Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?
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SpoRT – MEdIEN: (uN)SICHTbARE SpoRTLERINNEN<br />
Die attraktive Sportlerin<br />
Frauenbilder in der Sportberichterstattung<br />
Ilse Hartmann-Tews und Bettina Rulofs<br />
Olympe 21/05<br />
überwiegende Mehrheit der Texte und Fotos (nämlich 88%) mit Sportlern befasst. 3<br />
Ähnlich verhält es sich in den anderen tagesaktuellen Medien: In Fernsehen, Radio,<br />
Zeitungen oder Agenturmeldungen ist der Anteil der Berichterstattung über <strong>Sportlerinnen</strong><br />
nicht höher als 15%. 4<br />
Lediglich punktuell, nämlich bei einzelnen herausragenden Sportereignissen wie<br />
Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften, wird mehr über Frauen berichtet,<br />
allerdings auch hier nicht angemessen in Relation zu ihrer tatsächlichen Beteiligung<br />
am sportlichen Geschehen und ihren Erfolgen. 5<br />
In der täglichen Berichterstattung treten <strong>Sportlerinnen</strong> somit nur selten in Erscheinung.<br />
Ein Fakt, der in krassem Widerspruch zum Umfang der tatsächlichen Partizipation<br />
von Frauen am Freizeit-, Wettkampf- und Leistungssport steht und in keiner<br />
Weise ihre Erfolge im internationalen Raum widerspiegelt.<br />
Der Sport findet heute längst nicht mehr nur in der Turnhalle, auf dem Fitnessparcours<br />
oder im Stadion statt, sondern er wird immer mehr zu einem medialen Spektakel,<br />
das in den Zeitungen und im Fernsehen inszeniert wird. Was zählt, ist also nicht<br />
88 mehr nur die Leistung auf dem Platz, sondern auch die mediale Darstellung, die<br />
89<br />
Präsentationsleistungen1 , die vielfach Anstoss für Sponsoren- und Werbeverträge<br />
geben. Die generelle Frage, die wir im <strong>vor</strong>liegenden Text verfolgen, ist: Wie sieht<br />
die Medienrealität des Sports aus? Konkret wollen wir in diesem Beitrag auf zwei<br />
Facetten eingehen. Zum einen auf die Frage, welche Rolle <strong>Sportlerinnen</strong> als Inhalt<br />
der Medienberichterstattung spielen, und zum anderen, wie Sportredaktionen ihre<br />
Nachrichten und Bilder auswählen und das produzieren, was wir täglich zu sehen,<br />
zu hören und zu lesen bekommen.<br />
1. Sport ist männlich<br />
Zentrale Referenz für Aussagen über die mediale Konstruktion des Sports von<br />
Frauen waren in Deutschland lange Zeit eine Untersuchung aus den späten 1970er<br />
Jahren und der Befund, dass sich nur 6% der gesamten Sportberichterstattung in<br />
Tageszeitungen mit <strong>Sportlerinnen</strong> befassen (vgl. Klein 1986, 114). Gut zwanzig Jahre<br />
später ist ein anderes Bild zu erwarten, da gerade im Hochleistungssport – dem zentralen<br />
Schwerpunkt der Sportberichterstattung – <strong>Sportlerinnen</strong> nahezu alle Felder<br />
erobert haben. 2<br />
2. Schöne leistungsträgerinnen und dynamisch-aktive Sportler<br />
Leisten, kämpfen, siegen – diese zentralen Merkmale sportlicher Aktivität bestimmen<br />
die Berichterstattung über den Sport. Verschiedene Studien sind der Frage<br />
nachgegangen, ob <strong>Sportlerinnen</strong> und Sportler gleichermassen unter Rekurs auf<br />
diese zentralen Merkmale sportlichen Handelns beschrieben werden oder ob für<br />
ihre Darstellung stereotype Bilder von Weiblichkeit und Männlichkeit genutzt<br />
werden.<br />
inszenierung von sportlicher leistung …<br />
Mit Blick auf die Sportberichte in Tageszeitungen und Fernsehen ist festzuhalten,<br />
dass die sportliche Leistung sowohl bei Frauen wie bei Männern gleichermassen<br />
zum zentralen Inhalt der Texte und Kommentare gemacht wird. Das heisst, sofern<br />
Frauen in den Sportmedien thematisiert werden, enthalten die Berichte auch<br />
schwerpunktmässig Informationen über ihre sportlichen Errungenschaften, seien es<br />
die bisherigen Erfolge oder auch die aktuellen.<br />
Die Befunde unserer Untersuchungen überraschen angesichts dieser Vermutung.<br />
Die inhaltsanalytische Auswertung der Tagespresse über den Jahreszeitraum 1999<br />
bis 2000, in dem 1'703 Artikel und 632 Fotos eingingen, ist eindeutig: Nur 12% der<br />
Gesamtzahl der Artikel und der Fotos stellen <strong>Sportlerinnen</strong> dar, während sich die<br />
6 Aufschlussreiche signifikante Unterschiede<br />
zeigen sich bei den inhaltlichen Facetten der Berichterstattung lediglich<br />
in Bezug auf zwei Aspekte. Zum einen werden Informationen ohne direkten Sportbezug,<br />
z.B. zum persönlichen Umfeld, deutlich häufiger in Artikeln über <strong>Sportlerinnen</strong><br />
präsentiert als in solchen über Sportler (29% im Vergleich zu 20%). Zum<br />
anderen werden umgekehrt Informationen zur ökonomischen Seite des Sports, Fragen<br />
der Vermarktung, des Einkommens, der Kommerzialisierung deutlich häufiger<br />
in Artikeln über Sportler präsentiert (21% vs. 12%).<br />
Wenn die Sportmedien über <strong>Sportlerinnen</strong> berichten, präsentieren sie somit ein<br />
Frauenbild, das in erster Linie die Leistungsträgerin in den Mittelpunkt stellt und<br />
nachrangig hierzu in zweiter Linie der traditionellen Zuordnung von Frauen zu sozialen<br />
und Männern zu ökonomischen Aspekten folgt.