ITZ 21-22/2013 - ITJ | Transport Journal
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94 Kontrovers Internationale <strong>Transport</strong> Zeitschrift <strong>21</strong>-<strong>22</strong> <strong>2013</strong><br />
Wien läuft gegen EU-Pläne zu überlangen Lkw Sturm.<br />
Österreich gegen Gigaliner<br />
Im Transitland Österreich lehnen Verkehrswirtschaft ebenso wie die Verkehrspolitik die von der EU empfohlene Zulassung von überlangen<br />
Lkw auf ihren Strassen ab. Der EU-Ausschuss des österreichischen Bundesrats hat am 8. Mai eine einstimmig angenommene Mitteilung<br />
an Brüssel verfasst, in der die Alpenrepublik die Einführung der Gigaliner deutlich zurückweist.<br />
Im Schulterschluss gegen überlange Lkw: Verkehrsministerin Doris Bures und Alexander Klacska,<br />
Obmann der Bundessparte <strong>Transport</strong> und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich.<br />
Die Aufregung im österreichischen Verkehrsministerium<br />
an der Wiener Ringstrasse<br />
war bereits am 15. April <strong>2013</strong> gross<br />
gewesen: Die EU-Kommission hatte angekündigt,<br />
künftig in der EU überlange<br />
Lkw mit bis zu 60 t Gewicht und einer<br />
Fahrzeuglänge von bis zu 25 m zuzulassen.<br />
EU-Kommissar Siim Kallas legte<br />
einen überarbeiteten Entwurf der EU-<br />
Richtlinie 96/53/EG vor, wonach künftig<br />
«sichere und umweltfreundliche Lkw»<br />
in grösseren Dimensionen und mit mehr<br />
Ladung an Bord auf Europas Strassen<br />
fahren sollen. Österreichs Verkehrsministerin<br />
Doris Bures nahm diese Ankündigung<br />
zur Kenntnis und liess unverzüglich<br />
die österreichische und europäische<br />
Öffentlichkeit wissen, dass ihr Land der<br />
EU-Richtlinien-Änderung nicht folgen<br />
werde. Mit allen Mitteln werde man zu<br />
verhindern versuchen, dass überlange<br />
Lkw auch auf Österreichs Strassen fahren<br />
können.<br />
Einhellige Ablehnung<br />
«Gigaliner gefährden die Verkehrssicherheit,<br />
sie torpedieren die Verlagerung des<br />
Güterverkehrs von der Strasse auf die<br />
Schiene und Österreich müsste Milliarden<br />
Euro an Umbaukosten zahlen»,<br />
zählte Bures die Kritikpunkte auf und<br />
liess keinen Zweifel daran, dass sie verkehrspolitisch<br />
die Zulassung von überlangen<br />
Lkw scharf zurückweist. «Wir haben<br />
unsere vehemente Ablehnung wiederholt<br />
deponiert und ich werde mich auf jeder<br />
Ebene gegen die Annahme des neuen<br />
Richtlinien-Vorschlages einsetzen», unterstrich<br />
die Ministerin ihre Auffassung.<br />
Dabei bekam Bures überraschenderweise<br />
auch von der Verkehrswirtschaft<br />
Unterstützung. «Wir sehen keinen Bedarf<br />
für überlange Lkw in Österreich, weil<br />
sich das Land topographisch nicht für<br />
derartige Fahrzeuge eignet», signalisierte<br />
Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte<br />
<strong>Transport</strong> und Verkehr in der Wirtschaftskammer<br />
Österreich der Ministerin<br />
die Unterstützung der österreichischen<br />
Verkehrswirtschaft. Ein ökonomischer<br />
Grund für die Ablehnung der Branche:<br />
Auf Frachtführer und Spediteure kämen<br />
erhebliche Kosten für die Umstellung der<br />
Fuhrparks auf überlange Lkw zu, obwohl<br />
die Gigaliner nur auf wenigen Strecken<br />
einsetzbar wären, so Klacska.<br />
Foto: BMVIT / WKO<br />
Unerwünschte Verkehrsverlagerung<br />
Der geänderte EU-Richtlinienvorschlag<br />
zielt konkret darauf ab, dass überlange<br />
Lkw über die Grenze fahren dürfen,<br />
wenn beide betroffenen Staaten damit<br />
einverstanden sind. Aus der Sicht von<br />
Bures könnte wegen der geographischen<br />
Lage Österreichs der politische und wirtschaftliche<br />
Druck aus Europa so gross<br />
werden, dass Österreich früher und später<br />
gezwungen sein könnte, ebenfalls überlangen<br />
Lkw die Fahrt durch das Land zu<br />
erlauben.<br />
Im EU-Weissbuch «Verkehr» wird eine<br />
umfangreiche Verlagerung des Güterverkehrs<br />
von der Strasse auf die Schiene für<br />
alle <strong>Transport</strong>e über mittlere und lange<br />
Strecken propagiert. Die Zulassung von<br />
überlangen Lkw im grenzüberschreitenden<br />
Verkehr würde gerade das Gegenteil<br />
bewirken, nämlich die massive Verlagerung<br />
von Schwerverkehr auf die Strassen,<br />
wird in Österreich befürchtet. «Der<br />
Richtlinien-Vorschlag ist eine Abkehr der<br />
bisherigen Position der Kommission, die<br />
mehrfach erklärt hat, dass grenzüberschreitende<br />
Fahrten mit überlangen Lkw<br />
gegen geltendes EU-Recht verstossen»,<br />
lautete ein weiteres Gegenargument aus<br />
dem österreichischen Ministerium.<br />
Hohe Kosten – Verdrängung der Bahn<br />
Belegt werden die Gegenargumente aus<br />
Wien mit Zahlen und Fakten von drei<br />
Studien über die Auswirkungen einer EUweiten<br />
Zulassung von überlangen Lkw:<br />
5,4 Mrd. EUR müssten in Österreichs Autobahnen<br />
und Schnellstrassen investiert<br />
werden, um sie für die 25 m langen Mega-<br />
Trucks aufzurüsten. Brücken und Tunnel,<br />
die in Österreich einen überproportional<br />
hohen Anteil von 15 % eben jener Autobahnen<br />
und Schnellstrassen ausmachen,<br />
müssten speziell verstärkt und adaptiert<br />
werden im Hinblick auf Tragfähigkeit,<br />
Tunnelsicherheit und Brandschutz.<br />
Der kombinierte Verkehr Strasse-<br />
Schiene würde bei einer EU-weiten Zulassung<br />
überlanger Lkw 75% seines Volumens<br />
verlieren, was für Europas Bahnen<br />
zu einer echter Existenzbedrohung<br />
werden könnte. Und schliesslich würden<br />
überlange Lkw die Verkehrssicherheit gefährden,<br />
argumentiert Bures.<br />
Der Obmann des EU-Ausschusses im<br />
österreichischen Bundesrat, Edgar Mayer,<br />
hat mit seinem Gremium die Argumente<br />
des Wiener Verkehrsministeriums im Mai<br />
erneut zusammengestellt und der EU zugeleitet.<br />
Diesem Positionspapier liegt u.a.