Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand

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84 WOLFGANG WIEGAND: Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand zweck übersteigt 41 . Wo jedoch für den Kreditschuldner Gebrauch und Nutzung des Sicherungsgutes weiterhin gewährleistet sein müssen, ist ein Pfandrecht durch das in Art. 884 ZGB verankerte Faustpfandprinzip ausgeschlossen. In diesen Fällen böte die Sicherungsübereignung durch Besitzeskonstitut eine Alternative zum Pfandrecht, wäre nicht gerade diese Konstruktion durch die Regelung von Art. 717 ZGB ausgeschlossen worden. Diese Überlegungen verdeutlichen, dass zwischen Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Pfandrecht trotz der Tatsache, dass es sich ihrer wirtschaftlichen Funktion nach um Sicherungsinstrumente handelt, mehr oder weniger grosse strukturelle Unterschiede bestehen. In jedem Einzelfall ist letztlich der Wille der Parteien massgebend und es muss die von den Parteien gewählte Struktur anerkannt werden, soweit und sofern Drittinteressen dies erlauben bzw. dem nicht entgegenstehen 42 . Eine solche Gefährdung der Interessen Dritter sah der Gesetzgeber sowohl bei der Sicherungsübereignung als auch beim Eigentumsvorbehalt, mit dem ich mich im folgenden zunächst befasse. III. Der Eigentumsvorbehalt A. Die gesetzliche Regelung und ihre Problematik Im aOR von 1881 war der Eigentumsvorbehalt nicht vorgesehen, doch hatte er sich bis zur Einführung des ZGB in der Praxis etabliert und wurde auch vom Bundesgericht ausdrücklich anerkannt 43 . In den Entwürfen zum ZGB war an beweglichen Sachen noch die Mobiliarhypothek in Form der Fahrnisverschreibung vorgesehen. Erst in den Beratungen setzte sich schliesslich vor allem aus Gründen der Publizität erneut das Faustpfandprinzip durch, das - wie bereits erwähnt - schon in Art. 210 aOR statuiert war. Mit diesem Entscheid war klar, dass sich die im Güterverkehr immer bedeutender werdende Kreditierung des Kaufpreises nicht durch ein Pfandrecht sichern liess. Gleichzeitig sah man aber in der Zulassung des Eigentumsvorbehaltes erneut die Gefahr, dass Dritte mangels Publizität getäuscht werden und dadurch zu Schaden kommen könnten. Publizität bedeutet Schaffung von Transparenz, damit Dritte vor dem Schein falscher (Rechts-)Verhältnisse bewahrt werden. Da man das Bedürfnis des kreditierenden Verkäufers nach einer Sicherheit für den Kaufpreis nicht Der Sicherungsnehmer erlangt eine über den Sicherungszweck hinausschiessende Rechtsmacht; vgl. WIEGAND. Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, op.cit. (Fn.fi). 543. Das Bundesgericht spricht von • üherschiessender Rechtsmacht». BGE 119 II 33fi (338 m.w.H.). - Zur Konkretisierung dieser Maxime, die für ein am Verkehrsintercsse orientiertes Sachenrecht verallgemeinerungsfähig ist. vgl. WIEGAND, Die Entwicklung des Sachenrechts im Verhältnis zum .Schuldrecht. AcP 190 (1990) 112 ff. (135 ff.). J " BGE 14. III ff.
WOLFGANG WIEGAND: Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand 85 verkannte, gleichzeitig aber auf die Schaffung von Transparenz bedacht war, wurde die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts vom Eintrag in einem Register abhängig gemacht. Dadurch sollten die Eigentumsverhältnisse gegen aussen sichtbar gemacht werden 44 . 1. Das Eigentumsvorbehaltsregister Nach Art. 715 Abs. 1 ZGB ist ein Eigentumsvorbehalt nur dann wirksam, wenn er am jeweiligen Wohnort des Käufers in dem vom Betreibungsbeamten zu führenden Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen ist. Damit stellt sich zunächst die Frage nach der «Lokalität» eines solchen Registers. Die Eintragung «am jeweiligen Wohnort» war schon beim Erlass des ZGB nicht geeignet, diesem Institut die Bedeutung zu verschaffen, die ihm eigentlich zufallen sollte, und sie ist es im heutigen Zeitalter enormer Mobilität erst recht nicht mehr. Dass allein die Verlegung des Wohnsitzes in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Betreibungsamtes zur Unsichtbarkeit und damit zur Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes gegenüber Dritten führt, macht dieses Sicherungsinstrument für den Vorbehaltsverkäufer uninteressant 45 . Gerade im Geschäft mit Konsumgütern, wo mit einer grossen Zahl von Personen Verträge geschlossen werden, ohne dass zwischen den Parteien engere Beziehungen bestehen, erscheint der Aufwand, regelmässig Wohnsitzüberprüfungen durchzuführen, völlig unzumutbar. Dies erklärt unter anderem, weshalb der Eigentumsvorbehalt trotz ausdrücklicher Regelung im Gesetz in der Rechtswirklichkeit ein vergleichsweise bedeutungsloses Dasein fristet 46 . 2. Die juristische Konstruktion a) Konstitutive oder deklaratorische Wirkung des Registereintrags? Nach einer weitverbreiteten und von der Rechtsprechung geduldeten Praxis 41 erfolgt der Registereintrag nicht schon vor oder anlässlich der Sachübergabe. 44 WIEGAND, Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, op.cit. (Fn. 6). 555. Die dogmatisch entgegengesetzte Lösung wurde beim Viehandel getroffen: Da die Viehverpfändung durch Fahrnisverschreibung (Mobiliarhypothek. Art. 885 ZGB) erfolgt, kann hier ein kreditierter Kaufpreis durch ein Pfandrecht gesichert werden. Daher wurde der Eigentumsvorbehalt beim Viehandel ausdrücklich ausgeschlossen (Art. 715 Abs. 2 ZGB). Andernfalls müssten Dritte zur Klärung einer Situation statt nur ein Register deren zwei konsultieren. 45 Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass nach Art. 3 Abs. 3 der VO des Bundesgerichts betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte vom 19.12.1910 (EigVV. SR 211.413.1) der frühere Eintrag bei einem Wohnsitzwechsel noch während drei Monaten wirksam bleibt. ih Eine gesamtschweizerische Statistik über die Eigentumsvorbehalte existiert nicht. Laut Auskunft der Dienststelle Bern des Betreibungskreises Bern-Mittelland werden jedoch für den Amtsbezirk Bern (ca. 2(X)(XX) Einwohner) monatlich nur gerade 30 bis 4(1 Neueinträge registriert. 4 " LIVER. opcit. (Fn. 35). 332 f.; vgl. auch BGE 93 III 96 (1(14).
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