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Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

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eine Neubewertung der meistens abschätzig beurteilten «weiblichen» Tätigkeiten<br />

zu initiieren, stellen der internationale Sport und die Athletinnen quasi<br />

«das Ende der feministischen Geschichte» dar.<br />

10 11<br />

9 Sexismus, Diskriminierung,<br />

sexuelle Übergriffe, ökonomische Ausschliessmechanismen und Machthierarchien<br />

sind in nationalen und internationalen Sportvereinen an der Tagesordnung.<br />

10 Die Sportseiten widmen Frauen im Sport ganz wenige Zeilen, es sei<br />

denn, sie können gleichzeitig Sex-Appeal und Leistung und/oder nationalen<br />

Stolz verbinden. 11 Während männliche Athleten mit ihrem körperlichen Einsatz<br />

Stärke, ihren Staat, ihr Sportunternehmen u.a. identifizieren, stellen die<br />

Athletinnen den schönen Aspekt, die Anmut, die Geschmeidigkeit und die<br />

Kultur per se dar. Immer wieder weisen Sport-Schlagzeilen auf die gesellschaftliche<br />

Verwunderung hin, dass auch «zierliche» Frauen 3,8 km schwimmen, 180<br />

km Rad fahren und anschliessend noch 42,2 km rennen können. Gleichzeitig<br />

dominieren typische Strategien der Diffamierung einzelner Sportarten als<br />

«unweiblich». Erinnert sei an die immer wiederkehrenden Kommentare beim<br />

Frauen-Diskuswerfen. Gerade letztes Beispiel zeigt, wie wenig Frauen eigentlich<br />

immer noch in «Männersportarten» zu suchen haben. 12<br />

Der Weg, auch nur zur Anerkennung der Tatsache, dass Frauen Sport treiben,<br />

und zwar auf höchstem Niveau, war hart und steinig. 13 1967 gelang es einer 20jährigen<br />

Athletin, unter dem Pseudonym K.V. Switzer am Bostoner Marathon<br />

teilzunehmen. Sie argumentierte völlig logisch, dass ihr nie in den Sinn gekommen<br />

sei, dass ausschliesslich Männer an diesem Wettbewerb teilnehmen dürfen.<br />

14 Switzer demonstrierte damit eine weibliche Ausdauer und Kraft, welche<br />

die Männer bis dahin immer verneint hatten. Bis 1972 erlaubte das Olympische<br />

Komitee nicht einmal das 1500-Meter-Rennen für Frauen. Und der erste olympische<br />

Marathon für Frauen fand erst 1984 statt.<br />

Seither geht es Schritt um Schritt mit der Eroberung des Terrains der Männersportarten,<br />

die, kaum erreicht, wiederum sexualisiert aufgeladen werden, um<br />

den Frauen den ihnen zustehenden Platz in Gesellschaft, Sport, Politik und<br />

Wirtschaft zuzuweisen. Und während dieses Prozesses verstummen die Frauen<br />

mit demselben Tempo, indem sie an Statistiken zulegen. 15 Gescheiterter Versuch der emanzipation durch Sport<br />

Die Geschichte der Ein- und Ausklammerung von Frauen bei den wichtigen<br />

nationalen und internationalen sportlichen Wettbewerben ähnelt darin der<br />

Geschichte der politischen Gleichstellung. Und wie in der Politik stehen auch<br />

im Sport einflussreiche Institutionen und Akteure im Wege, die alles daransetzen,<br />

den Einbezug der Frauen zu kanalisieren, zu kontrollieren, zu begrenzen<br />

und so zu gestalten, dass er dem gerade gängigen zeitgenössischen Frauenideal<br />

nicht widerspricht. Frauen wurden bei den Olympischen Spielen nie aus Gründen<br />

der Gleichheit und der Anerkennung ihres Menschenstatus zugelassen,<br />

sondern aus Gründen politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Konvenienz.<br />

Trotz starker Frauenlobbys waren und sind die Athletinnen immer<br />

noch auf den Goodwill und die politische Agenda der Männer angewiesen.<br />

«Paid less, with fewer representatives in senior administrative, coaching, media,<br />

and academic positions, women are left in little doubt that they remain interlopers<br />

rather than tenants.»<br />

Das Erstarken der<br />

Frauenfussballklubs sowie Box-Office-Hits wie «Bend It Like Beckham» sind<br />

in diesem Zusammenhang wohl eher die Ausnahme, die die Regel bestätigen.<br />

Dass ausgerechnet das Frauentennis mittlerweile auch den Akteurinnen Millionenverträge<br />

einbringt, ist weniger der Beleg dafür, dass Frauen in einem<br />

Sport gleichberechtigt sind, sobald sie gleiche oder ähnliche Leistungen wie<br />

die Männer erbringen. Frauentennis ist deswegen so etabliert, weil nicht zuletzt<br />

Frauen für ihre Präsenz und ihren Einsatz auf dem Hartplatz jahrzehntelang<br />

und hart gekämpft haben.<br />

16 Besonders die auf Inszenierung fixierte Popkultur,<br />

welche <strong>vor</strong> allem im Sport dank trivialisierendem Fernsehpopulismus unreflektierte<br />

Geschlechter-, Ökonomie- und Politiken-Matrixen transportiert,<br />

verstümmelt viele Ansätze emanzipatorischer Kraft.<br />

Kommerzialisierung des Sports<br />

Der Frauensport stellte eines der Einfallstore dar, in welchen das Marketing<br />

den Siegeszug der Werbeästhetik «Werde ein Ding» erfolgreich umsetzte. Dies<br />

hängt mit der Eroberung des Marktes durch die grossen Sportwarenproduzenten<br />

zusammen. Sportartikel wurden zwar schon immer grundsätzlich<br />

auch gekauft, weil sie gewisse Funktionen erfüllen. Doch eigentlich ist der<br />

Olympe 21/05

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