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Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

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Entscheidung und Gestaltung steht die Orientierung am sportlichen Erfolg, an der<br />

Beliebtheit von einzelnen Sportarten (insbesondere Fussball) 10 und an der Persönlichkeit<br />

von Sportlern und <strong>Sportlerinnen</strong>. Dies sind Faktoren, die – aus Sicht<br />

der Journalisten und Journalistinnen – unabhängig vom Geschlecht der sportlich<br />

Aktiven den journalistischen Nachrichtenprozess bestimmen. Deutlich wird aber<br />

auch, dass sie andere oder zumindest zusätzliche Regeln und Massstäbe ansetzen,<br />

wenn es um die Auswahl und die Gestaltung von Berichten über <strong>Sportlerinnen</strong><br />

geht.<br />

«frauensport» – eine andere form des Sports<br />

Eine dieser zusätzlichen Regeln bezieht sich auf die Einschätzung der sportlichen<br />

Wettkämpfe von Frauen, die nämlich im Vergleich zu den Wettkämpfen von<br />

Das männliche publikum als relevante Marktgrösse<br />

Männern anders wahrgenommen und bewertet werden. Diese Einschätzung, die<br />

Die Orientierung an den Interessen der LeserInnen und ZuschauerInnen ist die<br />

in vielen Sportredaktionen als Standard etabliert ist, orientiert sich an alther-<br />

handlungsleitende Maxime der journalistischen Arbeit. Da das Publikum der Sportgebrachten<br />

Differenz<strong>vor</strong>stellungen über das Geschlechterverhältnis: Sport ist<br />

medien zu einem überwiegenden Teil aus Männern besteht, bemühen sich die Me-<br />

«Männersport», und «Frauensport» ist etwas ganz anderes. Um es mit den Worten<br />

dienmacherInnen, ein Angebot zu gestalten, das Männern gefallen könnte. Dazu<br />

eines Sportjournalisten zu sagen: «Wenn ich sehe, dass im Basketball Frauen zum<br />

gehören Berichte über Sportarten mit männlichen Hauptakteuren und der Mög-<br />

Teil Mühe haben, den Ball bis zum Korb zu werfen, oder beim Fussball ich Situlichkeit<br />

des kämpferischen und gefährlichen Körpereinsatzes (Fussball, Boxen,<br />

92 ationen sehe, der Ball geht ins Tor, und ich wüsste, jeder Kreisklassentorwart hätte<br />

Motorsport), aber auch Berichte über <strong>Sportlerinnen</strong>, die erotisierende Elemente 93<br />

den gehalten, ... dann merkt man eben, dass das 'ne andere Form des Sportes ist.»<br />

enthalten.<br />

Frauen als Publikum der Sportmedien zu gewinnen hat keine Priorität und ist<br />

insbesondere bei kommerziellen Fernsehsendern aus marktwirtschaftlichen<br />

Gründen nicht <strong>vor</strong>gesehen. Sportsendungen konzentrieren sich auf die männliche<br />

Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, und je homogener ihr Publikum ist,<br />

desto attraktiver sind die Werbezeiten für die Wirtschaft. Eine Erweiterung der<br />

Zielgruppe um Frauen oder andere Altersgruppen wird als disfunktional betrachtet.<br />

«Die optik muss stimmen»<br />

Des Weiteren bestätigen die Journalisten und Journalistinnen unsere Befunde<br />

aus den Inhaltsanalysen, dass <strong>Sportlerinnen</strong> in den Medien als Leistungsträgerinnen<br />

und als Frauen erscheinen. Allein den sportlichen Erfolg von Frauen<br />

darzustellen reicht nicht aus. Wenn dazu aber eine erotische Komponente in<br />

den Bericht und die Bilder integriert werden kann, wird die Sportlerin zum<br />

«Eyecatcher» und damit zu einer erwähnenswerten Information.<br />

«Wir zeigen andere Bilder von Frauen, das ist klar, ... Wenn die sekundären<br />

Geschlechtsmerkmale sehr deutlich zu sehen sind, oder abgebildet sind, oder<br />

eingesetzt werden, auch auf 'nem Foto, dann ist das ein Kriterium bei der Auswahl<br />

...»<br />

Die Beteiligten in den Sportredaktionen unterscheiden sich allerdings im Grad<br />

der Billigung dieser Präsentationsregeln. Für einige Journalisten ist die Darstellung<br />

weiblicher Erotik eine journalistische Normalität, <strong>vor</strong> allem mit Blick<br />

auf die Gesetzmässigkeiten des Boulevardjournalismus. Andere Journalisten<br />

und Journalistinnen hingegen wünschen sich, dieses Frauenbild zu verändern,<br />

erhalten aber in ihrer Redaktion nicht immer die Chance, sich gegen die sogenannten<br />

«Sex sells»-Argumente der Kollegen zu wehren. 11<br />

Olympe 21/05<br />

4. Soziale Konstruktion von Geschlecht in den Sportmedien<br />

Das Bild des Sports in den Medien ist in erster Linie ein Männerbild, das von Männern<br />

für Männer gemacht wird. Frauen kommen im alltäglichen Mediensport nur<br />

am Rande <strong>vor</strong> und sind auch als Journalistinnen und Rezipientinnen nur in geringem<br />

Masse an der massenmedialen Kommunikation von Sport beteiligt. Wenn über<br />

<strong>Sportlerinnen</strong> berichtet wird, geht es neben ihren sportlichen Erfolgen ergänzend<br />

oft um ihr persönliches Umfeld oder in der visuellen Darstellung um ihre weibliche<br />

oder auch erotische Ausstrahlung.<br />

Die Sportberichterstattung lässt sich mit diesen Befunden als ein nicht unwesentlicher<br />

Bestandteil der (Re-)Produktion traditioneller Geschlechterstereotype und<br />

somit als ein Aktivposten in der sozialen Konstruktion von Geschlecht einordnen.

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