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Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

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Diskutiert wurden Methoden und Instrumente der wissenschaftlichen Forschung.<br />

Auf Interesse stiessen dabei unter anderem die neuen Ansätze in der Biographieforschung<br />

oder das natur- und sozialwissenschaftliche Wissen als ergänzende Faktoren<br />

zur Beschreibung der Geschlechterverhältnisse.<br />

Das Hauptreferat «Gender in Motion» wurde von Nancy Fraser gehalten, eine Retrospektive<br />

der US-amerikanischen und der europäischen Feminismen der Zeit seit<br />

dem Zweiten Weltkrieg. Die erste Phase, das goldene Zeitalter, dauerte bis in die<br />

1980er Jahre, die zweite fiel mit 1989 und dessen Folgen zusammen, das heisst, mit<br />

den Anfängen des Neoliberalismus und der Globalisierung. Er beschäftigte sich<br />

aber mehr mit Fragen der kulturellen Differenz statt mit Politik und Wirtschaft.<br />

Daran anschliessend analysierte Fraser die Rahmenbedingungen des Feminismus<br />

der jetzt beginnenden dritten Phase, der eine adäquate Antwort auf den Aufstieg<br />

des Neoliberalismus und der Globalisierung sein sollte. In dieser neuen Phase des<br />

Feminismus spielt die Politik eine wesentliche Rolle. Die Fragen der Repräsentation,<br />

der Umverteilung und der Anerkennung bilden die drei zentralen Felder<br />

der Geschlechtergerechtigkeit, nach Fraser der «dreidimensionalen Gerechtigkeit».<br />

Der transnationale Feminismus ist der neue Feminismus, der die Geschlechterungerechtigkeit<br />

bekämpfen muss. Welche Rollen die Feminismen in den Ländern, die<br />

132 weder zu den USA noch zur EU gehören, übernehmen werden oder welche ihnen<br />

welschen Sportzeitung verlieren sich jedoch die Spuren der «Sportives».<br />

133<br />

zugeschrieben werden, ist noch eine offene Frage.<br />

Trotz den Diskussionen über eine gerechte Güterverteilung zwischen den Geschlechtern,<br />

die Anerkennung von Ressourcen und Fähigkeiten der Frauen, die<br />

Selbstrepräsentation und die Vorträge über transnationalen Feminismus wurde<br />

paradoxerweise an der Tagung selbst die Arbeitsteilung zwischen Frauen mit und<br />

ohne Migrationserfahrung reproduziert: Asiatinnen haben für die Teilnehmenden<br />

gekocht, Afrikanerinnen haben die WCs geputzt, und Latinas haben Musik gespielt<br />

und gesungen.<br />

Beim Podium über die neuen «Perspektiven in Gender Studies» wurden die Fragen<br />

der Konstruktion der Geschlechterverhältnisse diskutiert. Wann, wo und warum<br />

diese Konstruktionsprozesse stattfinden, diese Fragen nahmen dabei viel Raum ein.<br />

Für die interdisziplinäre Forschungsarbeit in der akademischen Welt sind dies noch<br />

offene Fragen; es sind aber auch zentrale Fragestellungen für die Feministinnen in<br />

der realen Welt, das heisst, in der alltäglichen Auseinandersetzung mit den Realitäten<br />

und Repräsentationen von Geschlecht und Herkunft.<br />

Jael Bueno<br />

Olympe 21/05<br />

bÜCHER ZuM THEMA<br />

Marianne Meier: «Zarte füsschen am harten leder …»<br />

Frauenfussball in der Schweiz 1970 – 1999. Huber Verlag, Frauenfeld 2004.<br />

Immer mehr Frauen dringen in eine der letzten und bestgehüteten Männerbastionen<br />

ein: den Fussball. Obwohl derzeit mehr als 11'000 Mädchen und Frauen – Tendenz<br />

steigend – Fussball spielen, ist die Medienresonanz gering und das Wissen spärlich.<br />

Marianne Meier gibt in ihrer lesenswerten Studie einen profunden Einblick in die<br />

noch junge Geschichte des Frauenfussballs in der Schweiz. Für ihre Lizenziatsarbeit<br />

in Zeitgeschichte an der Universität Fribourg wurde sie mit dem Preis für Frauen-<br />

und Genderforschung ausgezeichnet.<br />

Die Geschichte beginnt in den 1920er Jahren. Erste Hinweise auf Fussball spielende<br />

Frauen liefert die Sportzeitung «Le Sport Suisse» 1923. Die Kickerinnen gehörten<br />

der Genfer Oberschicht an und verfügten deshalb über genügend Zeit und<br />

Geld, um ihrem ungewöhnlichen Hobby nachzugehen. Gründerin der Gruppierung<br />

«Les Sportives» war die junge Florida Pianzola, Tochter eines wohlhabenden<br />

Geschäftsmannes. Dank ihrer privilegierten Herkunft verfügten die Fussballspielerinnen<br />

über ein eigenes Trainingsterrain. Nach einer ersten Ankündigung in der<br />

Erst vierzig Jahre später sind wieder Artikel über Fussballerinnen in der Schweizer<br />

Presse zu finden. Monika und Silvia Stahel gründeten die erste Frauenfussball-Equipe,<br />

die sie in Anlehnung an zwei bewunderte französische Skirennfahrerinnen «FC<br />

Goitschel» nannten. Sie waren auch die ersten Schiedsrichterinnen der Schweiz.<br />

Obwohl es für den Schweizerischen Fussballverband SFV Mitte der 1960er Jahre<br />

undenkbar war, Fussball spielende Mädchen in seine Reihen aufzunehmen – die<br />

Ausnahmespielerin Madeleine Boll wurde versehentlich aufgenommen und gleich<br />

wieder ausgeschlossen –, erhielten sie die Möglichkeit, sich zu Schiedsrichterinnen<br />

auszubilden. Grund dafür war weniger die wohlwollende Unterstützung als vielmehr<br />

der grosse Schiedsrichtermangel.<br />

Eine Zäsur in der Geschichte des Schweizer Frauenfussballs macht Marianne Meier<br />

mit dessen Integration in den Schweizerischen Fussballverband 1993 aus. Dazu kam<br />

es wiederum mehr aus Gründen des Nutzens und der Kontrolle denn aus Sympathie<br />

den Fussballerinnen gegenüber. Dem europäischen Fussballverband UEFA war<br />

in den 1970er Jahren der Aufschwung des Frauenfussballs aufgefallen. Um diese<br />

kleine Revolution im Zaum zu halten und die Selbständigkeit und internationale<br />

Vernetzung der Spielerinnen zu verhindern, plädierte er für dessen Einbindung in<br />

die nationalen Verbände.<br />

In den 1990er Jahren setzte im Frauenfussball ein eigentlicher Boom ein. Das stetig<br />

wachsende Interesse der Öffentlichkeit fand seinen Höhepunkt 1999 während

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