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Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand

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WOLFGANG WIEGAND: <strong>Eigentumsvorbehalt</strong>. <strong>Sicherungsübereignung</strong> <strong>und</strong> <strong>Fahrnispfand</strong> 91<br />

Der gute Glaube im Sinne von Art. 3 Abs. 1 ZGB wird allgemein definiert<br />

als fehlendes Unrechtsbewusstsein trotz Vorliegens eines Rechtsmangels 1 *. Wie<br />

Art. 3 ZGB beim Rechtserwerb vom Nichtberechtigten zu interpretieren ist,<br />

hat das B<strong>und</strong>esgericht vor kurzem exemplarisch wie folgt umschrieben 75 :<br />

«Der Erwerber einer Sache gilt gr<strong>und</strong>sätzlich als gutgläubig (Art. 3 Abs. 1 ZGB).<br />

Der Gutglaubensschutz versagt indessen, wenn die Unkenntnis des gutgläubigen Erwerbers<br />

vom Rechtsmangel darauf zurückzuführen ist, dass er beim Erwerb der Sache<br />

jene Aufmerksamkeit vermissen Hess, die von ihm nach den Umständen verlangt werden<br />

durfte (Art. 3 Abs. 2 ZGB). Die Unaufmerksamkeit zieht somit die gleichen<br />

Rechtsfolgen nach sich wie die Bösgläubigkeit.»<br />

Nach Art. 3 Abs. 1 ZGB wird der gute Glaube vermutet, wo das Gesetz<br />

eine Rechtswirkung an dessen Vorhandensein knüpft. Es handelt sich um eine<br />

von Art. 8 ZGB abweichende Verteilung der Beweisführungslast 76 ; gleichzeitig<br />

wird damit auch über die Folgen der Beweislosigkeit entschieden: Der<br />

Richter hat solange von der Gutgläubigkeit auszugehen, als nicht der Beweis<br />

des Gegenteils erbracht ist. Ob von dieser Vermutung auch die nach Art. 3<br />

Abs. 2 ZGB verlangte Beobachtung der gebotenen Aufmerksamkeit umfasst<br />

wird, ist hingegen umstritten. Die Frage wurde früher bejaht 77 , von der neueren<br />

Lehre dagegen verneint; das B<strong>und</strong>esgericht hat die Frage bisher offen gelassen<br />

79 .<br />

In seiner neueren Rechtsprechung zum gutgläubigen Eigentumserwerb<br />

vom Nichtberechtigten hat das B<strong>und</strong>esgericht die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten<br />

des Käufers schrittweise <strong>und</strong> branchenspezifisch verschärft.<br />

Zwar geht es nach wie vor davon aus. es bestehe «keine allgemeine Erk<strong>und</strong>igungspflicht»<br />

80 in bezug auf das Vorliegen der Verfügungsmacht des Veräusserers,<br />

doch gebe es Geschäftszweige, in denen sich Nachforschungen nicht<br />

erst bei konkretem Verdacht eines Rechtsmangels aufdrängen, sondern bereits<br />

dann, «wenn aufgr<strong>und</strong> der Umstände Anlass zu Misstrauen besteht»* 1 . In<br />

zwei früheren Entscheidungen 82 ging es um den Handel mit Occasionsautomobilen:<br />

So wurde zunächst entschieden, dass sich ein Händler nicht auf den<br />

74<br />

BK-JAGOI, Einleitung <strong>und</strong> Personenrecht. Bern 1966. Art. 3, Rn. 16 ff. <strong>und</strong> BGE 99II131 (147):<br />

kritisch THEO MAVER-MALV. in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht. ZGB I. Basel<br />

1996. Art. 3, Rn. 9 ff. (nachfolgend zit. ZGB-[Kommentator]).<br />

75<br />

BGE 121 111345(348).<br />

7<br />

* BGE 107 II 440 (456); ZGB-MAYER-MALY. op.cit. (Fn. 74). Art. 3. Rn. 29 m.Nw. zu a.M.<br />

77<br />

BGE 70 II 106: BK-JÄGGI. op.cit. (Fn. 74). Art. 3. Rn. 117.<br />

78<br />

ALFRED KOLLER, Der gute <strong>und</strong> der böse Glaube im allgemeinen Schuldrecht. Freiburg 1994.<br />

Rn. 180.<br />

79<br />

BGE 113 II 397 (399 E.b).<br />

80<br />

Nach richtiger Auffassung ist die Vernachlässigung der gebotenen Aufmerksamkeit nicht<br />

Pflicht-, sondern Obliegenheitsverletzung, vgl. ZGB-MAYER-MALY. op.cit. (Fn. 74) Art. 3.<br />

Rn. 36 a.E.<br />

»' BGE 122 III 1 (3).<br />

« BGE 107 II 41 <strong>und</strong> BGE 113 II 397.

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