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Sportlerinnen. Spitzenleistungen vor leeren Rängen?

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Stefan Banz’ «The Muhammad Ali’s», 1999/2000 (Abb. 4–7). Für die letztgenannte<br />

Arbeit bat der Künstler Unbekannte, Freunde oder Künstlerkollegen darum,<br />

sich in die Person Muhammad Alis hineinzuversetzen und eine entsprechende<br />

Pose einzunehmen.<br />

Banz, der sich zu seiner früh gewachsenen Begeisterung für das grosse Boxidol<br />

bekennt, nimmt einen Sportler zum Ausgangspunkt seiner Arbeit, der weltweit in<br />

sämtlichen Gesellschafts- und Altersschichten so bekannt sein dürfte wie kaum ein<br />

anderer. Der Schweizer Künstler entwickelt aber viel mehr als nur eine Arbeit über<br />

die Rezeption eines Sportidols. Er zeigt ein sehr sensibles Gespür für die Fotografierten,<br />

sie stehen im eigentlichen Zentrum der einhundertteiligen Serie. Banz<br />

lichtete weibliche und männliche Gegenüber jeden Alters ab und erreicht damit ein<br />

sehr breites Spektrum der selbstdarstellerischen Möglichkeiten von angriffslustigen,<br />

drohenden über defensive oder zurückhaltende Typen bis hin zu bereits Geschlagenen.<br />

Eine jede Aufnahme gibt damit nicht nur Auskunft über das Bild des Einzelnen<br />

von Muhammad Ali, sondern auch über die Charaktere und Lebenshaltungen<br />

der Porträtierten selbst.<br />

Der Japaner Daisuke Nakayama entzieht dem Boxsport alles, was ausser den Ath-<br />

Abb. 4<br />

leten wie selbstverständlich dazugehört: die Arena, den Schiedsrichter, die Halle,<br />

Abb. 5<br />

32 die Zuschauermenge. Auf einer weissen Fläche sind die Boxer selbst nur noch schemenhaft<br />

zu sehen. Dadurch geht genau das verloren, was den Sport ausmacht: die<br />

Körperlichkeit der Kämpfer, ihr Schweiss, das Blut, das Aufeinandertreffen fleischlicher<br />

Massen, die Atmosphäre des Rings. Von «Full Contact» also keine Spur, statt<br />

dessen «White Distance». Der Titel dieser Serie deutet es an, mit diesem Verfahren<br />

wird der Boxsport seinem emotionsgetränkten Umfeld enthoben und in eine Sphäre<br />

der Reinheit und beinahe schon der Vergeistigung gesetzt, etwas, was diesem Sport<br />

jedoch kaum gerecht wird. Ganz anders die Arbeiten zweier Künstlerinnen: Die<br />

Deutsche Tamara Grcic lässt den Betrachter in ihrer dreiteiligen Videoinstallation<br />

33<br />

«Boxer», 1998, auf die nackten Rücken dreier Kämpfer blicken. Durch die Überlebensgrösse<br />

der projizierten Leiber, durch das Stöhnen und die hörbaren Schläge der<br />

Männer sowie die Schweissperlen auf ihren Rücken spricht die Arbeit den Betrachter<br />

sehr direkt an, nur schwer ist es möglich, sich dieser Intensität zu entziehen. Hier<br />

wird der Boxsport in seiner physischen Dimension den Möglichkeiten des Mediums<br />

entsprechend greifbar, was beim Betrachter nicht unbedingt nur angenehme Emotionen<br />

evoziert.<br />

Ähnlich intensiv wirkt der Film «Boxing», 1998, der Norwegerin Vibeke Tandberg.<br />

Die Künstlerin tritt hierin gegen sich selber an, und obwohl sich beim Betrachter die<br />

Gewissheit herauskristallisiert, dass es sich um montierte Bilder handelt, ist es dennoch<br />

ein beklemmendes Gefühl, die Fausthiebe der Protagonistin gegen ihr Alter<br />

Abb. 6<br />

Ego gerichtet zu sehen. Hier geht es um weit mehr als einen Boxkampf, hier geht es<br />

Abb. 7<br />

Olympe 21/05

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