Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
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ist jetzt so allgemein, daß manche Leute sich kaum ein Land o<strong>der</strong><br />
eine Nation ohne Farben vorstellen können, ja daß man, wie es<br />
odm bei Gelegenheit von England erwähnt ist, im Auslande<br />
Nationalfarben für Nationen erfindet, welche noch gar keine<br />
haben, nicht unähnlich jener mittelalterlichen Manie, welche<br />
jedem Menschen gewaltsam ein Wappen zulegte, und dabei<br />
we<strong>der</strong> den König Ahasverus, Hiob, Iosua o<strong>der</strong> Judas Maccabäus,<br />
noch den „König Hector von Troja", o<strong>der</strong> die heiligen drei<br />
Könige ausschloß*), ja selbst unsern Heiland nicht ohne Wappen<br />
ließ. Die Deutschen haben sich von Anfang an in dem Cultus<br />
<strong>der</strong> Nationalfarben am meisten ausgezeichnet. Fast jede größere<br />
Stadt hat jetzt ihre Farben: bei diesen ist aber abweichend von<br />
<strong>der</strong> bei Nationalfarben üblichen Praxis, in <strong>der</strong> Regel auf die<br />
Farben des Stadtwappens zurückgegriffen werden. Stettin z. B.<br />
gebraucht Roth-Blau, Braunschweig Roth-Weiß, Hildesheim<br />
Roth-Gelb, Berlin hat bei Gelegenheit <strong>der</strong> Krönung im Jahre<br />
l66l ofsiciell Schwarz-Weiß-Roth als Stadtfarben angenommen,<br />
überall dem Stadtwappen entsprechend. Sogar Vereine und<br />
Gesellschaften, Sckützenvereine, Gesangvereine u. haben ihre<br />
Farben, und sehr bekannt sind bereits die Turnerfarben Roth-<br />
Weiß. Nicht zu unterschätzen ist <strong>der</strong> ganz bedeutende Einfluß,<br />
welchen die landsmannschaftlichen Verbindungen <strong>der</strong> deutschen<br />
Studenten, wenn auch nicht auf die specielle Wahl <strong>der</strong> National-<br />
farben , so doch überhaupt auf das ganze Farbenwesen ausgeübt<br />
haben. Als zu Anfang dieses Jahrhun<strong>der</strong>ts die früher bestande-<br />
nen studentischen ,,Orden": Constantisten, Amicisten :c. außer<br />
Gebrauch kamen und die Studenten zu Landsmannschaften<br />
zusammentraten, fühlten sie sofort das Bedürfniß nach farbigen<br />
Abzeichen. A<strong>der</strong> äußerst wenige wurden nach den Wappenfarben<br />
des detreffenden Heimathlandes gewählt; die Heraldik, auf dem<br />
Gipfcl ihrer Entartung, stand damals überhaupt nicht im besten<br />
Ansehen, und bei vielen Landsmannschaften, z. B. bei den Van-<br />
dalen, Marcomannen, Teutonen lc. war es auch unmöglich,<br />
') Vergl. : Das Concilimnbuch, geschehen zu Costencz. Augsburg,<br />
1483. Blatt X0VIH und 011.