Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand
Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand
Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
WOLFGANG WIEGAND: <strong>Eigentumsvorbehalt</strong>, <strong>Sicherungsübereignung</strong> <strong>und</strong> <strong>Fahrnispfand</strong> 101<br />
IV. Die <strong>Sicherungsübereignung</strong><br />
A. Gesetzliche Ausgangslage<br />
Der Gesetzgeber hat die <strong>Sicherungsübereignung</strong> nur «indirekt» in Art. 717<br />
<strong>und</strong> Art. 884 ZGB geregelt. Nach Art. 717 Abs. 1 ZGB sind Eigentumsübertragungen<br />
durch Besitzeskonstitut Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit<br />
ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand<br />
beabsichtigt worden ist. In Art. 884 Abs. 3 ZGB ist das für das <strong>Fahrnispfand</strong>recht<br />
zentrale Faustpfandprinzip geregelt 137 .<br />
Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber gr<strong>und</strong>sätzlich davon ausgeht, dass<br />
die Eigentumsübertragung zu Sicherungszwecken möglich <strong>und</strong> rechtlich zulässig<br />
ist 138 . Der konkrete Anwendungsbereich der <strong>Sicherungsübereignung</strong> ergibt<br />
sich somit durch Auslegung von Art. 717 Abs. 1 ZGB, m.a.W. durch die<br />
Beantwortung der Frage, wann eine Umgehung der Bestimmungen über das<br />
Faustpfand anzunehmen ist 139 . Das B<strong>und</strong>esgericht hat diesbezüglich schon<br />
früh entschieden, dass es dabei nicht auf die Vorstellungen der Vertragsschliessenden<br />
ankommt, sondern dass Art. 717 Abs. 1 ZGB objektiv, d.h. aus<br />
der Sicht eines unbeteiligten Dritten nach dem Vertrauensprinzip, auszulegen<br />
sei 140 . Daraus folgt, dass jede <strong>Sicherungsübereignung</strong> durch Besitzeskonstitut<br />
als Versuch, die Pfandrechtsvorschriften zu umgehen, gewertet werden muss.<br />
Damit knüpft die von Rechtsprechung <strong>und</strong> Lehre 141 vertretene Linie praktisch<br />
wieder an den Rechtszustand des bernischen Zivilrechts im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
an 142 .<br />
Mit den Regeln in Art. 717 <strong>und</strong> 884 ZGB hat der Gesetzgeber aber nur eine<br />
Konstellation der <strong>Sicherungsübereignung</strong>, nämlich diejenige mit Besitzeskonstitut,<br />
geregelt. Die <strong>Sicherungsübereignung</strong> durch Tradition entspricht indessen<br />
nicht den Bedürfnissen der Marktteilnehmer: Für diejenigen, die überhaupt<br />
in der Lage wären, bewegliche Sachen (z.B. Fahrzeuge. Warenlager. Maschinen<br />
etc.) als Kreditunterlage zu verwenden, sind diese Gegenstände für<br />
die Fortführung ihres Geschäftsbetriebes in der Regel unentbehrlich. Deshalb<br />
ist die Bedeutung der <strong>Sicherungsübereignung</strong> in der Schweiz beschränkt auf<br />
sicherungshalber an Kreditgeber übereignete Wertpapiere, insbesondere<br />
Schuldbriefe 143 .<br />
117 Zur <strong>Sicherungsübereignung</strong> vgl. BK-ZOBL, op.cit. (Fn. 25). Syst. Teil. Rn. 1299-1505. Zur<br />
Rechtslage in Deutsehland vgl. STAUDINGERAVIFGAND. op.cit. (Fn. 37). Anh. zu Sä 929-911.<br />
138 Dazu ausf. WIEGAND. Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, op.cit. (Fn. 6). 549 f.<br />
139 WIEGAND. Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, op.cit. (Fn. 6). 551.<br />
I4 " BGE 39 II 691 (692 f.) <strong>und</strong> sodann gr<strong>und</strong>legend BGE 42 II 17 (24 ff.).<br />
141 Vgl. die Übersichten bei ZK-OFLINGFR/BÄR. op.cit. (Fn. 123). Art. 884. Rn. 28(1 ff.: BK-ZOBL.<br />
op.cit. (Fn. 25). Art. 884, Rn. 719 f.; LIVER. op.cit. (Fn. 35). 322 f.<br />
142 Dazu oben S. 77 f.<br />
143 Dazu aus dem vergangenen Jahrzehnt BGE 119 II 326 <strong>und</strong> BGE 115 II 349.