ITZ 21-22/2013 - ITJ | Transport Journal
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106 Afrika Internationale <strong>Transport</strong> Zeitschrift <strong>21</strong>-<strong>22</strong> <strong>2013</strong><br />
Multinationale Investitionen in Äthiopien<br />
Äthiopien glaubt an die Schiene<br />
Das afrikanische Binnenland Äthiopien entwickelt stetig seine Pläne für den Güterverkehr auf der Schiene und kann sich des steigenden<br />
Interesses der grossen Schwellenländer gewiss sein. Nachdem 2011 und 2012 Verträge mit chinesischen und türkischen Investoren<br />
ausgehandelt werden konnten, stehen jetzt Verhandlungen mit brasilianischen, russischen und indischen Geldgebern vor dem Abschluss.<br />
Der äthiopische Güterbahnverkehr steht noch am Anfang, aber erste Projekte werden umgesetzt.<br />
Äthiopien kann vom Reissbrett planen.<br />
Seit über einem Jahrhundert besteht eine<br />
Eisenbahnverbindung im Land, die aber<br />
seit geraumer Zeit nur noch zwischen Dire<br />
Dawa im Landesinneren bis zum exterritorialen<br />
Hafen Dschibuti betrieben wird.<br />
Nach der Neugründung der äthiopischen<br />
Eisenbahngesellschaft ERC 2007 verkündete<br />
die Regierung in 2010 zunächst, bis<br />
zum Ende des nächsten Fünfjahresplans<br />
insgesamt 4744 km Länge an elektrifizierten<br />
neuen Schienenstrecken auf Normalspur<br />
im Land bauen zu lassen.<br />
Der Güterfracht gilt dabei das Hauptaugenmerk,<br />
denn neben dem Export<br />
landwirtschaftlicher Waren wie Kaffee<br />
oder Düngemitteln ist Äthiopien eine<br />
Perle in der Kette chinesischer Investitionen<br />
in Afrika. Seit Januar 2012 investiert<br />
der chinesisch-afrikanische Entwicklungsfond<br />
in die Entwicklung einer<br />
Sonderwirtschaftszone bei Addis Abeba<br />
über 2 Mrd. USD, wo Schuh-, Glas- und<br />
Lederfabriken entstehen sollen. Bei der<br />
Kombolcha im Norden entsteht mit saudischem<br />
Geld eine Stahlhütte, in der Provinz<br />
Oromia ebenso als Investition des<br />
indischen Unternehmens Aarti Steels.<br />
Künftig wird der Export des Landes, das<br />
im UN-Index für menschliche Entwicklung<br />
(HDI) 2012 den 173. Platz von 186<br />
einnimmt, eine neue Dimension haben.<br />
Daressalam verbessert seine Umschlagszahlen<br />
Der Hafen Daressalam hat von Juli 2012<br />
bis Februar <strong>2013</strong> seine Umschlagszahlen<br />
um ca. 20% auf 8,3 Mio. t im Vergleich zu<br />
6,9 Mio. t in der Vorjahresperiode erhöht,<br />
teilte die Tanzania Ports Authority in einer<br />
Pressemitteilung mit. Der Umschlag von<br />
Flüssigfracht und Massengut stieg im gleichen<br />
Zeitraum im Vergleich ebenfalls um<br />
<strong>22</strong>% bzw. 32%. Der Anstieg der Frachtvolumina<br />
ist nicht in allen Häfen Ostafrikas<br />
gleichermassen zu konstatieren, wofür u.a.<br />
mangelhaftes Handling und fehlende Ausstattung<br />
verantwortlich gemacht werden<br />
(s. <strong>ITJ</strong> 09-10/<strong>2013</strong>, S. 39). TPA sieht die<br />
gestiegenen Umschlagszahlen als direkte<br />
Auswirkung seiner Investition von über<br />
10 Mio. EUR in vier moderne Krananlagen<br />
in den Häfen Daressalam und Tanga<br />
sowie Schulung der Mitarbeiter.<br />
Als weiteren Trend beobachtet TPA<br />
eine steigende Diskrepanz zwischen den<br />
Ladungsvolumina und der Anzahl der abgefertigten<br />
Schiffe. Die Reedereien setzen<br />
auf Grösse der Schiffe, um Kosten zu sparen<br />
und ihre Margen zu erhöhen.<br />
www.tanzaniaports.com<br />
Foto: Steven Johnson<br />
Der Vorsitzende der ERC, Getachew<br />
Betru, führte Ende April im Ethiopian<br />
Herald <strong>2013</strong> aus, dass die <strong>Transport</strong>kosten<br />
auf der Schiene vom Landesinneren<br />
bis zum Hafen Dschibuti um bis zu zwei<br />
Dritteln günstiger als der Landweg sein<br />
könnten. Seit Juni 2012 arbeiten die China<br />
Communication Construction Company<br />
(CCCC) und das türkische Unternehmen<br />
Yapi Merkezi an einer neuen<br />
Schienenstrecke im Norden des Landes<br />
bis zur Küste, während die China Railway<br />
Group die alte Hauptlinie von Addis Abeba<br />
bis Dschibuti instandsetzt.<br />
Investoren: BRIC-Länder und die Türkei<br />
Die aktuellen Verhandlungen der äthiopischen<br />
ERC betreffen das russische Vorhaben,<br />
im Süden des Landes eine Bahnlinie<br />
von 587 km bis zu dem geplanten Hafen<br />
von Lamu in Kenia zu bauen – ein wichtiges<br />
Teilstück des so genannten «Lapsset<br />
Korridors». Brasilianische Investoren sollen<br />
den langgehegten Plan einer Bahnlinie<br />
durch den Südsudan verwirklichen,<br />
dem wegen der Erdölvorkommen gute<br />
wirtschaftliche Aussichten eingeräumt<br />
werden. Indien, das 2011 noch mit staatlichen<br />
Investitionen in die Schienenverbindung<br />
Ethio-Dschibuti geliebäugelt<br />
hatte, soll nun an Infrastruktur-Projekten<br />
im Hafen Dschibuti interessiert sein, die<br />
als Ergänzung der Aktivitäten indischer<br />
Firmen in Äthiopien angesehen werden.<br />
Gesamtafrikanische Perspektiven<br />
Die ehrgeizigen Pläne im Schienengütertransport<br />
sind nach Auffassung der südafrikanischen<br />
Standard Bank folgerichtig.<br />
David Humphrey, Leiter Infrastruktur<br />
der Bank, äusserte am <strong>22</strong>. April <strong>2013</strong>,<br />
dass das Rohstoffpotenzial Afrikas insgesamt<br />
Investitionen von 50 Mrd. USD<br />
in den Bahngütersektor erfordere, um die<br />
notwendige Logistik für den Export zu<br />
ermöglichen. Westafrika und Mosambik<br />
allein benötigten 4000 km zusätzlicher<br />
Bahnstrecken.<br />
Christian Doepgen<br />
www.erc.gov.et