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Report_Issue 1/2009 - Jubiläum/ 20 Jahre Mauerfall

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Fischbesteck, Werbung für Seetang, Werbung für Krill<br />

Die Fischindustrie war immer ein wichtiges wirtschaftspolitisches<br />

Thema in der Sowjetunion. Während einer Sitzung<br />

zu den Problemen der Fischerei beim „Obers ten“, also bei<br />

Stalin, fragte dieser Mikojan, seinen Minister für Lebensmittelindustrie:<br />

„Und welchen Fisch, Anastas Iwanowitsch,<br />

liebt das Sowjetvolk am meisten?“ Woraufhin Mikojan<br />

geistreich und ohne mit der Wimper zu zucken antwortete:<br />

„Rindfleisch, Iossif Wissarionowitsch.“ Als während der<br />

Breschnew-Zeit die Lebensmittelversorgung prekär wurde,<br />

führte man 1976 einen sogenannten „Fischtag“ ein, da<br />

Fleisch Mangelware geworden war. Mit der Fischaktion<br />

sollte dem Eiweißmangel der Bevölkerung vorgebeugt<br />

werden. In allen öffentlichen Speiselokalen – Kantinen,<br />

Imbissstuben, Restaurants – wurden an diesem Tag nur<br />

Fischgerichte serviert. Zum „Fischtag“ wurde der Donnerstag<br />

bestimmt, damit er nicht mit einem der orthodoxen<br />

Fasttage – Mittwoch und Freitag – verwechselt wurde. Ein<br />

amüsanter Gegenstand ist dieses Outdoor-Fischbesteck mit<br />

einem blauen Griffetui in der Form eines Fisches. In den<br />

1970er <strong>Jahre</strong>n wurde es in Geschäften für Fischereibedarf<br />

angeboten. Während der Zeit der Perestroika – als es in den<br />

Großstädten kaum noch Lebensmittel gab – waren Konserven<br />

mit Seetang, auch in verschiedenartigen Kombinationen<br />

mit weitgehend ungenießbarem Fisch oder sonstigen<br />

Meerestieren wie etwa Krill (kleinen Krebsen), das Einzige,<br />

was noch erhältlich war. Um die Kunden dennoch zu motivieren,<br />

diese Produkte zu kaufen, griff man schließlich zum<br />

äußers ten Mittel, das in der Sowjetunion eigentlich offiziell<br />

nicht existierte: zur Werbung.<br />

Fish Cutlery, Advertisement for Seaweed, Advertisement for Krill<br />

The fishing industry was always an important aspect of economic<br />

policy in the Soviet Union. During a meeting about<br />

problems of the fishing industry with the “boss”, i.e. Stalin,<br />

the latter asked Mikoyan, his minister for the foodstuffs<br />

industry: “Tell me, Anastas Ivanovich, what fish do the Soviet<br />

people like best?” To which Mikoyan answered without<br />

batting an eyelid: “Beef, Iossif Vissarionovich”. When supplies<br />

of food became limited during the Brezhnev era, what<br />

was known as the “fish day” was introduced, as there was a<br />

shortage of meat. This fish initiative was intended to prevent<br />

a lack of protein among the population. In all official<br />

dining places – canteens, snack bars, restaurants – only<br />

fish dishes were served on this day. Thursday was declared<br />

the fish day so as not to confuse it with one of the Orthodox<br />

fast days – Wednesday and Friday. This set of outdoor fish<br />

cutlery with its blue box in the form of a fish is an amusing<br />

item. It was sold in the 1970s in shops catering to the needs<br />

of fishermen. During the period of perestroika – when there<br />

was hardly any food in the major cities – tins with seaweed,<br />

also in various combinations with fish (generally inedible)<br />

or other seafood such as krill (small prawns) were all that<br />

was available. So as to motivate the customers to buy these<br />

products resort was made to a means that did not exist officially<br />

in the Soviet Union: advertising.<br />

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