Gewalt in der Familie und im nahen sozialen Umfeld
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Österreichische Prävalenzstudie zur <strong>Gewalt</strong> an Frauen <strong>und</strong> Männern2.2 Die <strong>Gewalt</strong>formen <strong>im</strong> ÜberblickDie Prävalenz <strong>der</strong> erfahrenen <strong>Gewalt</strong>handlungen bildet sich aus den Angaben von repräsentativbefragten Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>im</strong> Alter zwischen sechzehn <strong>und</strong> sechzig Jahren <strong>in</strong>Österreich (n = 2 334). Gr<strong>und</strong>sätzlich muss bei den Angaben <strong>der</strong> Prävalenz beachtet werden,dass zur Bildung dieser Zahlen unterschiedliche Situationen abgefragt wurden. DieseSituationen reichen von eher weicheren Formen wie z. B. „wie<strong>der</strong>holt beleidigt worden zuse<strong>in</strong>” über „bedroht werden”, „gebissen o<strong>der</strong> gekratzt” werden bis h<strong>in</strong> zu schwereren Formen<strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong> wie z. B. „Psychoterror” o<strong>der</strong> „verprügelt werden”. Die <strong>in</strong> dieser Studie präsentiertenPrävalenzzahlen bilden somit die Summe aller erlebten Übergriffe bzw. <strong>Gewalt</strong>handlungen,von ihrer schwächsten bis zu ihrer stärksten Form. Alle angegebenen Zahlen<strong>in</strong> diesem Kapitel beziehen sich auf die Gesamtheit <strong>der</strong> befragten Frauen <strong>und</strong> Männer.Wie bereits erwähnt handelt es sich bei <strong>der</strong> Prävalenz um Werte, die aus e<strong>in</strong>er Reihe vonunterschiedlichen Fragen (u. a. zu E<strong>in</strong>zelhandlungen) gebildet worden s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die ohnedetaillierte <strong>und</strong> vertiefende Darstellungen nichts über die unterschiedliche Qualität <strong>und</strong> dieSchweregrade <strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong>erfahrung aussagen. Sie beziehen sich zunächst auf sämtlicheerhobenen Täter-Opfer-Kontexte; an an<strong>der</strong>er Stelle wird sich jedoch auch noch zeigen,dass Frauen <strong>und</strong> Männer <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> recht unterschiedlichen Lebensbereichen erlebt haben.Deshalb ist noch e<strong>in</strong>mal auf die Bildung <strong>der</strong> Prävalenzzahlen zu verweisen: E<strong>in</strong>erseits wurdenAngaben zu <strong>Gewalt</strong>erfahrungen über sog. E<strong>in</strong>stiegsfragen erhoben, an<strong>der</strong>erseits überkonkret erlebte Handlungen. Bei beiden Zugängen wurde mitunter auch e<strong>in</strong>e weite Def<strong>in</strong>ition<strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Form vorgenommen.Die für Österreich erstmals erhobenen Daten zeigen je nach <strong>Gewalt</strong>form <strong>und</strong> Geschlecht<strong>der</strong> befragten Personen e<strong>in</strong>e unterschiedliche Prävalenz. Beson<strong>der</strong>s hervorzuheben ist andieser Stelle noch e<strong>in</strong>mal die Möglichkeit des Geschlechtervergleichs von <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> unterschiedlichenLebensbereichen, die e<strong>in</strong> Novum auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> europäischen <strong>Gewalt</strong>forschungdarstellt. 9Gr<strong>und</strong>sätzlich konnte festgestellt werden, dass die meisten Österreicher/<strong>in</strong>nen Erfahrungenmit Übergriffen <strong>in</strong> zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>er <strong>Gewalt</strong>form, von ihrer schwächsten bis zu ihrer stärkstenAusprägung, gemacht haben. Die häufigsten Übergriffe s<strong>in</strong>d psychischer Natur: Achtvon zehn Männern (78,4 %) <strong>und</strong> nahezu neun von zehn Frauen (85,6 %) berichten überzum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e Erfahrung mit psychischen Übergriffen <strong>in</strong> ihrem Leben, seit sie 16 Jahre alts<strong>in</strong>d. Konkret abgefragt wurden Situationen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spektrum von „wurde wie<strong>der</strong>holtbeleidigt, e<strong>in</strong>geschüchtert o<strong>der</strong> aggressiv angeschrien” bis „wurde f<strong>in</strong>anziell kontrolliert”,„erpresst” o<strong>der</strong> „psychisch terrorisiert” liegen. E<strong>in</strong> kurzer Blick <strong>in</strong> die Detailauswertungzur psychischen <strong>Gewalt</strong> zeigt, dass die beiden Antwortmöglichkeiten „wurde wie<strong>der</strong>holtbeleidigt, e<strong>in</strong>geschüchtert o<strong>der</strong> aggressiv angeschrien” <strong>und</strong> „wurde auf verletzende Art<strong>und</strong> Weise lächerlich gemacht, gehänselt, abgewertet o<strong>der</strong> gedemütigt” von je <strong>in</strong> etwa50 % <strong>der</strong> betroffenen Frauen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> psychischen Übergriffe genannt wurden. BeiMännern wurde die Antwort „wurde wie<strong>der</strong>holt beleidigt, e<strong>in</strong>geschüchtert o<strong>der</strong> aggressivangeschrien” am häufigsten (43,6 %) genannt. Körperliche Übergriffe stehen an zweiter9 Die British Cr<strong>im</strong>e Survey Prävalenzstudie (vgl. Walby 2004) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e soeben fertiggestellte f<strong>in</strong>nische Studie(Heiskanen et al. 2011) fokussieren stärker auf die häusliche <strong>Gewalt</strong>.58