Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?
Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?
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kostenintensiven öffentlichen Sportanlagen wie Hallenbäder und Eisbahnen mehr<br />
als Männer. Mindestens in der Stadt Zürich ist das so, und das heisst, dass Frauen<br />
mehr von den öffentlichen Sportgeldern für sich beanspruchen als Männer. Grund<br />
zum Jubeln ist das jedoch noch nicht, zumal in dieser Rechnung die Bodenpreise der<br />
gemeindeeigenen Fussballplätze nicht eingerechnet sind; dann sähe die Rechnung<br />
anders aus. Trotzdem: Auf Anfrage beim Sportamt der Stadt Zürich, ob Frauen und<br />
Mädchen im Sport speziell gefördert würden, schreibt Katharina Schmid: «Die Programme<br />
des Freiwilligen Schulsports und des grössten und wichtigsten Ferienlagers<br />
in Fiesch werden bewusst so gestaltet, dass mindestens die Hälfte der Teilnehmenden<br />
Mädchen sind (z.B. verschiedenste Tanzkurse, Gymnastik).» Lola bewegt sich<br />
offenbar gleich oft wie Hans, aber macht sie das auch aus demselben Grund? Männer<br />
engagieren sich in Wettkampfsportarten, Frauen steigen auf den Stepper und betreiben<br />
Aerobics. Körperkult mag bei den einen Frauen die treibende Kraft sein, bei<br />
den anderen Gesundheitsprävention und aktive Erholung. Sport ist auch ein Mittel,<br />
um sich dem gängigen Schönheitsideal «schön, straff, schlank» anzunähern, welches<br />
uns von der Sportbekleidungsindustrie <strong>vor</strong>gegeben wird. Einen Abend im Fitnesscenter<br />
zu verbringen ist daher für viele Frauen ein willkommenes Freizeitvergnügen:<br />
Sie stärken ihre Muskeln, verbrauchen Kalorien und müssen sich mit niemandem<br />
unterhalten. Auch werden sie im Fitnesscenter weniger von Männern angemacht als<br />
etwa in einer Bar. Alles paletti also? Kaum, denn diese Individualisierungstendenzen<br />
verschleiern patriarchale Zuweisungen und neue einengende Werte. Während<br />
viele Frauen alleine auf dem Ergometer sitzen, einem modernen Hometrainer, der<br />
in allen Fitnessstudios steht, kämpfen die Männer beim Ballsport gemeinsam um Tore<br />
und Punkte. Die in Zürich lebenden Aktivsportlerinnen turnen am liebsten oder<br />
machen Gymnastik, trotzdem sind sie weniger in Vereinen engagiert als die Männer.<br />
Vereinsmitgliedschaften sind ohnehin nicht so beliebt bei Frauen. Nur 38 Prozent<br />
der Mitglieder eines Sportvereins sind Frauen. Männer sind also ausgesprochene<br />
Vereinsmeier. Nach dem Training treffen sie sich auf ein Bier und knüpfen Kontakte,<br />
die ihnen im Alltag nützlich sind. Das machen die Frauen im Fitnesscenter nach dem<br />
Aerobic-Training auch, nur ist dieses Training und die Mitgliedschaft im Center weniger<br />
verbindlich als das Training eines (Männer-)Sportclubs. Dass Männer nur um<br />
Tore kämpfen und Frauen gegen die Orangenhaut, gilt jedoch nicht (mehr). Häufig<br />
erliegen auch Männer dem Körperkult und trimmen sich straff, Frauen vergnügen<br />
sich hingegen beim Fussball. Erfreulich ist, dass Frauen so viel Sport treiben, welche<br />
Sportarten und ob in einem Verein organisiert oder nicht, ist sekundär. Die vielen<br />
schwitzenden Frauen tragen letztlich dazu bei, das Bild der sporttreibenden Frauen<br />
in der Gesellschaft zu verändern. Bleibt zu hoffen, dass an der nächsten Olympiade<br />
in Peking die Beachvolleyballerinnen auch Rollkragenpullis tragen dürfen.<br />
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Olympe 21/05