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Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand

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88 WOLFGANG WIEGAND: <strong>Eigentumsvorbehalt</strong>. <strong>Sicherungsübereignung</strong> <strong>und</strong> <strong>Fahrnispfand</strong><br />

eine Vertragslücke vor, die nach den Regeln über die Vertragsergänzung zu<br />

füllen ist 57 . Infolgedessen ist danach zu fragen, was die Parteien vereinbart<br />

hätten, wenn sie sich dieser Vertragslücke bewusst gewesen wären. Auch hier<br />

liegt es wiederum am nächsten, eine Suspensivwirkung des <strong>Eigentumsvorbehalt</strong>s<br />

anzunehmen. Der Richter wird sich nämlich fragen, was vernünftige Parteien<br />

vereinbart hätten, wenn sie eine Sache übergeben <strong>und</strong> die Sicherstellung<br />

des Kaufpreises durch eine bedingte Übereignung gewährleisten wollten 58 .<br />

Abzustellen ist auf den Parteiwillen aber nicht nur für die Wirkungen eines<br />

<strong>Eigentumsvorbehalt</strong>es, sondern überhaupt für dessen wirksames Zustandekommen:<br />

Ein <strong>Eigentumsvorbehalt</strong> im Sinne von Art. 715 ZGB kann nur bis<br />

zur Übergabe der Sache gültig vereinbart werden 59 . Ein nachträglich, d.h. nach<br />

erfolgter Übereignung des Kaufgegenstandes vereinbarter Vorbehalt ist dagegen<br />

dogmatisch-strukturell als <strong>Sicherungsübereignung</strong> zu qualifizieren 60 :<br />

Wurde bis zur Übergabe kein <strong>Eigentumsvorbehalt</strong> angebracht, erwirbt der<br />

Käufer vorbehaltlos Eigentum. Die vorbehaltlose Verfügung bewirkt eine<br />

Veränderung im Bestand der subjektiven Rechte 61 ; diese Änderung erfolgt<br />

unmittelbar <strong>und</strong> endgültig 62 , kann somit nicht widerrufen werden 61 . Die nachträgliche<br />

Einräumung eines Sicherungsrechts an der veräusserten Sache kann<br />

daher nicht durch Änderung des Kaufvertrags konstruiert werden, sondern<br />

bedarf des Abschlusses eines neuen Vertrages, in welchem sich der Käufer verpflichtet,<br />

dem Verkäufer die in sein Eigentum übergegangene Kaufsache zurückzuübereignen,<br />

bis der Kaufpreis bezahlt ist; verbleibt der Käufer dabei im<br />

Besitz der Sache, greift Art. 717 Abs. 1 ZGB.<br />

c) Stellungnahme<br />

Für die hier vertretene Konzeption des <strong>Eigentumsvorbehalt</strong>es sprechen folgende<br />

Gründe:<br />

Zum einen entspricht sie dem historischen Verständnis des <strong>Eigentumsvorbehalt</strong>s<br />

<strong>und</strong> seinem Zweck: Es war eine Selbstverständlichkeit, dass nur die<br />

Vereinbarung der Zurückbehaitimg des Eigentums (pactum reservati dominii)<br />

die diesem Institut zugedachte Funktion erfüllen konnte. Zum anderen entspricht<br />

die oben erläuterte relative Wirksamkeit des <strong>Eigentumsvorbehalt</strong>s.<br />

51 Zur Vertragsergänzung vgl. OR-WIF:GAND. op.cii. (Fn. 56). Art. 18. Rn. 61 ff.<br />

58 Die Gefahrtragung richtet sich - ungeachtet oh suspensiv- oder resolutivbedingter Erwerb vereinbart<br />

wurde - nach den allgemeinen Regeln des Kaufrechts. Art. 185 Abs. 3 OR ist auf den<br />

Kauf unter <strong>Eigentumsvorbehalt</strong> nicht anwendbar, da dadurch nicht etwa der Kaufvertrag<br />

selbst, sondern nur die Eigentumsühertragung unter eine Suspensivbedingung gestellt wird.<br />

Vgl. da/u BK-GIGER. Kauf <strong>und</strong> Tausch - Die Schenkung. 2. Aufl. Bern 1980. Art. 185, Rn. 54 f.<br />

w LIVER, op.cit. (Fn. 35). 332: a.M. ZK-SCHERRER. op.cit. (Fn. 35). Art. 715/16 Rn 50 f <strong>und</strong><br />

Art. 717. Rn. 63.<br />

"" STAUDINGER/WIEGAND. op.cit. (Fn. 37). § 950.<br />

"' EUGEN BUCHER. Obligationenrecht - Allgemeiner Teil. 2. Aufl. Zürich 1988.42.<br />

" : PETER GAUCH/WALTER R. SCHEUEP. Schweizerisches Obligationenrecht - Allgemeiner Teil<br />

6. Aufl. Zürich 1995. Band I Rn. 137.<br />

"' BUCHER. OR AT. op.cit. (Fn. 61). 42 Anm. 46a.

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