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Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

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SpoRT – «MANNSCHAfTEN»<br />

Schönheit im Abseits – essay über Bilder des frauenfussballs<br />

Annette Hug<br />

68<br />

Fussballer sind auch nicht mehr, was sie einmal waren – <strong>vor</strong>bei ist die knallharte,<br />

unberührbare Männlichkeit auf dem Rasen. David Beckham ist in der gehobenen<br />

Lifestylepresse zum Dauerbeispiel für «Metrosexualität» avanciert. Der coole Angehörige<br />

grossstädtischer Prominenz zeichnet sich heute dadurch aus, dass er mit<br />

69<br />

althergebrachten Geschlechterstereo typen zu spielen vermag: Der treusorgende<br />

Vater schminkt sich ab und zu die Augen und ist trotzdem der gefährlichste Freistossschütze<br />

des europäischen Kontinents. Vielleicht hat es mit dieser Neuordnung<br />

der Geschlechterzuschreibungen zu tun, dass sich seit den Weltmeisterschaften von<br />

1998 Frauen ungehemmt <strong>vor</strong> Freiluft-Lein wänden treffen, um Länderspiele zu verfolgen.<br />

Diesen Umschwung kann ich genau datieren, weil ich schon seit Mitte der<br />

80er Jahre regelmässig Fussballspiele anschaue – öffentlich und privat. Heute sind<br />

Frauen als Fussballfans nicht mehr exotisch, und sie müssen auch nicht mehr beweisen,<br />

dass sie etwas vom Spiel verstehen. Das Match-Schauen in Bars und Freibädern<br />

ist so populär geworden, dass sich auch viele Männer ohne relevante Vorkenntnisse<br />

einfinden. Sie beteiligen sich gern, wenn laue Phasen einer Partie durch Knackarschranglisten<br />

belebt werden.<br />

Etwas ist allerdings gleich geblieben: Auf dem Bildschirm machen Männer ernste<br />

Gesichter zur Landeshymne, Männer steigen in Zeitlupe zum Fallrückzieher auf.<br />

Das Museum für Gestaltung in Zürich zeigte dieses Jahr in der Ausstellung «Sportdesign»<br />

einen Zusammenschnitt aus Liveübertragungen. Der Fernsehjournalist<br />

Tom Menzi hatte Szenen nach gestalterischen Kriterien montiert: bildschirmfüllende<br />

Publikumsmassen, Zoom auf den Ball, Tor schützen inszenieren sich <strong>vor</strong> dem<br />

Publikum, Aufstellungsdiagramme verdecken Spieler beim Einlaufen. Der Ton ist<br />

relativ leise eingestellt. Paradoxerweise wirken die Bilder in dieser absolut künst-<br />

Olympe 21/05<br />

lichen Reihung authen tischer als ein «Sportschau»-Rückblick. Sie ermöglichen ein<br />

stilles und herzliches Wiedersehen mit Heinz Hermann, Mittelfeldor ganisator der<br />

Grasshoppers in den frühen 80er Jahren.<br />

Die unregelmässig-gleichförmigen Einstellungen wecken Erinnerungen an verregnete<br />

Trai ningsstunden und schwere Beine. Aber diese Erinnerungen sperren sich<br />

gegen jede Verfestigung, sie machen <strong>vor</strong> dem Bildschirm Halt und bleiben ohne<br />

Design. Das Flutlicht des Hardturms erreicht den Sportplatz der unteren Ligen in<br />

Altstetten nicht. Die nackten Frauen, die auf dem nassen Garderobenboden fast<br />

ausrutschen, hatten schon früher nichts zu tun mit den Aufzeich nungen im «Sport

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