zu Missverständnissen führen können.<br />
3.3.2 Das geschäftsbezogene Rollenverständnis<br />
Die Dimension geschäftsbezogenes Rollenverständnis lehnt sich außer an die Trompenaars’schen<br />
Dimensionen Spezifisch-Diffus, Leistungsstatus-Ansehen sowie Neutral-Emotional<br />
auch an die Dimensionen Individualismus-Kollektivismus, Machtdistanz,<br />
Unsicherheitsvermeidung (in diesem Fall nach <strong>russische</strong>r Art) und Maskulinität - Feminität<br />
nach Hofste<strong>de</strong> in unterschiedlichem Maße an. Diese Dimension (Kategorie) besteht<br />
aus <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Unterkategorien:<br />
1) Ausübung von Macht durch <strong>de</strong>n Vorgesetzten: „In Russland wer<strong>de</strong>n die Hierarchien<br />
nach außen gelebt, die Mächtigeren sind mit Privilegien ausgestattet, die Macht<br />
konzentriert sich in wenigen Hän<strong>de</strong>n und diese Machtverteilung wird als Voraussetzung<br />
für Ordnung weitgehend akzeptiert und sogar gewünscht“ (Rösch, 2005,<br />
http://www.inst.at/trans/14Nr/roeschfv 14.htm#zeit). Dagegen sind in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Geschäftskultur die Hierarchien flacher und dienen eher einer funktionalen Rollenverteilung<br />
(ebd.). Hier äußern sich die Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Werteorientierungen beson<strong>de</strong>rs<br />
stark im unterschiedlichen Kommunikationsstil. Die Sprache hat eine Status- und<br />
Vertrautheitsfunktion. Kulturen mit niedriger Machtdistanz tendieren zu informalen,<br />
symmetrischen Interaktionen, wohingegen in Kulturen mit hoher Machtdistanz, insbeson<strong>de</strong>re<br />
in formalen Situationen, eine Interaktionsasymmetrie durch die Sprache zum<br />
Ausdruck gebracht wird (Ting-Toomey, 1999, S. 97). Während in neutralen Kulturen<br />
mit niedriger Machtdistanz, wie in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen, ein auf Ungleichheit basieren<strong>de</strong>s<br />
36 Ausführlicher zu diesem Thema in Rothlauf (2006), S. 472-474 sowie Lyskow-Strewe &<br />
Schroll-Machl (2003), S. 109-110.<br />
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