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ECHO Tirol am Teller 2016

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Interview<br />

Der Alm<br />

Kräuterer<br />

Joseph – wie wird man eigentlich ein Almkräuterer?<br />

Joseph Heim: Ich bin einem traditionellen, sehr<br />

katholischen Elternhaus im Zillertal aufgewachsen,<br />

mein Vater war Mesner. Ich bin dann sozusagen<br />

in die Firma eingetreten, habe Theologie studiert<br />

und danach zehn Jahre lang als Religionslehrer<br />

unterrichtet. Nach meinem Austritt aus der Kirche<br />

bin ich natürlich gekündigt worden und plötzlich<br />

buchstäblich nackt dagestanden. Also hab‘ ich mir<br />

gedacht: Gehst halt einmal einen Sommer lang auf<br />

eine Alm.<br />

Haben Sie vorher schon Erfahrung als Almer gehabt?<br />

Heim: Nicht direkt. Mein Vater war zwanzig Jahre<br />

lang Almer, Knecht und Melker, da hab‘ ich als<br />

Kind natürlich einiges mitgekriegt <strong>am</strong> Zillergrund.<br />

Wie ich 1998 meinen ersten Job auf einer Alm<br />

bekommen hab‘, musste ich den Bauern vorher<br />

notgedrungen ein bisschen anlügen, was meine<br />

bisherigen Erfahrungen betroffen hat. Und dann<br />

bin ich auf die wildeste Alm überhaupt gekommen.<br />

Ich hab‘ so was von null Ahnung gehabt – und in<br />

meiner Verzweiflung den Vater angerufen. Zum<br />

ersten Mal in meinem Leben hab ich ihn wirklich<br />

gebraucht. Er ist dann für 14 Tage hergekommen<br />

und hat mir vieles gezeigt.<br />

Auch wie man mit den Tieren umgeht?<br />

Heim: Es war eine Alm für Galt-Viecher, die<br />

muss man nicht melken, das war also nicht so das<br />

Problem. Das Allerwichtigste für mich war, dass mir<br />

mein Vater die Meisterwurz gezeigt hat. Das hat<br />

eigentlich schlagartig mein Interesse für Kräuter<br />

geweckt. Die Meisterwurz ist die Königin unter den<br />

Kräutern, sie kann alles. Bei einem Selbstversuch<br />

wegen starker Magenschmerzen hab ich ein Stück<br />

von der Meisterwurz roh gegessen und schon nach<br />

Sekunden hat sich eine positive Wirkung eingestellt.<br />

Das ist schon sehr schön.<br />

Joseph Heim ist vielen Innsbruckern ein<br />

Begriff, denn in der Markthalle verkauft er seine<br />

Almkräuter. Im Interview erzählt Joseph wie er<br />

zum Almkräuterer geworden ist, wo er die<br />

Ursachen von Erkrankungen sieht und was<br />

Kräuter alles können.<br />

War ihr Vater so etwas wie ein Almkräuterer?<br />

Heim: Mehr der Opa. Der hat immer gesagt: Wenn<br />

dir oder einem Viech was fehlt, geh zum Bach,<br />

lass das Hack‘l daho<strong>am</strong>e und nimm dir von der<br />

Meisterwurz mit, was der Bach hergibt. Und dann<br />

k<strong>am</strong> die Sache mit der wunders<strong>am</strong>en Heilung der<br />

Holländerin und das hat mir meinen weiteren Weg<br />

aufgezeigt.<br />

Sie haben erfolgreich eine Frau behandelt?<br />

Heim: (lacht) Eine Holländerin ist eine Milchkuhrasse,<br />

die mir ein Bauer auf die Alm gebracht hat.<br />

Eines Tages ist die Kuh dann dagelegen und nicht<br />

mehr aufgestanden. Der Bauer hat gemeint, das<br />

wird ein Fall für die Versicherung, die Kuh wird<br />

sterben. Daraufhin hab ich Meisterwurz ges<strong>am</strong>melt,<br />

einen Sud daraus gemacht und der Kuh eingeflößt.<br />

In der Nacht ist sie mir dann mindestens<br />

Fotos: Friedle (2), Kröll (2)<br />

102 <strong>Tirol</strong> <strong>am</strong> <strong>Teller</strong> <strong>2016</strong>

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