27.11.2012 Aufrufe

Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

104<br />

kostenintensiven öffentlichen Sportanlagen wie Hallenbäder und Eisbahnen mehr<br />

als Männer. Mindestens in der Stadt Zürich ist das so, und das heisst, dass Frauen<br />

mehr von den öffentlichen Sportgeldern für sich beanspruchen als Männer. Grund<br />

zum Jubeln ist das jedoch noch nicht, zumal in dieser Rechnung die Bodenpreise der<br />

gemeindeeigenen Fussballplätze nicht eingerechnet sind; dann sähe die Rechnung<br />

anders aus. Trotzdem: Auf Anfrage beim Sportamt der Stadt Zürich, ob Frauen und<br />

Mädchen im Sport speziell gefördert würden, schreibt Katharina Schmid: «Die Programme<br />

des Freiwilligen Schulsports und des grössten und wichtigsten Ferienlagers<br />

in Fiesch werden bewusst so gestaltet, dass mindestens die Hälfte der Teilnehmenden<br />

Mädchen sind (z.B. verschiedenste Tanzkurse, Gymnastik).» Lola bewegt sich<br />

offenbar gleich oft wie Hans, aber macht sie das auch aus demselben Grund? Männer<br />

engagieren sich in Wettkampfsportarten, Frauen steigen auf den Stepper und betreiben<br />

Aerobics. Körperkult mag bei den einen Frauen die treibende Kraft sein, bei<br />

den anderen Gesundheitsprävention und aktive Erholung. Sport ist auch ein Mittel,<br />

um sich dem gängigen Schönheitsideal «schön, straff, schlank» anzunähern, welches<br />

uns von der Sportbekleidungsindustrie <strong>vor</strong>gegeben wird. Einen Abend im Fitnesscenter<br />

zu verbringen ist daher für viele Frauen ein willkommenes Freizeitvergnügen:<br />

Sie stärken ihre Muskeln, verbrauchen Kalorien und müssen sich mit niemandem<br />

unterhalten. Auch werden sie im Fitnesscenter weniger von Männern angemacht als<br />

etwa in einer Bar. Alles paletti also? Kaum, denn diese Individualisierungstendenzen<br />

verschleiern patriarchale Zuweisungen und neue einengende Werte. Während<br />

viele Frauen alleine auf dem Ergometer sitzen, einem modernen Hometrainer, der<br />

in allen Fitnessstudios steht, kämpfen die Männer beim Ballsport gemeinsam um Tore<br />

und Punkte. Die in Zürich lebenden Aktivsportlerinnen turnen am liebsten oder<br />

machen Gymnastik, trotzdem sind sie weniger in Vereinen engagiert als die Männer.<br />

Vereinsmitgliedschaften sind ohnehin nicht so beliebt bei Frauen. Nur 38 Prozent<br />

der Mitglieder eines Sportvereins sind Frauen. Männer sind also ausgesprochene<br />

Vereinsmeier. Nach dem Training treffen sie sich auf ein Bier und knüpfen Kontakte,<br />

die ihnen im Alltag nützlich sind. Das machen die Frauen im Fitnesscenter nach dem<br />

Aerobic-Training auch, nur ist dieses Training und die Mitgliedschaft im Center weniger<br />

verbindlich als das Training eines (Männer-)Sportclubs. Dass Männer nur um<br />

Tore kämpfen und Frauen gegen die Orangenhaut, gilt jedoch nicht (mehr). Häufig<br />

erliegen auch Männer dem Körperkult und trimmen sich straff, Frauen vergnügen<br />

sich hingegen beim Fussball. Erfreulich ist, dass Frauen so viel Sport treiben, welche<br />

Sportarten und ob in einem Verein organisiert oder nicht, ist sekundär. Die vielen<br />

schwitzenden Frauen tragen letztlich dazu bei, das Bild der sporttreibenden Frauen<br />

in der Gesellschaft zu verändern. Bleibt zu hoffen, dass an der nächsten Olympiade<br />

in Peking die Beachvolleyballerinnen auch Rollkragenpullis tragen dürfen.<br />

105<br />

Olympe 21/05

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!