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Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

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Gebrauchswert respektive der Unterschied zwischen Nike-, Reebok- oder<br />

Addidas-Schuhen nur für Kenner zu eruieren. Deshalb müssen Sportartikel<br />

so gefertigt und geformt werden, dass sie sich per Exklusivität verkaufen und<br />

wiedererkennen lassen. Dazu braucht es ein aufwendiges Design und aufwendiges<br />

Inszenierungspotenzial, sprich Marketing. Die Ware wird dann zum Fetisch,<br />

wenn sie von einem prominenten Sportler, Modeschöpfer, Model, einer<br />

Schauspielerin, einemTalkmaster etc. getragen und <strong>vor</strong>geführt wird. So bestehen<br />

auch auf dem Sportmarkt nur noch Dinge und Personen, die sich verkaufen<br />

und inszenieren lassen. Einziges Kriterium der Form und des Erfolges ist<br />

es deshalb, aus der Masse der Namenlosen herauszustechen. Dazu braucht es<br />

keine Kraft der Argumente, sondern höchstens noch die Stärke der Bilder, des<br />

Wiedererkennungseffekts, des Images. So sind heutzutage die Athletinnen nur<br />

dann auch ökonomisch erfolgreich, wenn sie sich als Models mit viel nackter<br />

und junger Haut via Sportartikelmarketing «verkaufen» lassen. Dabei reproduzieren<br />

sich die ärgsten Körperklischees und Geschlechter-Stereotypen. 17<br />

«it’s the numbers – stupid...» – Quantität hat eine Auswirkung auf Qualität<br />

Dies mag nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass die publikumserfolgrei-<br />

12 chen Sportmedien kaum Journalistinnen beschäftigen. So waren auch in Athen<br />

13<br />

2005 lediglich 16.6% weibliche Reporter akkreditiert. Und die 16.6% kamen<br />

nur dank den emanzipierten nordischen Ländern und Kanada zusammen.<br />

Athen zeigte dennoch statistisch Erstaunliches: Zum ersten Mal erreichten die<br />

Athletinnen mit 40.6% einen Partizipationsrekord. Somit hatte sich der Anteil<br />

an <strong>Sportlerinnen</strong> seit 1964 in Tokio verdreifacht, seit Montreal 1976 verdoppelt<br />

und lag weit über Atlanta 1996 (34.2%) und Sydney (38.2%) 2000. 18<br />

Die Unterrepräsentation von Mädchen auf der untersten Stufe der Sporthierarchie<br />

ist auch in den westlichen Staaten strukturell. In der EU sind 63% der<br />

jungen Männer (bis 20 Jahre), aber nur 37% der jungen Frauen (bis 20 Jahre)<br />

in den Sportverbänden aktiv. Nationale Unterschiede sprechen Bände: In<br />

Schweden treiben laut einer Studie vom Europarat 70% aller Frauen regelmässig<br />

Sport, während dies in Italien lediglich 15% tun. 19 Die Europäische Kommission<br />

stellt immer wieder fest, dass es eine systematische Nichtförderung<br />

sogenannt «weiblicher» Sportarten gibt und dass versucht wird, zu verhindern,<br />

dass Frauen in die Position von Sportfunktionären gelangen. In den äusserst<br />

lukrativen sportlichen Männerbereichen wie Fussball, Hockey, Ringen und<br />

Boxen werden Frauen selten und nur gegen starke Widerstände zugelassen.<br />

Diese klassischen, sozialisations- und «kultur»bedingten Ausgrenzungsstrategien<br />

korrespondieren mit der üblicherweise auch EU-weiten staatlichen und<br />

ökonomischen Privilegierung diverser Fussball-, Eishockey- und Leichtathle-<br />

Olympe 21/05<br />

tikorganisationen, die typische Bubensportarten anbieten. Die grossen Sportvereine<br />

und die meisten Fussballklubs sind in Männer-Aktiven-Hand. Aus diesen<br />

Posten generieren sich dann erfolgreiche Karrieren in Wirtschaft, Politik<br />

und Gesellschaft. 20<br />

ioc und fifa als Stripteasefetischisten<br />

Die Sportvereine sind also auf jeder Stufe und in fast jedem Land Männersache.<br />

Diese Männerdominanz führt bezüglich Geschlechterpolitik zu skandalösen<br />

politischen «Sport»-Entscheiden. So hat das IOC den Beachvolleyballerinnen<br />

verboten, mehr als 4 cm breite Seitenränder am knappen Bikini zu tragen.<br />

Argumentiert wurde mit höheren Einschaltquoten und teureren Fernsehrechten.<br />

Den protestierenden Athletinnen wurde mit Ausschluss gedroht. Der Fifa-<br />

Präsident Sepp Blatter darf ohne politische Konsequenzen den Akteurinnen<br />

im Frauenfussball «empfehlen», knappe Höschen zu tragen, damit die Wirtschaftlichkeit<br />

und die Attraktivität von Frauenfussball steigen. Zynikerinnen<br />

unter uns warten nur noch auf den Tag, an welchem das IOC plötzlich beschliesst,<br />

zwecks Erhöhung der Einschaltquoten Hochspringerinnen in Strapse<br />

zu stecken und Gewichtheberinnen in Korsetts zu pressen. Der Protest würde<br />

angesichts der Millionenfernsehrechte und der lockenden Werbeeinnahmen<br />

wohl nicht allzu laut ausfallen. Schliesslich posieren schon heute erfolgreiche<br />

Frauen aller Sparten als Kleiderständer und/oder Nacktmodelle. 21 Offenbar<br />

eine der wenigen Körpermetaphern, die in der westlichen Mediengesellschaft<br />

für Frauen noch möglich ist.<br />

Die Penetrationskraft männlicher Medienmacht kennt in der globalisierten,<br />

von der US-amerikanischen Popkultur durchdrungenen Bilder- und Fleischin-

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