Deutsch-russische Geschäftsbeziehungen: Analyse ... - antropov.de

wurden 43 Aussagen erfasst, bei denen in unterschiedlichem Ausmaß Kulturdifferenzen
wahrgenommen wurden. Davon implizieren 14 Aussagen, dass nach der Einschätzung
der Befragten unter den unterstellten Bedingungen Missverständnisse entstehen
können, und in 17 Aussagen wurde sogar ein Missverständnis geschildert. In
13 Aussagen kam es nicht zum Missverständnis, ein solches wurde von Befragten
auch nicht antizipiert, lediglich ein kultureller, auf Werteorientierungen basierender Unterschied
wurde deutlich. Im Folgenden werden die Abstufungen näher behandelt.
7.1 Potenzial für Missverständnisse aufgrund der Unterschiede in den
Terminierungs- und Flexibilitätspräferenzen
Die Ergebnisse in dieser Analysekategorie zeigen, dass die unterstellte missverständnisträchtige
Konstellation in der deutsch-russischen Zusammenarbeit eine Rolle spielen
kann. Alle zehn Befragten habe sich zu dieser Thematik geäußert, davon berichteten
acht von Missverständnissen, einer konnte ein Missverständnis aufgrund von
Wahrnehmungsunterschieden auf diesem Gebiet antizipieren und durch die Aussage
einer befragten Person wurde ein kultureller Unterschied festgestellt.
Die Indexwerte für Unsicherheitsvermeidung nach Hofstede sind in beiden Kulturen
sehr hoch (siehe S. 15). Die Aufteilung dieser Wertedimension in zwei Arten der Unsicherheitsvermeidung
erwies sich als zielführend. Die Befragten berichteten von Situationen,
in der die Zusammenarbeit gerade deshalb in unterschiedlichem Ausmaß als
unangenehm wahrgenommen wurde, weil die Kulturträger, jeder auf seine Weise, die
Unsicherheit vermeiden wollten. Dem Befragten D1 fehlten z.B. in der Zusammenarbeit
mit den Russen die benötigten Informationen in gedruckter Form (Broschüren etc.), die
eine Planung im Voraus erleichtert hätten (188-193). Das ist ein Beispiel für eine Unsicherheitsvermeidung
nach deutscher Art. Die Unsicherheitsvermeidung nach russischer
Art wird in Abs. 7.2 erneut aufgegriffen.
Durch die Aussagen der Befragten wurde es wahrscheinlicher, dass die Unsicherheitsvermeidung
durch eine strenge Terminierung, die für die deutsche Kultur wichtig ist, zu
Missverständnissen führen kann, falls die Russen dem „Anspruch“ der Deutschen in
diesem Punkt nicht gerecht werden. Die deutschen Befragten bemängelten die Organisation
in Russland und sahen dies (zumindest bevor sie sich mit der Situation im Land
auseinandergesetzt hatten) als Schwäche. Ein Zitat kann ihre monochrone Zeitauffassung
verdeutlichen:
„ (…) es ist allgemein sehr schwierig, im Organisationsbereich mit den Russen eine gemeinsame
Sprache zu finden. Sie haben doch in Russisch nicht einmal das Wort „Termin“.
Man ruft an, die Sekretärin hebt ab, doch sie kann keine Auskunft geben, außer der,
ob der Chef im Moment im Büro ist oder nicht. Sehr ärgerlich, denn oft spielt man dieses
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