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Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

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dieser Trend mittlerweile auch auf europäischen Rasenflächen beobachten liess:<br />

«Maintenant que les femmes se sont mises au soccer avec un succès médiatique<br />

incontestable, elles font de même, (...).» 12 Die Aktion der amerikanischen Sportlerin<br />

wurde durch die besondere Aufmerksamkeit der US-Medien und die daraus<br />

fliessenden Werbeverträge legitimiert, womit ein weltweiter Nachahmungseffekt<br />

garantiert war.<br />

Obwohl geschlechtsspezifische Stereotypisierungen gesellschaftlich zwar fest verwurzelt<br />

zu sein scheinen, erweisen sie sich nicht als unverrückbar. Ansonsten würden<br />

Frauen in der Schweiz auch am Anfang des 21. Jahrhunderts weder studieren, unterrichten,<br />

befehlen, abstimmen, spekulieren, politisieren ... – noch Fussball spielen.<br />

Olympe 21/05<br />

Weibliche fussballfans – imitationen und innovationen<br />

Nicole Selmer<br />

Literatur:<br />

Pierre Arnaud, Thierry Terret (Hg.), Histoire du sport féminin. Sport masculin – sport féminin: Education<br />

et société, Tome 2, Espaces et Temps du Sport, L’Harmattan, Paris 1996.<br />

Klaus Bischops, Heinz-Willi Gerards, Trainingsbuch Mädchenfussball,<br />

Meyer & Meyer Verlag, Aachen 2000.<br />

Raymond Boyle, Richard Haynes, Power Play. Sport, the Media and Popular<br />

Fussball-Fankultur ist männlich kodiert, sie entstammt einer männlichen Jugendkultur<br />

und wird in Männer-Stammtischrunden reproduziert. Frauen tau-<br />

Culture, Pearson Education Limited, Essex/England 2000.<br />

chen in den fernsehproduzierten Bildern von Spielen als dekoratives Ornament<br />

78<br />

Ommo Grupe (Hg.), Sport in unserer Welt – Chancen und Probleme. Referate,<br />

Ergebnisse, Materialien, Wissenschaftlicher Kongress München vom 21. bis zum 25. August 1972,<br />

Springer-Verlag Berlin, Heidelberg 1973.<br />

auf. Als Begleiterinnen oder als hysterisch kreischende, dem Starkult verfallene<br />

Teenies werden sie mit- und wahrgenommen. Akzeptierte Fussballkultur ist, so<br />

79<br />

Claudia Kugelmann, Starke Mädchen, schöne Frauen? Weiblichkeitszwang und<br />

Sport im Alltag, AFRA-Verlag, Butzbach-Griedel 1996.<br />

Carola Merk-Rudolph, Sportgeschichte aus Frauenperspektive. Eine Möglichkeit für Mädchen zur<br />

wie sie sich nach aussen darstellt, männlich. Diese fast ausschliessliche Dominanz<br />

der Bilder männlicher Fankultur entspricht nicht den statistischen Tatsa-<br />

geschlechtsspezifischen Identitätsfindung im Rahmen des Schulsports, Europäische Hochschulschriften,<br />

Reihe XI, Band 785, Peter Lang GmbH – Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main<br />

1999.<br />

chen – die zum Beispiel darin bestehen, dass etwa ein Viertel der Menschen in<br />

deutschen Stadien weiblich ist ebenso wie ein Drittel der Zuschauer der Sport-<br />

Gertrud Pfister, Sport im Lebenszusammenhang von Frauen. Ausgewählte Themen, Schriftenreihe des<br />

schau am Samstag. Diese Frauen, die weiblichen Fans, die nicht alle Groupies,<br />

Bundesinstituts für Sportwissenschaft, Band 104, Verlag Karl Hofmann Schorndorf, Köln 1999.<br />

Rainer Wehlen, Regeln und Sprache des Sports. Fussball, Handball, Korbball, Hockey, Tennis, Golf,<br />

Polo, Basketball, Wasserball und andere Ballspiele, Band 1, 2. Aufl., Dudenverlag, Mannheim 1976.<br />

Begleiterinnen oder Cheerleader sein können, sind noch immer seltsam unsichtbar<br />

– ein Effekt, der sogar professionellen FanarbeiterInnen bekannt ist.<br />

So sagt Geneviève Favé vom Fanprojekt des Hamburger Sport-Vereins: «Wenn<br />

man die Masse anguckt, dann sieht man erst mal nur Jungs, und danach erst<br />

1 Wehlen, Regeln und Sprache des Sports, S. 66.<br />

2 Vgl. Zit. bei Landschoof, in: Kugelmann, Starke Mädchen, schöne Frauen?, S. 145.<br />

3 Vgl. Kugelmann, Starke Mädchen, schöne Frauen?, S. 145.<br />

merkt man, dass da auch noch ein paar andere Wesen sind (…).»<br />

Das äussere Erscheinungsbild und das Verhalten der StadionbesucherInnen, ins-<br />

4 Der Bund vom 25.9.1970, Nr. 224, S. 11.<br />

5 Sonntags-Blick vom 4.3.1990, S. 101.<br />

6 Boyle/Haynes, Power Play, S. 141.<br />

besondere in den Fanblocks, orientiert sich in weiten Teilen noch immer an der in<br />

den 70er Jahren entstandenen Fussball-Jugendkultur. Auch wenn bestimmte ihrer<br />

7 Merk-Rudolph, Sportgeschichte aus Frauenperspektive, S. 170.<br />

Vertreter wie Kuttenträger und Hooligans mittlerweile weniger häufig anzutreffen<br />

8 Harris, in: Grupe, Sport in unserer Welt, S. 413.<br />

9 Pfister, Sport im Lebenszusammenhang von Frauen, S. 37 ff.<br />

10 Arnaud, Le genre ou le sexe?, in: Arnaud/Terret, Histoire du sport féminin, Tome 2, S. 182–183.<br />

sind, werden die Fankurven weiterhin von einer, wie Peter Becker es 1990 nannte,<br />

«männlichen Grammatik» geprägt. Es gibt einen gewissen Habitus, der sich in Ges-<br />

11 Bischops/Gerards, Trainingsbuch Mädchenfussball, S. 7-17.<br />

12 Hebdo Nr. 28 vom 12.7.2001, S. 12.<br />

ten und Sprüchen ausdrückt, es gibt Fangesänge, bestimmte Rituale und Werte.<br />

Die Regeln dieser Grammatik jedoch sind nicht angeboren, sondern man muss sie<br />

erlernen, um sie zitieren zu können, und das gilt für Männer ebenso wie für Frau-

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