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Report_Issue 1/2009 - Jubiläum/ 20 Jahre Mauerfall

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„Die Kulturalismus-Falle:<br />

einmal Ausländer, immer<br />

Ausländer“<br />

Martin Schenk „Österreich hat eine qualifizierte Einwanderung,<br />

man nimmt sie aber weitgehend nicht zur Kenntnis.<br />

Nach der erfolgten Dequalifizierung findet kein beruflicher<br />

Aufstieg mehr statt. Insgesamt arbeiten 38 Prozent der<br />

Migranten weit unter ihrem Potenzial. Wir könnten mit den<br />

Leuten aus unseren Beratungsstellen und Unterkünften<br />

eine Fachhochschule betreiben. Das ‚Gastarbeitermodell‘<br />

mit billigen, willigen, aber rechtlosen Arbeitskräften ist<br />

eine sozialpolitische Einbahnstraße. Tausende sind ohne<br />

Aufstiegschancen, wohnen in schlechten und überteuerten<br />

Wohnungen, mit der Unsicherheit des permanenten Aufenthaltsverbots.<br />

All das bewirkt das Gegenteil von Integration,<br />

nämlich soziale Ausgrenzung. Das ‚System Gastarbeiter‘,<br />

also Arbeitnehmer mit Ablaufdatum, schert sich nicht um<br />

Weiterbildung, Schutz vor Dequalifizierung, sozialen Aufstieg,<br />

Repräsentation in Medien, Anti-Diskriminierung. Dabei<br />

sind das die Voraussetzungen dafür, dass keine ethnisch<br />

eingeschlossenen Unterschichten entstehen. Menschen<br />

erwerben Rechte durch ihr Menschsein, nicht durch die<br />

Zugehörigkeit zu einer Kultur oder Herkunft. Wird das umgedreht,<br />

schnappt die Kulturalismus-Falle zu: einmal Ausländer,<br />

immer Ausländer.“<br />

Martin Schenk hat Psychologie studiert und unter anderem in der Flüchtlingsbetreuung gearbeitet. Er ist Sozialexperte<br />

der Diakonie Österreich und Mitbegründer des österreichischen Anti-Armut-Netzwerks („Die Armutskonferenz“).<br />

Erschienen im „<strong>Report</strong>“ im März <strong>20</strong>07 (online)<br />

70<br />

“The culturalism trap:<br />

once a foreigner, always<br />

a foreigner”<br />

Martin Schenk “Austria has a qualification-based immigration<br />

policy, but it is mostly not taken notice of. And<br />

after someone has been downgraded, no professional advancement<br />

of any kind is possible. A total of 38 per cent<br />

of migrants are engaged in work that lies far below their<br />

potential. We could, in fact, run a third-level college with<br />

the people from our advice centres and accommodation<br />

facilities. The ‘foreign worker model’ of cheap, willing workers<br />

without legal rights is a one-way street in socio-political<br />

terms. Thousands of people have no chance to improve<br />

themselves, live in bad and over-priced accommodation and<br />

with the constant uncertainty of a permanent residence<br />

ban. This brings about the opposite of integration, namely<br />

social exclusion. The ‘guest worker system’, i.e. a system of<br />

employees with an expiry date, does not care about further<br />

education, protection from downgrading, social advancement,<br />

representation in the media, or anti-discrimination.<br />

But these are exactly the measures required to prevent the<br />

development of an ethnically trapped underclass. Human<br />

beings have rights for being human, not because they are<br />

members of a special culture or because of their origins.<br />

If this is not reversed, the culture trap snaps shut: once a<br />

foreigner, always a foreigner.”<br />

Martin Schenk studied psychology and has worked in refugee support, among other things. He is a social expert<br />

of the “Diakonie Österreich” (social welfare organisation of the Protestant churches in Austria) and co-founder of<br />

the Austrian anti-poverty network (“Die Armutskonferenz”).<br />

Published in “<strong>Report</strong>” in March <strong>20</strong>07 (online)

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