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Steuerung, Vernetzung und Professionalisierung in der ...

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I H S — Lassnigg / <strong>Steuerung</strong>, <strong>Vernetzung</strong> <strong>und</strong> <strong>Professionalisierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsbildung — 11<br />

e<strong>in</strong>em gewissen Grad spielen auch “professionelle” Mechanismen e<strong>in</strong>e Rolle, <strong>in</strong>dem die<br />

beruflichen Kategorien (“Ausbildungsberufe”) <strong>in</strong> diesem System e<strong>in</strong>e essentielle Rolle<br />

spielen <strong>und</strong> auch die Ausbildung vergleichsweise lange dauert. Die Bedeutung des<br />

“Professionalismus” ist e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e als im angelsächsischen Sprachgebrauch, wo dieser<br />

Begriff stärker mit den akademischen Professionen verb<strong>und</strong>en ist. Jedenfalls wird durch die<br />

berufliche Struktur e<strong>in</strong>e spezielle Form <strong>der</strong> Strukturierung des Arbeitsmarktes begründet, die<br />

nicht leicht zu fassen ist. 12 Was auch immer die spezifische Bedeutung dieser Strukturierung<br />

ist, die beruflichen Kategorien s<strong>in</strong>d im Lehrl<strong>in</strong>gssystem hochgradig <strong>in</strong>stitutionalisiert <strong>und</strong> sie<br />

konstituieren auch soziale E<strong>in</strong>heiten, die die beiden Seiten des Arbeitsmarktes überspannen,<br />

welche dadurch auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation dieses Systems bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grad<br />

zusammengeb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d.<br />

Die bürokratische Struktur <strong>der</strong> Bildungssysteme muss weiters durch zusätzliche Merkmale<br />

differenziert werden, die für die Koord<strong>in</strong>ation offensichtlich e<strong>in</strong>e wichtige Rolle spielen. Schon<br />

bevor diese Fragen ihre Prom<strong>in</strong>enz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bildungspolitik erreicht hatten, hat Margret Archer<br />

(1979, S. 628, S. 671) die große Bedeutung des Zentralisierungsgrades für die<br />

Entwicklungsdynamik <strong>und</strong> die dom<strong>in</strong>ierenden Muster von Reformstrategien herausgearbeitet.<br />

Da die verschiedenen Gruppen von Akteuren <strong>in</strong> den beiden Gr<strong>und</strong>typen von<br />

zentralisierten bzw. de-zentralisierten Systemen unterschiedlich <strong>in</strong>teragieren, ergeben sich<br />

auch unterschiedliche langfristige Entwicklungsmuster: "Stop-Go"– Zyklen <strong>in</strong> zentralisierten<br />

Systemen, <strong>und</strong> “<strong>in</strong>krementalistischer Wandel” <strong>in</strong> dezentralisierten Systemen. Ähnliche<br />

Gr<strong>und</strong>muster unterscheidet auch Burton Clark (1986) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vergleich europäischer<br />

Systeme mit dem US-Hochschulsystem. E<strong>in</strong>e weitere Dimension, die <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang wichtig ist, wird als “fragmentation-unification”, quasi als horizontale<br />

Dimension <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>heitlichung bezeichnet (Scott and Meyer 1991, S. 131).<br />

Die verstärkte Kritik am bürokratischen Modell des Bildungswesens bekam z. B. <strong>in</strong><br />

Deutschland durch den zum<strong>in</strong>dest ideologisch e<strong>in</strong>flussreichen Deutschen Bildungsrat <strong>in</strong> den<br />

frühen siebziger Jahren Prom<strong>in</strong>enz. Aber die Kritik bezog sich zunächst nicht auf den Aspekt<br />

<strong>der</strong> hohen Verrechtlichung, <strong>und</strong> auch nicht auf die staatliche Organisation, son<strong>der</strong>n auf die<br />

bürokratische Struktur <strong>der</strong> Schulen, die als unvere<strong>in</strong>bar mit den pädagogischen Aufgaben<br />

gesehen wurde. Die Rolle <strong>der</strong> LehrerInnen als unterstes Glied <strong>der</strong> bürokratischen<br />

Autoritätsstrukturen wurde kritisiert, <strong>und</strong> es wurde e<strong>in</strong> professionelles Modell gefor<strong>der</strong>t.<br />

Mitbestimmung <strong>und</strong> höhere kollegiale Autonomie nach dem Beispiel stärker dezentralisierter<br />

Systeme (z. B. England) waren wichtige Punkte (Deutscher Bildungsrat 1972). Gleichzeitig<br />

12 Es gibt verschiedene Interpretationen <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> beruflichen Struktur des Lehrl<strong>in</strong>gssystems, vom Konzept<br />

<strong>der</strong> “berufsfachlichen Arbeitsmärkte” (Sengenberger 1987) bis zu Betonung <strong>der</strong> Differenz von Ausbildungs- <strong>und</strong><br />

Beschäftigungsberufen (Brenner 1997). Man kann davon ausgehen, dass <strong>in</strong> diesem Bereich vieles unklar ist <strong>und</strong><br />

viele Missverständnisse <strong>und</strong> Übertreibungen vorherrschen, die e<strong>in</strong>er Klärung bedürfen. Rolf Arnold <strong>und</strong> Gisela<br />

Dybowski-Johannson (1995, S. 325) sehen beispielsweise für Deutschland im Verständnis <strong>der</strong> beruflichen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen die zentrale Schnittstelle zwischen <strong>der</strong> Entwicklung lernen<strong>der</strong> Organisationen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Berufsbildung<br />

– David Marsden (1986, Kapitel. 8) betont von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>em Blickw<strong>in</strong>kel aus ebenfalls die Bedeutung beruflicher<br />

Strukturen für die Funktionsweise von Arbeitsmärkten.

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